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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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setzte
     sich auf dem Grund des Behälters ab, die leichtere Holzkohle blieb an der Oberfläche. Ein stabiles und leicht entzündliches
     Granulat erhielt man, wenn das gemahlene Pulver mit menschlichem Urin berieselt wurde, wobei der Urin von Leuten, die oft
     und stark betrunken waren, am besten war. Es war daher nicht weiter verwunderlich, dass sich in Polen hergestelltes Pulver
     auf dem Markt eines guten Rufes erfreute und die polnischen Pulvermühlen ihren Ruhm zu Recht genossen.
    »Fast hätte ich es vergessen«, sagte Horn, als sie nach dem Abschluss eines Geschäftes zurückkehrten. »Scharley lässt dich
     grüßen. Ich soll dir ausrichten, dass es ihm gut geht. Er ist immer noch bei den Feldtruppen von Tábor. Hauptmann der Feldtruppen
     ist jetzt Jakub Kromĕšín z Březovice, denn Jaroslav von Bukowina ist im Oktober bei der Belagerung von Bechyn gefallen. Scharley
     war bei der Belagerung dabei. Er hat auch an den Feldzügen nach Österreich und in die Oberpfalz teilgenommen. Es geht ihm
     gut, das habe ich ja schon gesagt. Er ist gesund und fröhlich. Manchmal sogar zu sehr.«
    »Und Samson Honig?«
    »Samson ist in Böhmen? Das wusste ich gar nicht.«
    Am nächsten Tag ritten sie nach Tost, um mit den Polen über Kugeln, Kaliber, Schwefel und Salpeter zu verhandeln. Reynevan
     begann die Sache allmählich zu langweilen. Er träumte von seiner Rückkehr zum Kloster, zu Jutta. Er träumte davon, es möge
     etwas geschehen, das es ihm ermögliche, dorthin zurückzukehren.
    Und dann wurde dieser Wunsch wahr.
     
    |653| »Wir müssen uns verabschieden«, erklärte Horn, der zur Kollegiatschule von Oppeln wollte, in die er häufig, aber allein, ohne
     Reynevan, ging, diesem mit umwölkter Stirn.
    »Ich muss weg. Ich habe nicht erwartet, dass das so schnell geht, das gebe ich zu. Reinmar, wir haben wieder Krieg. Královecs
     Waisen haben die schlesische Grenze überschritten. Bei Lewin. Sie ziehen wie ein Sturm direkt nach Glatz. Es kann sein, dass
     du nicht mehr in die Stadt kommst, bis Královec mit der Belagerung beginnt. Aber du musst hin. Sofort. Aufs Pferd, mein Freund.«
    »Leb wohl, Horn.«
    Es war der fünfte Dezember 1428.   Der zweite Adventssonntag.
     
    Er ritt nach Brieg, auf der Straße nach Krakau. Die Nachricht erreichte ihn unterwegs. Královecs Waisen hatten den Glatzer
     Kessel mit Feuer und Schwert verwüstet. Habelschwerdt war in Flammen aufgegangen, in der Stadt hatten sie ein Gemetzel veranstaltet.
     Glatz selbst hatte Královec noch nicht angegriffen, wie aus der Nachricht hervorging, er hatte sich der Stadt noch nicht einmal
     genähert. Aber Schlesien war, wie schon im März, von Panik erfasst. Wieder waren die Wege von Flüchtlingen verstopft.
    Reynevan hatte es eilig. Aber nicht, nach Glatz zu kommen. Er ritt nach Weißkirchen. Zu Jutta.
    Er war schon nicht mehr weit entfernt. Prieborn hatte er bereits hinter sich gelassen, schon konnte er Rummelsberg sehen.
     Da spürte er auf einem Waldweg Magie.
     
    Am Wegrand bleichte ein Pferdeskelett vor sich hin, bereits stark vom Gras überwuchert, eine unübersehbare Mahnung an den
     Frühjahrsfeldzug. Reynevans Pferd erschrak und sträubte sich, es schnaubte und tänzelte auf der Stelle. Aber nicht das Skelett
     hatte das Pferd erschreckt, auch kein Wolf oder ein anderes Tier. Reynevan spürte Magie. Sie war fast überall fühlbar. |654| Er empfand, roch, hörte und nahm sie wahr in dem starken Geruch nach Feuchtigkeit und Schimmel, im Krächzen der Krähen, in
     den bräunlichen, frosterstarrten Stängeln des Engelwurz. Er spürte die Magie. Als er sich umblickte, entdeckte er, woher sie
     kam. Das Dickicht blattloser Bäume barg einen hölzernen Bau. Ein Kirchlein. Wohl aus Lärchenholz. Mit einem schlanken, spitzen
     Glockentürmchen.
    Er stieg vom Pferd.
    Man hatte versucht, das Kirchlein anzuzünden, das mitten auf dem Weg der Gottesstreiter gelegen hatte, davon zeugten die schwarze
     Vorderfront und die stark angekohlten Balken am Eingang. Das Feuer hatte das Gebäude aber nicht verschlungen, der Regen musste
     es gelöscht haben. Oder etwas anderes.
    Das Innere war vollkommen leer. Man hatte alles aus dem Kirchlein geschleppt, was sich darin befunden hatte, viel konnte es
     nicht gewesen sein. Die Apsis, in die das Kirchenschiff mündete, war voll gestopft mit Brettern und Lumpen, gewiss die Überreste
     des Altars. Auch hier gab es Spuren von Feuer, schwarze Brandflächen. War dies ein zorniges Feuer gewesen, ein Feuer

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