Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
erregen hören. Der Witz ist am Ende eine sehr scharfe, beißende Zuthat, und für manche Magen viel zu sauer; treuherzige gute Laune dagegen ist das Oel und der Wein einer fröhlichen Gesellschaft, und es gibt keinen angenehmen Verein, der dem gleicht, wo ein mäßiger Spaß gemacht und viel gelacht wird.
Der Squire erzählte mehrere lange Geschichten von frühern College-Streichen und Abenteuern, an deren manchen der Geistliche Antheil gehabt hatte, ob es gleich, wenn man den Letztern betrachtete, einiger Anstrengung der Einbildungskraft bedurfte, um sich zu denken, daß ein solches kleines schwarzes Gerippe von einem Mann einmal einen tollen Streich verübt habe. In der That, die beiden Universitätscameraden boten ein Bild von dem dar, wozu Menschen durch ihre verschiedene Bestimmung im Leben werden können; der Squire hatte die Universität verlassen, um auf seinen väterlichen Gütern sorgenlos in dem ungestörten Genusse des Glücks und Sonnenscheins zu leben, und hatte ein kräftiges, gesundes Alter erreicht; während der arme Pfarrer dagegen zwischen bestaubten Bänden in dem Schweigen und dem Schatten seines Studirzimmers vertrocknet und verwelkt war. Indessen schien auf dem Boden seiner Seele doch noch immer ein Funken eines beinahe verloschenen Feuers schwach zu glimmen; und als der Squire auf eine schalkhafte Geschichte zwischen dem frommen Mann und einem hübschen Milchmädchen anspielte, die sie einst an den Ufern der Isis angetroffen, machte der alte Herr ein »Alphabet von Gesichtern,« das ich, so viel ich seine Physiognomie enträthseln konnte, wahrhaftig für einen Versuch zum Lachen hielt; in der That habe ich selten einen alten Herrn gesehen, der über die ihm zugeschriebenen Galanterien in seiner Jugend, geradezu böse geworden wäre.
Ich fand, daß die Fluth des Weines und Würzhumpens das trockene Land des nüchternen Urtheils fast zu überschwemmen anfing. Die Gesellschaft ward in dem Grade lustiger und lauter, als ihre Scherze schaaler wurden. Meister Simon war bei so aufgeweckter Laune, wie ein mit Thau angefüllter Grashüpfer; seine alten Lieder nahmen eine wärmere Färbung an, und er fing an, leichtfertig von der Wittwe zu reden. Er gab sogar ein langes Lied über die Bewerbung um eine Wittwe zum Besten, das er, wie er mir sagte, aus einem trefflichen, mit gothischer Schrift gedruckten Buche, »Cupido’s Liebesbewerber,« entnommen hatte. Es enthielt eine Menge guter Rathschläge für Junggesellen und er versprach es mir zu leihen. Der erste Vers begann in diesem Tone:
Wer eine Wittwe freit, der spiele nicht,
Er mache Heu noch bei dem Sonnenschein;
Weh’, wenn er steht und soll ich, soll ich – spricht,
Keck sag’ er, Wittwe, hör’, mein mußt Du sein.
Dieser Gesang begeisterte den dickköpfigen alten Herrn, der mehrere Versuche machte, eine etwas derbe Geschichte aus Joe Miller zu erzählen, die sich gerade dahin schickte; aber er blieb immer in der Mitte stecken, während Alle, ihn selbst ausgenommen, das Ende auswendig wußten. Auch an dem Geistlichen begann die Wirkung der Speisen und des Tranks sich zu zeigen, denn er war allmählig in Schlummer gesunken, und seine Perücke saß sehr verdächtig auf der einen Seite. Gerade in diesem kritischen Momente wurden wir in das Gesellschaftszimmer gerufen, wie ich vermuthe, auf geheime Veranlassung unseres Wirthes, dessen Fröhlichkeit immer mit einer gehörigen Rücksicht auf die Schicklichkeit Hand in Hand zu gehen schien.
Nachdem der Eßtisch weggenommen worden war, ward die Halle den jüngeren Mitgliedern der Familie überlassen, die, von dem Oxforder Studenten und Meister Simon zu allen Arten von lärmender Lustigkeit getrieben, die alten Mauern des Saales von ihrer Lust wiederhallen machten, als sie ihre lärmenden Spiele anstellten. Ich finde großes Vergnügen daran, den Spielen der Kinder zuzusehen, und vorzüglich in dieser glücklichen Festtagszeit, und konnte nicht umhin, mich, als ich sie abermals ein helles Gelächter aufschlagen hörte, auf dem Gesellschaftszimmer wegzuschleichen. Ich fand sie beim Blindekuhspiel. Meister Simon, der der Leiter ihrer Feste war, und bei allen Gelegenheiten das Amt jenes alten Machthabers, des Fürsten der Ungebühr [Fußnote: »Zu Weihnachten war in dem Hause des Königs, wo er auch wohnen mochte, ein Fürst der Ungebühr, oder der Meister der lustigen Spiele und einen gleichen hattet ihr in dem Hause eines jeden Edelmannes von Ehre oder Ansehen, geistlich und weltlich.«] , zu
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