Gotteszahl
zu schaffen, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
»… dann ist das meistens jemandem aus dem Freundeskreis bekannt.«
»Schon verstanden«, sagte sie kurz.
»Und wenn ihr ein gemeinsames Bankkonto habt, dann kannst du ja feststellen, ob sie Geld abgehoben hat. Und wenn ja, wo. Ich rufe dich übermorgen an und lasse mich auf den neuesten Stand bringen. Oder ich schaue vorbei. Wohnst du noch in dem alten Haus im Hystadvei?«
» Wir wohnen im Hystadvei. Marianne und ich.«
In dem Moment, als sie das sagte, wusste sie, dass es nicht stimmte.
»Abgesehen davon, dass Marianne tot ist«, sagte sie hart, riss ihren Anorak an sich und lief zur Tür. »Vielen Dank, Kjetil. Thank you for fucking nothing. «
Sie knallte so wütend mit der Tür, dass diese aus den Angeln sprang.
Nacht zu einem düsteren Morgen
Rolf konnte keine Autotür auf zivilisierte Weise zuschlagen.
Er knallte dermaßen, dass Marcus Koll es bis ins Wohnzimmer hören konnte, obwohl der Wagen hinter der großen Garage stand. Rolf entschuldigte sich immer damit, dass er sein Leben lang nur Schrotthaufen auf Rädern gefahren hatte. Er hatte sich noch nicht an deutsche Wagen gewöhnt, die über eine Million kosteten. Ganz zu schweigen von italienischen für das Doppelte.
Marcus schlug ärgerlich nach einer überwinternden Fliege. Die war groß und träge, aber noch immer am Leben, als Rolf hereinkam.
»Was in aller Welt machst du denn da?«
Marcus kniete auf dem Esstisch und schlug um sich. »Eine Fliege«, murmelte er. »Kannst du nicht ein bisschen netter zu unseren Autos sein?«
»Eine Fliege? Um diese Jahreszeit?«
Drei rasche Schritte und ein Schlag mit der Handfläche auf den Tisch. »Da hab ich sie«, sagte er fröhlich. »Müsste der übrigens nicht gedeckt sein?«
Marcus stieg herunter. Er kam sich steif und unbeholfen vor und musste mit einem Knie einen Umweg über einen Stuhl machen. Wie zu jedem Silvester in den vergangenen neun Jahren hatte er den Tag mit dem Schwur begonnen, in Zukunft Sport zu treiben. Vom nächsten Tag an. Es war sein wichtigster Vorsatz, und diesmal würde er ihn halten. Im Keller hatten sie einen vollständig ausgestatteten Trainingsraum. Er wusste kaum, wie der aussah.
»Mama kommt gleich.«
»Deine Mutter? Hast du Elsa hergebeten, um den Tisch für ein Fest zu decken, zu dem sie nicht einmal eingeladen ist?«
Marcus schnaubte empört. »Mama wollte Cusi heute Abend doch bei sich haben. Das neue Jahr zusammen empfangen, nur sie beide. Das ist für beide schöner.«
»Von mir aus, aber es gibt doch wirklich keinen Grund, dass die Frau den Morgen damit vergeudet, hier den Tisch zu decken. Ruf sie sofort an. Sag, dass ich das mache. Was ist das hier übrigens?«
Rolf hielt ihm eine kleine quadratische Metalldose hin.
»Eine Festplatte«, sagte Marcus leichthin.
»Sieh an. Und was macht die im Kofferraum des Maserati?«
»Das ist mein Auto. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es mir lieber ist, wenn du das andere nimmst? Du bist der mieseste Fahrer aller Zeiten und …«
»Was ist eigentlich in dich gefahren?« Rolf lächelte und beugte sich vor, um ihn zu küssen.
Marcus wich aus. Wider Willen warf er einen Blick auf die Festplatte. »Die ist hin«, sagte er. »Ich hab sie ausgetauscht. Die kann weggeworfen werden.«
»Dann mach ich das«, sagte Rolf und zuckte mit den Schultern. »Und du solltest dir bessere Laune zulegen, ehe die Gäste kommen.«
Er hielt die Festplatte noch immer in der Hand, als er das Wohnzimmer verließ. Marcus musste sich zusammenreißen, um ihm nicht hinterherzurennen. Er wollte das verdammte Teil selbst zerstören und wegwerfen.
Das kann ja nicht so gefährlich sein, dachte er dann und versuchte, seinen Puls zu beruhigen. Das Ganze war nur eine Sicherheitsmaßnahme gewesen. Und vermutlich unnötig. Absolut unnötig. Er atmete schneller und wollte sich auf etwas ganz anderes konzentrieren.
Die Speisekarte zum Beispiel.
Es spielte keine Rolle, dass Rolf die Festplatte gefunden hatte.
Er konnte sich nicht daran erinnern, was es zu essen geben sollte.
Vergiss die Festplatte. Vergiss sie. Sie spielt keine Rolle!
»Hast du Elsa angerufen?«
Rolf war wieder da, beladen mit Tischtüchern, Servietten und Kerzen.
»Aber Marcus, bist du … Marcus!«
Rolf ließ alles auf den Boden fallen. »Bist du krank? Marcus?«
»Alles in Ordnung«, sagte Marcus. »Mir war nur ein bisschen schwindlig. Ist schon vorbei. Keine Sorge.«
Rolf streichelte ihm den Rücken. Weil er
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