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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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dass der allererste Vers im Koran, »Basmalah«, 114 Mal erwähnt wird, eine Zahl, die durch 19 teilbar ist. An einigen Stellen ging er wortwörtlicher vor, etwa durch den Hinweis, dass die Sure 74:30 lautet: »Über ihm sind neunzehn.«
    Sie nippte vorsichtig an der noch immer heißen Milchmischung. Die Theorie der Mutter traf nicht zu, der Alkohol brannte auf ihrer Zunge.
    Rashad Khalifa hatte unvorstellbar viele Rechnungen aufgestellt, das sah sie jetzt wieder. Das Absurdeste war, dass er alle Zahlen zusammengezählt hatte, die im gesamten Koran erwähnt wurden, nur um nachzuweisen, dass auch diese Summe durch 19 teilbar ist.
    Zuerst begriff sie nicht, was daran so aufsehenerregend sein sollte, doch nachdem sie sich klargemacht hatte, dass 19 eine Primzahl und damit nur durch sich selbst und durch eins teilbar ist, fiel es ihr ein wenig leichter, zu verstehen.
    »Aber es gibt doch entsetzlich viele Primzahlen«, murmelte sie.
    Es war kalt im Wohnzimmer.
    Sie hatten in einem Versuch, Geld zu sparen und der Umwelt etwas Gutes zu tun, an allen Heizkörpern Thermostate angebracht. Während  Yngvar diese immer höher stellte, damit es auch nachts warm blieb, drehte Inger Johanne sie herunter, damit das System so wirkte, wie es geplant war. Das bereute sie jetzt. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, im Ofen ein Feuer zu machen, dann ging sie ins Schlafzimmer und holte sich ihre Bettdecke.
    Die Milch war jetzt abgekühlt. Inger Johanne trank einen großen Schluck, dann fing sie wieder an zu lesen.
    Anfangs war die muslimische Welt von den Funden dieses Exzentrikers offenbar begeistert gewesen. Seine Arbeit wurde zunächst ernst genommen. Muslime in aller Welt übernahmen die Idee vom mathematischen Nachweis der Existenz Allahs. Sogar der bekannte Skeptiker Martin Gardner hatte Khalifas mathematische Funde als aufsehenerregend und interessant bezeichnet, in einem seiner Artikel für den Scientific American .
    Danach ging es mit dem US-Ägypter Rashad Khalifa nicht mehr so gut weiter.
    Er schrieb sich selbst in den Koran hinein.
    Nicht genug damit, dass er sich für einen Propheten vom Rang Mohammeds hielt, er gründete eine eigene Religion. Im Vergleich zu »The Submitters« sollten alle anderen Religionen, auch der korrumpierte Islam, ganz einfach aussterben, jetzt, da der im Koran und in der Bibel angekündigte Prophet aufgetreten war und der Islam in reiner und unverfälschter Form auferstehen konnte.
    Inger Johanne schielte vor Erschöpfung. Sie legte die Unterlagen beiseite.
    Vielleicht könnte sie auf dem Sofa schlafen.
    Sie wollte nicht mehr an Rashad Khalifa denken.
    Kein Wunder, dass er trotzdem Anhänger gefunden hat, dachte sie und versuchte, sich bequem hinzulegen. Viele moderne Muslime freuten sich über seine Angriffe auf die muslimische Geistlichkeit. Andererseits wirkt Zahlenmystik immer verlockend auf Menschen mit Neigung zum Fanatismus, auf Extremisten aller Art. Khalifas Theorien wurden weiterhin vertreten, obwohl der Mann 1990 ermordet worden war.
    Von einem fanatischen Muslim. Nach einer Fatwa, erlassen auf derselben Versammlung wie die gegen Salman Rushdie.
    »Herrgott«, murmelte sie und versuchte, die Augen zu schließen. »Religionen.«
    Hinter ihren Lidern tanzten viele 19-Zahlen Riverdance.
    Es war zehn nach zwei.
    Der nächste Tag würde entsetzlich sein, wenn sie nicht bald schlafen könnte. Sie sprang auf, stapfte mit der Bettdecke unter dem Arm ins Badezimmer und griff zu den Schlaftabletten. Normalerweise reichte es, wenn sie nur daran dachte, dass die Dinger vorhanden waren. Jetzt nahm sie anderthalb Tabletten und spülte sie mit Wasser aus der Leitung hinunter.
    Eine Viertelstunde darauf schlief sie in ihrem eigenen Bett, tief und traumlos.
    Lukas Lysgaard wartete, bis alle schliefen. Er schrieb für Astrid einen Zettel, er mache sich Sorgen um den Vater und wolle nach dem Rechten sehen, werde aber später in der Nacht nach Hause kommen. Den Wagen hatte er auf der Straße abgestellt, um durch den Motor der Garagentür niemanden zu wecken.
    Die Fahrt tat ihm gut. Während seine Mutter das Licht gesucht hatte, war Lukas ein Mann, der sich nachts wohlfühlte. Als Kind hatte er sich im Dunklen immer geborgen gefühlt. Die Nacht war seine Freundin, das war schon so, als er klein gewesen und in dem großen Haus am Nubbebakken gewohnt hatte. Mit sechs oder sieben Jahren war er oft aufgewacht und von den Schatten fasziniert gewesen, die an der Schlafzimmerwand tanzten. Die große

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