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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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jungen Tollköpfe, der allgemeine Liebling der Frauen. Das anziehendste Paar im Tanze war aber der junge Offizier und ein Mündel des Squire, ein schönes, erröthendes Mädchen von siebenzehn Jahren. Aus mehreren scheuen Blicken, welche ich im Laufe des Abends bemerkt hatte, schloß ich, daß zwischen ihnen ein kleines Verhältniß im Entstehen sei, und in der That war der junge Krieger gerade ein Held, ein romantisches Mädchen einzunehmen. Er war groß, schlank und hübsch, und hatte, wie die meisten jungen englischen Offiziere, in den letzten Jahren sich auf dem Festlande allerhand kleine Talente angeeignet – er sprach Französisch und Italienisch – zeichnete Landschaften – sang ganz erträglich – tanzte göttlich; vor Allem aber war er bei Waterloo verwundet worden; und welch siebenzehnjähriges Mädchen, die in Gedichten und Romanen wohl belesen ist, könnte einem solchen Spiegel der Ritterlichkeit und Vollkommenheit widerstehen?
    Als der Tanz vorüber war, nahm er eine Guitarre zur Hand, lehnte sich, in einer Stellung, von der ich halb glauben möchte, daß sie vorher studirt war, an den alten marmornen Kamin, und fing das kleine französische Lied vom Troubadour zu singen an. Der Squire erklärte indeß, daß er am Weihnachtsabend nichts als gutes altes Englisch hören wolle, worauf der junge Sänger, nachdem er einen Augenblick die Augen gen Himmel gerichtet, als ob er sein Gedächtniß in Anspruch nehme, in eine andere Melodie überging, und, mit einer reizenden Art von Galanterie, Herrick’s»Nachtstück an Julie« gab.
Der Glühwurm leih’ sein Licht Dir,
Die Sterne glänzen licht Dir,
Und auch die Elfen klein,
Mit ihrer Aeuglein Schein
Hellfunkelnd, zeigen freundlich sich Dir.
    Kein Irrlicht Dich befange;
Dich beiß’ nicht Wurm noch Schlange;
Mußt weiter nur geh’n,
Bleib nimmer nur steh’n,
Dann sei vor Geistern Dir nicht bange.
    Kein Dunkel laß Dich schrecken;
Will sich der Mond verstecken –
Die Sterne der Nacht
Erglühen in Pracht,
Den Weg mit Glanz Dir zu bedecken.
    So, Julia, laß mich frei’n Dich,
O so, so finde ein Dich,
Und wenn Dein Silberfuß
Mir naht, Dein süßer Gruß –
Dann nenn’ ich selig mein Dich.
    Das Lied mochte an die schöne Julie, denn so fand ich, hieß seine Tänzerin, gerichtet sein oder nicht; sie war dieser Anwendung sich gewiß unbewußt, denn sie sah den Sänger keinen Augenblick an, sondern hielt die Augen beständig auf den Boden geheftet. Wahr ist es, ihr Gesicht war mit einer reizenden Röthe überzogen, und ihr Busen hob sich sanft; aber alles dieß war ohne Zweifel eine Wirkung der Bewegung beim Tanze; ja, ihre Gleichgültigkeit war so groß, daß sie sich damit belustigte, einen ausgesuchten Strauß von Treibhauspflanzen zu zerpflücken, so daß, als das Lied geendet war, der Kranz in bunten Flocken auf dem Boden lag.
    Die Gesellschaft brach jetzt mit dem herzlichen alten Gebrauche des Händeschüttelns auf. Als ich durch die Halle nach meinem Zimmer ging, gab die flimmernde Asche des Jul-Blocks noch ein dämmerndes Licht von sich, und wäre dieß nicht gerade die Zeit gewesen, »wo kein Geist umgehen darf,« so würde ich mich beinahe versucht gefühlt haben, um Mitternacht aus meinem Zimmer zu schleichen, damit ich sähe, ob die Elfen nicht ihre Tänze um den Herd hielten.
    Mein Zimmer war in dem alten Theile des Hauses, dessen gewichtige Möbel in der Zeit der Riesen verfertigt worden zu sein schienen. Das Zimmer war getäfelt, mit Kranzleisten von schwerem Schnitzwerk, worin Blumen und abenteuerliche Gesichter auf eine sonderbare Art gemischt waren; und eine Reihe schwarz aussehender Bilder starrte trübselig von den Wänden auf mich herab. Das Bett war von schwerem, wiewohl verschossenen Damast, mit einem hohen Himmel, und stand in einer Nische dem Erkerfenster gegenüber. Ich war kaum im Bette, als eine Musik, gerade unter dem Fenster, die Luft zu erfüllen schien. Ich horchte, und fand, daß es ein Chor Musiker war, vermuthlich die Weihnachtsmusikanten aus einem benachbarten Dorfe. Sie gingen rund um das Haus und spielten unter den Fenstern auf. Ich zog die Vorhänge zurück, um sie deutlicher zu hören. Das Licht des Mondes fiel durch den obern Theil des Fensters, und erhellte schwach das altfränkische Zimmer. Die Töne wurden, wie sie sich entfernten, sanfter und ätherischer, und schienen mit der Ruhe und dem Mondlicht übereinzustimmen. Ich horchte und horchte – sie wurden immer zarter und ferner, und als sie allmählig erstarben,

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