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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Säulen der Arkade, ohne
     den Blick zu senken, »in der Tat haben Euer Bischöfliche Gnaden kaum eine Unklarheit entstehen lassen. Euer Bemühen war aber
     insofern vergeblich, als die Tatsache, dass Euer Gnaden mit Rom im Briefwechsel stehen, weithin bekannt ist. Auch ich kenne,
     wie sollte es anders sein, die Ergebnisse jener Korrespondenz, die mehr als bescheiden, um nicht zu sagen keine sind. Niemand
     wird es Euer Gnaden verbieten, auch weiterhin Episteln zu schicken, das ist klar, steter Tropfen höhlt den Stein, wer weiß,
     vielleicht zeigt sich schließlich doch einer der Kardinäle geneigt, und sie berufen mich endlich ab? Ich persönlich zweifle
     zwar daran, aber schließlich liegt alles in Gottes Hand.«
    »Amen.« Bischof Konrad lächelte und atmete auf, erleichtert darüber, dass sich das Niveau des Gesprächs verbessert hatte.
     »Amen, Greggele, du bist kein dummer Junge, weißt du? Das mag ich an dir. Schade, dass es nur das eine ist.«
    »In der Tat, schade.«
    »Mach kein solches Gesicht. Du weißt sehr gut, was ich dir verarge und warum ich mir solche Mühe gebe, damit sie dich endlich
     abberufen mögen. Du bist zu weich, Greggele, zu mitleidig. Du wirkst zu unentschlossen, zögerlich und planlos. Und |181| die Zeiten sind nicht danach.
Haereses ac multa mala hic in nostra dioecesi surrexerunt.
Ketzerei und Gottlosigkeit machen sich breit. Ringsherum wimmelt es nur so von hussitischen Spionen. Hexen, Kobolde, Gespenster
     und andere höllische Monster verspotten uns und halten ihre Sabbate auf dem Zobtenberg, fünf Meilen vor Breslau, ab. Schändliche
     Praktiken und Satanskulte finden nachts auf dem Erbsberg, auf dem Kochberg, auf dem Eisenberg, unter dem Gipfel des Altvaters
     und an hundert anderen Orten statt. Die Beginen heben wieder die Köpfe. Die gottlose Sekte der Schwestern des Freien Geistes
     spottet über das Gesetz, und dies, ohne bestraft zu werden, weil in ihr Adelige, Patrizierinnen und Äbtissinnen der reichsten
     Klöster vertreten sind. Und du, Inquisitor, wessen kannst du dich rühmen? Obwohl du ihn bereits in der Hand hattest, ist dir
     Urban Horn, dieser Apostat, Verräter und hussitische Spion, entwischt. Obwohl du ihn schon in der Hand hattest, ist dir Reinmar
     von Bielau, dieser Hexer und Verbrecher, entkommen. Einer nach dem anderen kommen sie davon, diese Kaufherrchen, die mit den
     Hussiten Handel treiben: Bart, Throst, Neumarkt, Pfefferkorn und andere. Die Strafe ereilt sie wohl, aber nicht die, die du
     ihnen zugemessen und angeordnet haben solltest. Jemand hat deine Arbeit übernommen. Andauernd muss jemand für dich die Arbeit
     verrichten. Muss das sein, dass jemand für den Inquisitor die Arbeit verrichtet? Was, Greggele?«
    »Bald werde ich dieser ›Arbeitsübernahme‹ ein Ende setzen, das kann ich Euer Gnaden versichern.«
    »Das versicherst du mir ständig. Schon vor zwei Jahren, im Dezember, hattest du angeblich einen Zeugen gefunden, dessen Aussage
     eine gefährliche, ja geradezu dämonische Organisation oder Sekte, die die Schuld an vielfachen Morden trägt, enttarnen sollte.
     Jenen Zeugen, angeblich einen Diakon in Falkenberg, hast du, ha, ha, im Irrenhaus aufgetrieben. Ich habe mit Spannung darauf
     gewartet, jenen Irren zu verhören. Und was war? Es ist dir nicht einmal gelungen, ihn nach Breslau zu schaffen.«
    |182| »Das ist mir nicht gelungen«, gab Hejncze zu. »Unterwegs ist er meuchlings ermordet worden. Von jemandem, der schwarze Magie
     gebraucht.«
    »Ach, ach, schwarze Magie!«
    »Was beweist«, fuhr der Inquisitor gelassen fort, »dass jemandem sehr daran gelegen war, dass er schwieg. Denn wenn er geredet
     hätte, hätte seine Aussage jemandem schwer geschadet. Er war Augenzeuge des Mordes an Pfefferkorn. Vielleicht hätte er den
     Mörder erkannt, wenn man ihn ihm gezeigt hätte?«
    »Vielleicht? Vielleicht aber auch nicht? Das wissen wir nicht. Und warum wissen wir es nicht? Weil der päpstliche Inquisitor
     nicht in der Lage ist, das Leben eines Zeugen zu schützen, selbst wenn der Zeuge nur ein Irrer aus dem Narrenturm ist. Welch
     eine Schande, Greggele! Was für eine Blamage!«
    »An deiner Seite blüht das Verbrechen«, fuhr der Bischof fort, ohne eine Antwort abzuwarten, »niemand ist mehr sicher. Raubritter
     plündern gemeinsam mit den Hussiten die Klöster. Juden schänden Hostien und Gräber. Die Häretiker rauben die Steuereinnahmen,
     das, was das arme Volk schwer verdient hat. Die Tochter Johann von Bibersteins, eines

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