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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Trutwein, Johann Trutwein, ist Altardiener an der Marienkirche und
     seit langem ein Spion der Hussiten. Um ihn herum arbeitet in Glatz schon seit geraumer Zeit eine Keimzelle für Spionage und
     Agenten.«
    »In diesem Moment ist also die ganze Gruppe bereits in Glatz, wenn ich das recht verstehe?« Der Inquisitor schob das Siegel
     weg, mit dem er bisher gespielt hatte. »Alle?«
    »Alle. Außer Horn, Bielau, Bisclavret und drei anderen. Die sind an St. Martin von Hausdorf fortgeritten. Unser Mann weiß
     nicht, wohin. Welche Befehle habt Ihr, Hochwürden? Was unternehmen wir?«
    Vor dem Fenster war der Lärm der Stadt zu hören, die Händlerinnen stritten sich auf dem Hühnermarkt. Der päpstliche Inquisitor
     schwieg und rieb sich die Nase.
    »Unser Mann dort«, fragte er schließlich, »wer ist das?« »Kaspar Dompnig. Der Rentmeister. Hier aus Breslau.«
    »Dompnig   ... Der ist nicht erpresst worden. Das wüsste ich, denn ich vergesse keine Erpessung   ... Aber bezahlt haben wir ihn auch nicht, wie mir scheint. Sollte das ein Idealist sein?«
    »Er ist ein Idealist.«
    »Dann hab ein Auge auf ihn, Łukas.«
    »Amen, Euer Hochwürden.«
    »Du hast gefragt, was wir tun.« Gregor Hejncze reckte und streckte sich gähnend. »Vorläufig nichts. Aber sobald der Überfall
     beginnt, wenn die Hussiten vor Glatz stehen und der Stadt Gefahr droht, soll unser Mann die ganze Gruppe sofort hochgehen
     lassen. Er soll sie unverzüglich Herrn Putas Gegenspionage ausliefern.«
    »Wäre es denn nicht besser«, Łukas Bożyczko lächelte, »wenn uns dieses Verdienst zufiele? Bischof Konrad hat   ...«
    »Bischof Konrad interessiert mich nicht. Und das Heilige |646| Officium ist nicht dazu da, Verdienste einzuheimsen. Ich sage es noch einmal: Unser Mann soll die Gruppe der Gegenspionage
     von Glatz ausliefern. Herr Puta von Czastolovice soll die Spione liquidieren. Und für die Hussiten noch mehr als bisher zu
     einem Symbol werden, das Schrecken verbreitet. Ist das klar?«
    »Gewiss, Euer Hochwürden, ich bestätige es. Werden wir dort   ... irgendwelche Aktionen durchführen?«
    »Vorläufig nicht. Hör zu, Łukas. Sollte Reynevan nach Glatz zurückkehren   ... Sollte er sich dem Spionagekreis anschließen   ... Kurz gesagt: Wenn er Herrn Puta in die Hände fällt, sollt ihr ihn herausholen. Lebendig und unversehrt. Hast du verstanden?«
    »Jawohl, Euer Hochwürden.«
    »Dann lass mich jetzt allein. Ich möchte beten.«
     
    Nach Schweidnitz machten sie sich zu sechst auf – Horn, Reynevan, Bisclavret und drei der Mörder, die mit Horn gekommen waren.
     Die Mörder begleiteten sie jedoch nur bis Frankenstein, sie kamen nicht mit in die Stadt, sondern trennten sich von ihnen
     und verschwanden in der Ferne. Ohne ein Wort des Abschieds. Sie hatten, das stand außer Frage, in Schlesien eigene Aufgaben
     und Ziele. Horn kannte diese Ziele wahrscheinlich, er wusste wohl, wen sie töten wollten. Aber ebenso gut konnte er es auch
     nicht wissen. Reynevan fragte nicht. Er wäre aber nicht er gewesen, hätte er nicht eine Rede über Ethik und Moral gehalten.
    Horn hörte ihm geduldig zu. Er war wieder ganz der alte Horn, wie Reynevan ihn kennen gelernt und in Erinnerung hatte. Horn
     in seinem eleganten, kurzen Mantel, der von einer silbernen Spange zusammengehalten wurde, in einem mit Silberfäden durchzogenen
     Wams, Horn, der ein Stilett mit einem Rubin im Griff am Gürtel und messingbeschlagene Sporen an seinen Stiefeln aus genarbtem
     Saffianleder trug. Mit seinem
chaperon
aus Atlasseide auf dem Kopf und der langen, |647| phantasievoll um den Hals geschlungenen
liripipe
. Horn mit den durchdringenden Augen und den arrogant verzogenen Mundwinkeln. Einer Arroganz, die zunahm, je mehr sich Reynevan
     in Fragen der Moral, in ethischen Normen, in Regeln und Gesetzen des Krieges erging und dabei die Anwendung von Terror als
     Mittel der Kriegsführung besonders intensiv behandelte.
    »Krieg bringt Terror mit sich«, antwortete Horn, als Reynevan geendet hatte. »Und er stützt sich auf Terror. Der Krieg an
     sich ist Terror.
Ipso facto.
«
    »Zawisza der Schwarze von Garbowo hätte dir nicht zugestimmt. Er hat Krieg und das
ius militare
anders aufgefasst.«
    »Zawisza der Schwarze ist tot.«
    »Was?«
    »Hast du denn nichts davon gehört?« Horn drehte sich im Sattel um. »Hast du nichts vom Tode eines der berühmtesten Ritter
     des modernen Europa gehört? Zawisza der Schwarze ist gefallen. Als treuer Vasall ist er mit dem

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