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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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späterhin, daß ein Frühgottesdienst an jedem Sonn-und Feiertage im Jahre, entweder von Herrn Bracebridge oder irgend einem Mitgliede der Familie gehalten würde. Dieß war sonst auf den Landsitzen der Adeligen und Vornehmen in England allgemein der Fall, und es ist sehr zu bedauern, daß dieser Gebrauch in Abnahme kommt; denn dem stumpfsinnigsten Beobachter muß die Ordnung und Heiterkeit fühlbar werden, welche in den Haushaltungen herrschen, wo die gelegentliche Feier eines schönen äußern Gottesdienstes am Morgen, gleichsam den Ton für die ganze Stimmung des Tages gibt, und jedes Gemüth zum Wohlklange stimmt.
    Unser Frühstück bestand auf dem, was der Squire ächte alte englische Kost nannte. Er erlaubte sich einige bittere Bemerkungen über neuere Frühstücke von Thee und geröstetem Brod, welche er zu den Ursachen der neuern Verweichlichung und schwacher Nerven, und des Verfalls der alten englischen Herzlichkeit rechnete; und obgleich er sie auf seinen Tisch kommen ließ, um dem Gaumen seiner Gäste zu schmeicheln, so war doch ein tüchtiger Vorrath von kaltem Fleisch, Wein und Ale auf dem Nebentisch aufgestellt.
    Nach dem Frühstück machte ich mit Frank Bracebridge und Meister Simon, oder Herrn Simon, wie er von Allen, den Squire ausgenommen, genannt wurde, einen Spaziergang durch die Besitzung. Wir wurden von einer Anzahl vornehmer Hunde, welche zu dem Gute zu gehören schienen, begleitet; von dem hüpfenden Wachtelhunde bis zu dem steifen alten Hühnerhunde; der letztere gehörte zu einer Race, die seit undenklichen Zeiten in der Familie gewesen war; alle gehorchten einer Hundepfeife, welche an Meister Simon’s Knopfloche hing, und mitten in ihren Sprüngen warfen sie dann und wann einen scheuen Blick nach einer kleinen Gerte, die er in der Hand trug.
    Das alte Herrenhaus sah in dem gelben Sonnenscheine noch viel ehrwürdiger aus, als bei dem blassen Mondlicht, und ich konnte nicht umhin, die Wahrheit des Gedankens des Squire anzuerkennen, daß die steifen Terrassen, die schweren Balustraden und die gestutzten Eibenbäume auf stolze Aristokratie hindeuteten. Es schien eine ungewöhnliche Anzahl von Pfauen an diesem Orte zu sein, und ich machte einige Bemerkungen über eine Herde derselben, wie ich es nannte, welche sich im Schutze einer sonnigen Mauer wärmten, als mich Meister Simon freundlich zurechtwies, indem er mir sagte, daß ich, dem ältesten und allgemein angenommenen Jagdbuche zufolge, eine Totte Pfauen sagen müßte. »Auf dieselbe Weise,« fügte er mit einem leicht pedantischen Wesen hinzu, »sagt man eine Flucht Tauben oder Schwalben, ein Volk Lerchen, eine Herde Damhirsche, Zaunkönige oder Kraniche, ein Schwarm Füchse und ein Bau von Raben.« Er fuhr nun fort mir auseinander zu setzen, daß man, Sir Anton Fitzherbert zufolge, diesem Thiere sowohl Verstand als Ruhmsucht zuschreiben müsse; denn, wenn es gelobt würde, breite es sogleich seinen Schweif aus, besonders wenn die Sonne scheine, damit man dessen Schönheit besser sehen könne. Wenn aber bei dem Fall der Blätter sein Schweif ausfalle, trauere es und verberge sich in Winkeln, bis sein Schweif wieder wachse, wie er gewesen sei.«
    Ich konnte nicht umhin, über dieses Auskramen leichter Gelehrsamkeit bei einer so unbedeutenden Sache zu lächeln; aber ich fand, daß die Pfauen auf der Halle als Vögel von einiger Bedeutsamkeit angesehen wurden; denn Frank Bracebridge belehrte mich, daß sie große Lieblinge seines Vaters wären, der sehr darauf halte, die Art fortzupflanzen; theils weil sie zur Ritterlichkeit gehörten, und bei den feierlichen Banketten in alten Zeiten sehr gesucht wurden, und theils weil sie einen Pomp und eine Pracht an sich hätten, die sich zu einem alten Herrenhause sehr passe. Nichts, pflegte er zu sagen, nehme sich stattlicher und würdevoller aus, als ein Pfau, der auf einem altfränkischen steinernen Geländer sitze.
    Meister Simon mußte nun davoneilen, da er die Dorfsänger nach der Kirche bestellt hatte, wo einige Musikstücke von seiner Wahl aufgeführt werden sollten. Es lag etwas ungemein Angenehmes in der lebendigen Fröhlichkeit des kleinen Mannes; und ich gestehe, daß ich einigermaßen überrascht war, ihn Stellen aus Schriftstellern anführen zu hören, die nicht in die Reihe der Alltagslectüre gehörten. Ich erwähnte dieses letztern Umstandes gegen Frank Bracebridge, der mir mit einem Lächeln erzählte, Meister Simon’s ganze Gelehrsamkeit beschränke sich auf ein halbes Dutzend alter

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