Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
sank mein Haupt auf das Kissen, und ich schlief ein.
Der Weihnachtsfeiertag.
Trüb dunkle Nacht, flieh weg von hier,
Und weich’ dem Tag, an welchem wir
Im Winter seh’n des Maien Zier.
* *
*
Was lacht, wie Feld von Korn besä‘t,
Die Winterflur so kalt umweht?
Der Duft von Wiesen neugemäht,
Woher so schnell? – Kommt, schauet hier,
Woher der Dinge Glanz und Zier.
Herrick .
Als ich am nächsten Morgen erwachte, schien es, als ob alle die Ereignisse des vergangenen Abends ein Traum gewesen wären, und nur der Anblick des alten Gemaches überzeugte mich von ihrer Wirklichkeit. Während ich nachsinnend auf meinem Kissen lag, hörte ich den Tritt kleiner Füße, welche vor der Thür trippelten, und ein flüsterndes Berathen. Alsbald sang ein Chor jugendlicher Stimmen einen alten Weihnachtsgesang, dessen Refrain war –
Freut euch, unser Heiland ward geboren,
Am Weihnachtstag’ an dem Morgen.
Ich stand leise auf, schlüpfte in meine Kleider, öffnete plötzlich die Thüre, und sah eine der schönsten kleinen Feen-Gruppen, die sich ein Maler nur denken kann. Sie bestand aus einem Knaben und zwei Mädchen, das älteste nicht über sechs Jahr alt, und alle lieblich wie Seraphim. Sie machten die Runde im Hause umher, und sangen an jeder Stubenthüre, aber meine plötzliche Erscheinung erschreckte sie so, daß sie verstummt errötheten. Sie blieben noch einen Augenblick stehen, spielten mit den Fingern an ihren Lippen, und warfen dann und wann einen schüchternen Blick unter den Augenbraunen hervor, bis sie, wie durch eine plötzliche Anregung, davonsprangen, und als sie sich um eine Ecke des Ganges wandten, hörte ich sie, voll Freude über ihr glückliches Entweichen, laut lachen.
Alles vereinigte sich, um in diesem gediegenen Sitze altmodischer Gastfreiheit angenehme und freudige Gefühle zu erregen. Das Fenster meines Zimmers ging auf eine Gegend hinaus, die im Sommer eine schöne Landschaft sein mußte. Da war ein sich senkender Rasenplatz, ein schöner Bach, der sich am Fuße desselben hinschlängelte, und ein großer Park dahinter, mit edeln Baumgruppen und Herden von Damhirschen. In einiger Entfernung war ein nettes Dörfchen, über welchem der Rauch aus den Schornsteinen seiner Hütten hing, und eine Kirche mit ihrem dunkeln Kirchthurme, welche gegen den klaren kalten Himmel stark hervortrat. Das Haus war, nach englischer Sitte, mit immergrünenden Sträuchern umgeben, welche ihm beinahe ein sommerliches Ansehen gaben; allein der Morgen war sehr kalt; der leichte Dunst des vorigen Abends war von der Kälte herabgedrückt worden, und bedeckte alle Bäume und jeden Grashalm mit seinen schönen Krystallen. Die Strahlen der hellen Morgensonne auf den blitzenden Blättern wirkten blendend. Ein Rothkehlchen, sich auf der Spitze einer Bergesche wiegend, deren rothe Beeren in Trauben dicht vor meinem Fenster hingen, sonnte sich und zwitscherte einige Klagetöne dazu; und ein Pfau entfaltete den ganzen Glanz seines Schweifes und schritt mit dem Stolze und der Würde eines spanischen Grande’s auf dem Terrassen-Wege unten einher.
Ich hatte mich kaum angekleidet, als ein Bedienter erschien, mich zum Hausgebete zu rufen. Er zeigte mir den Weg zu einer kleinen Capelle, im alten Flügel des Hauses, wo ich den größern Theil der Familie bereits in einer Art von Gallerie versammelt sah, die mit Polstern, Kissen und großen Gebetbüchern versehen war; die Dienerschaft saß unten auf Bänken. Der alte Herr las an einem Betpulte im Vorgrund der Gallerie die Gebete, und Meister Simon machte den Kirchendiener und sagte die Responsen, und ich muß ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er dieß mit großer Würde und Anstand that.
Auf den Gottesdienst folgte ein Weihnachtslied, das Herr Bracebridge selbst aus einem Gedichte von seinem Lieblingsschriftsteller, Herrick, entlehnt, und welchem Meister Simon eine alte Kirchenmusik angepaßt hatte. Da unter der Familie mehrere gute Stimmen waren, so war die Wirkung äußerst gefällig; ganz besonders erbaute mich aber die Herzens-Erhebung und der plötzliche Ausbruch des dankbaren Gefühls, womit der würdige Squire eine Strophe hersang; sein Auge glänzte, und seine Stimme überschritt alle Schranken des Takts und Tones:
Du bist’s, der reines Glück bescheert
Auf meinem Heerd,
Und mir den reichen Becher beut
Voll Würz’ und Freud’;
Herr, deine reiche Segenshand
Beglückt mein Land
Und läßt die Saaten, die wir sä‘n,
Zehnfach ersteh’n.
Ich hörte
Weitere Kostenlose Bücher