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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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verwalten schien, stand mit verbundenen Augen in der Mitte der Halle. Die kleinen Wesen waren so geschäftig um ihn her, wie die falschen Feen um Falstaff; ihn kneipend, bei den Schößen seines Rocks zupfend und mit Strohhalmen kitzelnd. Ein blauäugiges Mädchen von ungefähr dreizehn Jahren, deren Flachshaar in lieblicher Verwirrung um den Kopf hing, deren fröhliches Gesicht glühte, und deren Kleid halb von den Schultern herabhing, war die Hauptquälerin; und, nach der Schalkheit zu schließen, womit Meister Simon das kleinere Wild vermied, und diese kecke kleine Nymphe in die Winkel drängte, und sie zwang, schreiend über die Stühle hinwegzuspringen, hatte ich den Bösewicht in Verdacht, daß er nicht um ein Haar blinder war, als er sein wollte.
    Als ich in das Gesellschaftszimmer zurückkehrte, fand ich Alle um das Feuer sitzen und dem Geistlichen zuhören, welcher tief in einem hochlehnigen eichenen Stuhle steckte, eine Arbeit irgend eines kunstvollen Meisters der alten Zeit, und ganz besonders zu seiner Bequemlichkeit aus der Bibliothek herbeigebracht. Aus diesem ehrwürdigen Stück Möbel, zu welchem seine Schattenfigur und sein dunkles verschrumpftes Gesicht so vortrefflich paßten, erzählte er sonderbare Geschichten von dem Volksaberglauben und den Legenden der Gegend umher, mit welcher er im Laufe seiner antiquarischen Untersuchungen bekannt worden war. Ich bin halb geneigt, zu glauben, daß der alte Herr selbst ein wenig mit Aberglauben gesättigt war, wie dieß den Leuten wohl begegnet, die in einer entlegenen Gegend des Landes ein abgeschiedenes, gelehrtes Leben führen, und über den mit Mönchsschrift gedruckten Werken brüten, die so oft mit wunderbaren und übernatürlichen Dingen angefüllt sind. Er theilte uns mehrere Mährchen der benachbarten Bauern in Betreff des Bildes des Kreuzfahrers mit, welches auf dem Grabmal bei dem Altar in der Kirche lag. Da dieß das einzige Denkmal der Art in diesem Theile des Landes war, so wurde es von den guten Frauen des Dorfes immer mit einer Art abergläubischer Regung betrachtet. Man sagte, es stehe in stürmischen Nächten, namentlich wenn es donnere, aus dem Grabe auf und mache die Runde auf dem Kirchhofe; und eine alte Frau, deren Hütte an den Kirchhof stieß, hatte es durch die Kirchenfenster, als der Mond schien, langsam in den Seitengängen auf und ab gehen sehen. Es herrschte der Glaube, daß der Verstorbene irgend ein Unrecht nicht wieder gut gemacht, oder irgend einen Schatz vergraben habe, der seinen Geist quäle und nicht ruhen lasse. Einige sprachen von Gold und Juwelen, welche in dem Grabe verscharrt wären, und die das Gespenst bewache; auch erzählte man eine Geschichte aus alten Zeiten von einem Küster, der in der Nacht das Grab erbrechen wollte, aber in dem Augenblicke, wo er daran kam, einen heftigen Schlag von der Marmorhand des Bildes bekam, der ihn besinnungslos auf das Pflaster streckte. Einige der Beherzteren unter den Landleuten lachten oft über diese Erzählungen; aber wenn die Nacht herankam, wollten doch viele von den Hauptzweiflern sich nicht allein auf den Fußsteig, der über den Kirchhof führte, wagen.
    Nach diesen und mehreren anderen Anecdoten, die ebenfalls erzählt wurden, schien der Kreuzfahrer der Lieblingsheld der Geistergeschichten in der Nachbarschaft zu sein. Sein Bild im Saale, hatte, dem Glauben der Dienerschaft nach, etwas Uebernatürliches an sich; denn sie hatten bemerkt, daß, wohin man auch in dem Saale ging, die Augen des Kriegers einen immer anblickten. Auch versicherte die Frau des alten Pförtners im Pförtnerhäuschen, welche in der Familie geboren und erzogen war und gern mit den Mädchen des Haushaltes zu plaudern pflegte, sie habe in ihren jungen Tagen es oft erzählen gehört, wie am Vorabend des St. Johannistages, wo, wie allbekannt, die Geister, Kobolde und Feen aller Arten sichtbar würden und umgingen, der Kreuzfahrer sein Roß zu besteigen, aus dem Bilde hervorzukommen, um das Haus, dann die Allee hinunter und so nach der Kirche zu reiten pflege, um sein Grab zu besuchen, wo alsdann die Kirchenthüre sehr höflich von selbst sich öffne; nicht als ob er das gerade nöthig habe; denn er reite durch verschlossene Thüren und selbst durch steinerne Mauern, und eines von den Milchmädchen habe es deutlich gesehen, wie er zwischen zwei Stangen des Parkthores hindurch geritten sei, und sich so dünn wie ein Blatt Papier gemacht habe.
    All dieser Aberglaube wurde, wie ich fand, von dem Squire sehr

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