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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Vasallen und werden es auch bleiben. Ihre Untertanen. Ihre Diener. Sie sollen dienen. Dienen! Hast du das verstanden,
     Gregor Hejncze, Sohn eines Schweidnitzer Kaufmannes? Hast du das verstanden?«
    »Besser, als Euer Gnaden denken.«
    »Dann gehe hin und diene. Beobachte sorgfältig alle Anzeichen von Ketzerei, wie es dir dein Name befiehlt: Gregorios, der
     Wachsame. Sei streng den Häretikern, den Gottlosen, den Verderbten, den Monstern, den Hexen und den Juden gegenüber. |185| Sei erbarmungslos gegenüber jenen, die es wagen, den Gedanken, die Augen, die Stimme und die Hand gegen meine Macht und meinen
     Besitz zu erheben. Diene.
Ad maiorem Dei gloriam.
«
    »Was Letzteres anbelangt, so können sich Euer Gnaden auf mich verlassen.«
    »Und denke daran«, Konrad spreizte erneut zwei Finger, aber diesmal hatte die Geste nichts von einem Segen, »denke daran:
     Wer nicht mit mir ist,
contra me est.
Wer meinen Feinden gegenüber nachsichtig ist, ist selbst mein Feind.«
    »Ich verstehe.«
    »Das ist gut. Ziehen wir also unter allem, was gewesen ist, einen dicken Strich. Schlagen wir eine neue, unbeschriebene Seite
     auf.
Sapienti sat
, einigen wir uns zu Beginn auf Folgendes: In der nächsten Woche wirst du die nächsten zehn Häretiker verbrennen, Inquisitor
     Greggele. Schlesien soll einen Augenblick den Atem anhalten. Die Sünder sollen an das Höllenfeuer denken. Die Schwankenden
     ihren Glauben stärken, indem sie die Alternative erkennen. Die Zuträger sollen daran erinnert werden, dass sie anschwärzen
     müssen, viel anschwärzen, wo und wen es nur geht. Bevor ein anderer sie anschwärzt. Die Zeit für Terror und Angst ist gekommen!
     Der ketzerischen Schlange muss mit dem Eisenhandschuh der Hals zugedrückt werden. Zudrücken, festhalten und nicht loslassen!
     Denn der Tatsache, dass man zu früh losgelassen hat, verdanken wir heute das Aufblühen der Häresie.«
    »Die Häresie in der Kirche hat schon seit Jahrhunderten bestanden«, erwiderte der Inquisitor leise. »Schon immer. Denn die
     Kirche war immer ein Zufluchtsort und ein Hafen für solche, die tiefgläubig waren, aber auch intensiv nachdachten. Zugleich
     aber auch ein Asyl, ein fruchtbarer Boden und ein reiches Betätigungsfeld für solche Kreaturen wie Euer Gnaden.«
    »Ich mag deine Intelligenz und deine Offenheit«, versetzte nach langem Schweigen der Bischof. »Es ist nur schade, dass da
     sonst nichts mehr ist.«
     
    |186| Pater Felician, in der Welt vormals Hans Gwisdek, genannt die Laus, wärmte sich an einem sonnigen Fleckchen am Ende des Klostergartens
     und beobachtete, hinter einem Schlehenbusch verborgen, den Bischof und den Inquisitor, die in ein Gespräch vertieft waren.
     Wer weiß, dachte er, vielleicht werde ich bald zu solchen Gesprächen zugelassen, vielleicht werde ich daran teilnehmen? Als
     Gleichberechtigter? Ich steige immer weiter nach oben. Nach oben.
    Pater Felician war tatsächlich aufgestiegen. Der Bischof hatte ihn für seine Verdienste befördert. Die hauptsächlich darin
     bestanden hatten, dass er seinen bisherigen Vorgesetzten, Kanonikus Otto Beess, angeschwärzt hatte. Als Otto Beess infolge
     jener Denunziationen in Ungnade gefallen war, hatte man am bischöflichen Hofe begonnen, Pater Felician mit anderen Augen zu
     betrachten. Pater Felician erschien dies wie Bewunderung.
    Ich steige nach oben. Ha! Ich steige auf.
    »Pater!«
    Er zuckte zusammen und drehte sich um. Der Mönch, der so lautlos an ihn herangetreten war, war kein Prämonstratenser, er trug
     den weißen Habit der Dominikaner. Pater Felician kannte ihn nicht. Was bedeutete, dass es sich um einen Gefolgsmann des Inquisitors
     handelte.
    »Geht weg von hier, Pater! Hier habt Ihr nichts verloren. Hinweg mit Euch!«
    Ein Mann des Inquisitors, dachte Pater Felician, während er sich eilig von dannen machte. Ein Dominikaner, eine jener berühmten
     hochfahrenden und hochmögenden »grauen Eminenzen«. Diese Stimme, herrisch wie die des Bischofs   ... Diese Augen   ...
    Augen von eisengrauer Farbe.
     
    Das Münsterberger Armen- und Siechenhaus Herz Jesu lag außerhalb der Stadtmauer, unweit der Weberpforte. Als sie dort ankamen,
     war gerade Essenszeit. Die ausgehungerten und mit eitrigen Geschwüren überzogenen Kranken erhoben sich von |187| ihren Lagern, nahmen die Schüssel in die zitternden Hände, tauchten Brot hinein, um es aufgeweicht in die zahnlosen Münder
     zu schieben. Tybald Raabe hustete kurz, wandte den Blick ab und bedeckte seine

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