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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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denn?«
    Yngvar leerte sein Glas und schüttelte den Kopf, als Sigmund die Flasche zum Nachschenken hob. »Nachbarschaftsbefragung«, sagte er kurz.
    »Wo denn? In ganz Bergen?«
    »Nein. Wir müssen  … «
    Yngvar öffnete die Nachttischschublade und zog einen Stadtplan von Bergen heraus. »Wir müssen uns so ungefähr diesen Bereich vornehmen«, sagte er dann und zeichnete mit dem Zeigefinger einen Kreis.
    »Das ist doch das halbe verdammte Bergen«, sagte Sigmund resigniert.
    »Nein. Das ist der östliche Teil des Zentrums. Der nordöstliche Teil.«
    Sigmund griff nach dem Stadtplan. »Weißt du, Yngvar, so einen blöden Vorschlag hast du noch nie gemacht. In den Massenmedien ist absolut deutlich geworden, dass niemand weiß, warum die Bischöfin am Heiligen Abend noch unterwegs war. Wenn irgendwer wüsste, dass sie zu ihm wollte, dann hätte er sich längst gemeldet. Falls er nichts zu verbergen hat, und dann hilft eine Scheiß-Nachbarschaftsbefragung auch nicht weiter.«
    Er ließ die Karte auf das Bett fallen und trank einen gehörigen Schluck aus seinem Glas. »Außerdem«, fügte er hinzu, »vielleicht wollte sie ja wirklich einfach einen Spaziergang machen. Und dann sind wir wieder bei Los angekommen.«
    Yngvar hatte jetzt den glasigen Blick, den Sigmund so gut kannte. »Hast du sonst noch gute Ideen?«, fragte Sigmund. »Ideen, die ich hier und jetzt torpedieren kann?«
    »Das Bild«, sagte Yngvar entschieden, dann warf er einen Blick auf die Uhr.
    »Das Bild. Aha. Welches Bild?«
    »Es ist halb zwölf. Ich muss jetzt schlafen.«
    »Aber von welchem Bild redest du?« Sigmund schien durchaus nicht in sein eigenes Hotelzimmer gehen zu wollen. Er machte es sich im Sessel noch gemütlicher und hob die Füße auf die Bettkante.
    »Das verschwundene Bild«, sagte Yngvar. »Ich hab dir doch von dem Foto erzählt, das in diesem ›Mädchenzimmer‹ stand …«
    Er zeichnete die Anführungszeichen in die Luft.
    »… wo Eva Karin sich angeblich aufgehalten hat, wenn sie nicht schlafen konnte. Als ich das Zimmer zum ersten Mal gesehen habe, standen dort vier Bilder. Zwei Tage später waren es nur noch drei. Und ich kann mich nur daran erinnern, dass es ein Porträt war.«
    »Aber Erik Lysgaard will ja nicht …«
    »Wir müssen Erik ganz einfach vergessen. Der ist ein lost case. Ich habe zu lange gehofft, dass wir über ihn mehr über diesen rätselhaften Spaziergang herausfinden können. Aber der Typ stellt sich einfach quer. Lukas dagegen …«
    »… trieft auch nicht gerade vor Kooperationsbereitschaft, wenn du mich fragst.«
    »Nein, da kannst du recht haben. Und da müssen wir uns doch fragen, warum ein Mann, der offensichtlich trauert und den Mord an seiner Mutter aufgeklärt sehen will, sich der Polizei gegenüber so abweisend zeigt. In der Regel gibt es da nur eine Erklärung.«
    Er schaute Sigmund mit hochgezogenen Augenbrauen an, so, als sollte der die Überlegung vollenden.
    »Familiengeheimnisse«, sagte Sigmund mit dramatischer Stimme.
    »Genau. Die haben oft rein gar nichts mit dem Fall zu tun, aber im Moment können wir uns keinerlei Annahmen leisten. Mein Eindruck von Lukas ist, dass der nicht richtig …«
    Die Pause wurde lang. Sigmund wartete geduldig, sein Glas war noch immer nicht leer.
    »… nicht richtig sicher ist, was er von seinem Vater halten soll«, sagte Yngvar endlich.
    »Wie meinst du das?«
    »Die beiden hängen offenbar sehr aneinander. Sie sind sich auffallend ähnlich, von Aussehen und Wesen her, und ich sehe keinen Grund zu der Annahme, dass es in ihrer Vater-Sohn-Beziehung irgendwelche Probleme gibt. Trotzdem ist zwischen ihnen etwas Unausgesprochenes. Etwas, das ganz neu ist. Man merkt es, sowie man sich in einem Zimmer mit den beiden aufhält. Es ist bei Weitem keine Feindseligkeit, sondern eher eine Form von …«
    Wieder musste er nach Worten suchen.
    » … Vertrauensverlust.«
    »Verdächtigen sie sich gegenseitig?«
    »Das glaube ich nicht. Aber zwischen ihnen stimmt etwas nicht, es gibt irgendeine Art von tiefer Skepsis, die …«
    Wieder schaute er auf die Uhr. »Das ist mir ernst, Sigmund. Ich muss schlafen. Mach, dass du wegkommst.«
    »Spielverderber«, murmelte der Kollege und zog die Füße an sich.
    Er wohnte zwei Zimmer weiter und hatte keine Lust, sich die Schuhe anzuziehen. Er schob sie sich über zwei Finger der rechten Hand und griff mit der linken nach der Whiskyflasche. »Wann treffen wir uns zum Frühstück?«
    »Von mir aus um sieben. Nach dem

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