Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
Geschlechts hervorzurufen, und ihrem Charakter eine solche Unerschrockenheit und einen Schwung zu geben, welche sich zuweilen dem Erhabenen nähern. Nichts kann rührender sein, als ein sanftes, zartes weibliches Wesen zu sehen, welches, ganz Schwäche und Abhängigkeit, sich gegen jede gewöhnliche Härte empfindlich zeigte, als es noch auf der Bahn des Glücks wandelte, und das sich nun plötzlich in geistiger Kraft erhebt, um im Unglück der Trost und die Stütze des Gatten zu werden, und mit ungebeugter Festigkeit die bittersten Stürme des Mißgeschicks erträgt.
    Wie die Rebe, welche lange ihr zierliches Laub um die Eiche gerankt hat und mit ihr zur Sonne emporgewachsen ist, sich, wenn der mächtige Baum vom Blitzstrahle getroffen wird, mit ihren liebkosenden Ranken um ihn klammert und seine zersplitterten Aeste zusammenzuhalten versucht: so wurde es von der weisen Vorsehung schön angeordnet, daß das Weib, nur abhängig und die Zierde des Mannes in seinen glücklicheren Stunden, seine Stütze und sein Trost wird, wenn er durch ein plötzliches Unglück gebeugt, sich in die schroffen Tiefen seines innersten Wesens hineinwindet, das sinkende Haupt zärtlich emporhaltend und das gebrochene Herz aufrichtend.
    Ich wünschte einst einem Freunde Glück, der eine blühende, durch die liebevollste Neigung engverbundene Familie um sich hatte. »Ich kann Euch kein besseres Loos wünschen,« sagte er mit Wärme, »als Weib und Kinder zu haben, – wenn Ihr glücklich seid, theilen sie die Gaben desselben mit Euch, im Unglücke sind sie zu Eurem Troste da.« Auch habe ich in der That bemerkt, daß verheirathete Männer, wenn das Unglück sie heimsucht, weit leichter ihren vorigen Standpunkt in der Welt wieder einnehmen, als unverheirathete; theils, weil sie durch die Noth der hülflosen und geliebten Wesen, deren Erhaltung allein auf ihnen beruht, mehr zur Thätigkeit angespornt werden; besonders aber, weil ihr Muth durch häusliche Freuden erheitert und gestärkt, und ihre Achtung vor sich selbst immer lebendig erhalten wird, indem sie finden, daß, obgleich in der Außenwelt Alles Nacht und Demüthigung ist, es doch noch eine kleine Welt der Liebe zu Haus gibt, in der sie Alleinherrscher sind. Ein einzelner Mann verliert sich dagegen sehr leicht in Verschwendung und vernachlässigt sich selbst; er hält sich für einsam und verlassen, und sein Herz zerfällt in Trümmer, wie ein verlassenes Haus, weil ihm ein Bewohner abgeht.
    Diese Bemerkungen erinnern mich an eine kleine Familiengeschichte, von welcher ich einst Zeuge war. Mein vertrauter Freund, Leslie, hatte ein schönes und gebildetes Mädchen geheirathet, die inmitten der großen Welt auferzogen war. Es ist wahr, sie hatte kein Vermögen; aber das meines Freundes war bedeutend, und er freute sich schon im Voraus darauf, sie allen zierlichen Beschäftigungen nachhängen zu lassen, und alle die zarten Neigungen und Launen zu befriedigen, welche eine Art von Zauber um das weibliche Geschlecht verbreiten. »Ihr Leben,« sagte er, »soll einem Feenmährchen gleichen.«
    Selbst die Verschiedenheit ihrer Charaktere brachte ein harmonisches Ganze hervor: er hatte eine romantische und etwas ernste Stimmung; sie war ganz Leben und Fröhlichkeit. Ich habe oft das stumme Entzücken bemerkt, mit welchem er in der Gesellschaft, deren Wonne sie durch ihre glänzenden Gaben war, auf sie blickte; und wie, mitten unter dem Beifall, ihr Auge sich nach ihm wandte, als suche sie nur bei ihm Gunst und Zufriedenheit. Wenn sie sich auf seinen Arm lehnte, bildete ihr zarter Wuchs einen schönen Gegensatz mit seiner hohen, männlichen Gestalt. Das liebevoll vertrauende Wesen, mit dem sie zu ihm hinauf sah, schien eine Glut triumphirenden Stolzes und reger Zärtlichkeit anzufachen, als ob er seine schöne Bürde gerade ihrer Hülflosigkeit willen liebte. Nie betrat ein Paar den blumigen Pfad einer frühen und wohlzusammenstimmenden Ehe mit einer schöneren Aussicht auf Glück.
    Mein Freund hatte indeß das Unglück gehabt, sein Vermögen in großen Speculationen anzulegen, und kaum war er einige Monate verheirathet gewesen, als es ihm durch eine Reihe unerwarteter Unfälle entrissen ward, und er sich beinahe in Dürftigkeit versetzt fand. Eine Zeitlang hielt er seine Lage geheim, und ging mit bleichem Gesicht und brechendem Herzen umher. Sein Leben war eine fortdauernde Todesqual, und was es noch unerträglicher machte, war die Nothwendigkeit, in Gegenwart seines Weibes eine lächelnde

Weitere Kostenlose Bücher