Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Schriftsteller, welche der Squire in seine Hände gegeben und die er immer wieder durchlese, so oft er einen Anfall von Studirsucht bekomme, wie er diesen zuweilen an einem regnerischen Tage oder an einem langen Winterabende habe. Sir Anton Fitzherbert’s Buch über die Landwirthschaft, Markham’s Landvergnügungen, die Abhandlung über die Jagd von dem Ritter Sir Thomas Cockayne, Isaak Walton’s Angler, und zwei oder drei ähnliche alte Herren von der Feder seien seine stehenden Gewährsmänner, und er betrachte sie, wie alle Leute, die nur wenige Bücher kennten, mit einer Art von Abgötterei, und führe sie bei allen Gelegenheiten an. Was seine Lieder beträfe, so habe er sie meistens auf alten Büchern in der Bibliothek des Squire herausgesucht, und ihnen Melodien angepaßt, welche bei den ausgewählten Geistern des vergangenen Jahrhunderts beliebt gewesen wären. Seine praktische Anwendung von Literaturbrocken habe indessen verursacht, daß alle Stallknechte, Jäger und die geringern Jagdfreunde in der Nachbarschaft ihn für ein Wunder von Bücherkenner ansähen.
Während wir mit einander sprachen, hörten wir in der Entfernung den Ton der Dorfglocke, und man sagte mir, der Squire sei ein wenig eigen darin, daß sein ganzer Hausstand am Morgen des Weihnachtsfeiertags sich in der Kirche einfinde, da er diesen als einen Tag der Danksagung und der Freude betrachte; denn wie der alte Tusser [Fußnote: In seinem
five hundred points of good husbandry
.] bemerkt hat:
Zu Weihnachten sei fröhlich und dankbar vor allen,
Und bewirthe die Armen, Groß und Klein, in deinen Hallen.
»Wenn Ihr Lust habt, nach der Kirche zu gehen,« sagte Frank Bracebridge;»so kann ich Euch ein Probestück von meines Vetters Simon musikalischen Leistungen versprechen. Da die Kirche keine Orgel besitzt, so hat er sich aus den Musikliebhabern im Dorfe ein Orchester gebildet, und zu dessen Vervollkommnung einen musikalischen Club gestiftet; er hat sich auch einen Chor ausgesucht, wie er meines Vaters Jagdhunde nach Gervasius Markham’s Anweisung, in dessen Landvergnügungen, ausgesucht hat; für den Baß hat er alle die »tiefen, feierlichen Kehlen,« und für den Tenor die »laut klingenden Kehlen« aus den Dorflümmeln ausgewählt, und für »sanfte Kehlen« mit eigenthümlichem Geschmack unter den artigsten Mädchen in der Gegend Schau gehalten; obgleich, wie er versichert, diese letztern am schwersten im Ton zu erhalten sind, da solche hübsche Sängerinnen überaus störrisch und launisch, und von kleinen Unfällen sehr abhängig seien.«
Da der Morgen, obgleich kalt, doch sehr schön und hell war, so gingen die meisten Mitglieder der Familie zu Fuß nach der Kirche, welche ein sehr altes Gebäude von grauem Stein war, und nahe bei einem Dorfe, ungefähr eine halbe Meile von dem Park-Thore, stand. Daneben war ein niedriges, behagliches Pfarrhaus, das aus gleicher Zeit mit der Kirche zu stammen schien. Die Vorderseite desselben war ganz mit dem Laube eines Eibenbaumes bedeckt, den man gegen die Mauer derselben gezogen hatte, und durch dessen dichtes Laub Oeffnungen gemacht worden waren, um das Licht zu den kleinen, altfränkischen Ladenfenstern gelangen zu lassen. Als wir bei diesem geschirmten Neste vorübergingen, trat der Pfarrer heraus und ging vor uns her.
Ich hatte erwartet, einen glatten, wohlgenährten Geistlichen zu erblicken, wie man sie oft auf den behaglichen Pfarren, in der Nähe der Tafel eines reichen Patrons, antrifft; aber ich hatte mich getäuscht. Der fromme Herr war ein kleiner, magerer, schwarz aussehender Mann, mit einer grauen Perücke, die zu weit war und von beiden Ohren abstand, so daß sein Haupt darin zusammengeschrumpft zu sein schien, wie ein trockener Haselnußkern in der Schale. Er trug einen verschabten Rock mit langen Schößen, und mit Taschen, welche die Kirchenbibel und das Gebetbuch hätten fassen können, und seine dünnen Beine erschienen noch dünner, da sie in große Schuhe mit ungeheueren Schnallen verziert, gestellt waren.
Frank Bracebridge sagte mir, der Geistliche sei ein Stubenbursche seines Vaters in Oxford gewesen, und habe diese Pfarre, kurz nachdem der Letztere sein Gut angetreten, bekommen. Er jagte leidenschaftlich allen, mit gothischen Buchstaben gedruckten Büchern nach, und pflegte selten deren zu lesen, die mit lateinischer Schrift gedruckt waren. Carton’s und Wynkin de Worde’s Ausgaben waren sein Ergötzen, und er war unermüdlich in seinen Nachforschungen nach solchen
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