Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
Theiles der Gesellschaft, welche über Alles, was er sagte oder that, und bei jeder Wendung seines Gesichts, lachten. Dieß befremdete mich nicht, denn er mußte in ihren Augen ein Wunder der Vollkommenheit sein. Er konnte den Hanswurst und die Judith nachahmen; mit der Hülfe eines gebrannten Korks und eines Taschentuchs seiner Hand das Aussehen jedes alten Weibergesichtes geben und schnitt aus einer Apfelsine eine so lächerliche Gestalt heraus, daß die jungen Leute beinahe vor Lachen starben.
    Frank Bracebridge weihte mich kurz in seine Geschichte ein. Er war ein alter Hagestolz mit einem kleinen, freien Einkommen, das indessen, bei sorgsamer Verwaltung, für alle seine Bedürfnisse ausreichte. Er rollte durch das Familiensystem wie ein herumfahrender Komet auf seiner Bahn; besuchte bald einen Zweig derselben, bald einen andern ganz entferntern, wie dieß oft in England von Herren bei ausgebreiteten Bekanntschaften und wenig Vermögen geschieht. Er hatte ein fröhliches, aufgewecktes Gemüth, das des gegenwärtigen Augenblicks jederzeit genoß, und der häufige Wechsel von Ort und Gesellschaft machte, daß er nicht jene rostigen ungefügigen Gewohnheiten annahm, die man den alten Junggesellen so mitleidlos zur Last legt. Er war eine vollständige Familienchronik, da er die Genealogie, Geschichte und die Wechselheirathen des ganzen Hauses Bracebridge auf das Genaueste kannte, was ihn zu einem großen Lieblinge der alten Leute machte; er war der Anbeter aller ältlichen Damen und veralteten Jungfrauen, unter denen er noch immer ziemlich für einen jungen Burschen galt, und der Vergnügungsrath der Kinder, so daß es in der Sphäre, worin er sich bewegte, keinen beliebtern Mann gab, als Herrn Simon Bracebridge. In späteren Jahren hatte er sich beinahe ausschließlich bei dem Squire aufgehalten, dessen Factotum er geworden, und dem er vorzüglich lieb war, weil er in seine Laune in Rücksicht auf die alten Zeiten einging, und jederzeit ein Lied bereit hatte, welches sich zu der Gelegenheit paßte. Eine Probe dieses eben erwähnten Talents erhielten wir alsbald, denn kaum war das Abendessen abgetragen, und gewürzter Wein und andere, besonders für diese Jahreszeit sich passende Getränke aufgetragen worden, als Meister Simon zu einem guten alten Weihnachtslied aufgefordert ward. Er bedachte sich einen Augenblick, und trillerte dann, mit funkelnden Augen und einer Stimme, die keineswegs schlecht war, nur daß sie zuweilen in das Falsett überging, Tönen eines gespaltenen Rohrs gleich, ein altes närrisches Lied.
Wir sind in den Weihnachtstagen,
Laßt uns die Trommeln schlagen,
Und alle Nachbarn rufet herbei,
Und sind sie dann hier,
So bewirthet sie mir,
Daß Wetter und Wind vergessen sei, u. s. w.
    Das Abendessen hatte einen Jeglichen zur Fröhlichkeit gestimmt, und man rief einen alten Harfner aus der Bedientenstube herbei, wo er den ganzen Abend über geklimpert, und sich dem Anscheine nach an des Squire’s eigengebrautem Bier gütlich gethan hatte. Er war, wie man mir sagte, eine Art von Anhängsel des Haushalts, und obgleich dem Aeußern nach ein Bewohner des Dorfes, doch weit öfter in der Küche des Squire, als in seinem eigenen Hause zu finden, da der alte Herr ein Freund des Klangs »der Harfe in der Halle« war.
    Der Tanz war, wie die meisten Tänze nach Tische, sehr lustig; einige von den älteren Leuten nahmen daran Theil, und der Squire selbst tanzte mehrere Touren mit einer Tänzerin, mit der er versicherte, beinahe ein halbes Jahrhundert lang alle Weihnachten getanzt zu haben. – Meister Simon, der eine Art von Verbindungsglied zwischen der alten und neuen Zeit, und dabei etwas veraltet in der Art seiner Talente zu sein schien, that sich augenscheinlich etwas auf seinen Tanz zu Gute, und suchte sich durch Balance, Rigodon und andere Zierlichkeiten der alten Schule in Credit zu setzen. Unglücklicherweise hatte er aber ein kleines munteres Mädchen aus der Pension zur Tänzerin, die ihn durch ihre wilde Lebendigkeit beständig in Athem erhielt, und alle seine besonnenen Bestrebungen nach Zierlichkeit im Tanz vereitelte; – so sind die ungleichen Verbindungen, zu denen alte Herrn unglücklicherweise geneigt sind!
    Der junge Oxforder hatte dagegen eine seiner unverheiratheten Basen aufgefordert, welcher der Schelm ungestraft tausend kleine Streiche spielte. Er war voll von practischen Scherzen, und sein größtes Vergnügen bestand darin, seine Basen und Muhmen zu necken; und dennoch war er, wie alle

Weitere Kostenlose Bücher