Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Studenten bei seinem Liede an, welche, wie er versicherte, ganz von der verschieden sei, wie man sie im College sänge. Mit der trockenen Beharrlichkeit eines Erläuterers, begann er, die Leseart des College, mit Anmerkungen begleitet, zu geben; wobei er sich zuerst an die ganze Gesellschaft wandte, sodann, da er fand, daß deren Aufmerksamkeit auf andere Gespräche und andere Gegenstände gerichtet war, seinen Ton nach der verminderten Anzahl seiner Zuhörer dämpfte, bis er seine Bemerkungen mit halber Stimme gegen einen dickköpfigen alten Herrn, neben ihm schloß, der stillschweigend einen großen Teller mit Truthahnsbraten verarbeitete. [Fußnote: Die alte Feierlichkeit, den Eberkopf am Weihnachtsfeiertage aufzutragen, wird noch in dem Speisesaale von Queen’s College in Oxford beobachtet.]
Die Tafel war, im buchstäblichen Sinne des Worts, mit Speisen belastet, und bot in dieser Zeit, wo alle Speisekammern bis zum Uebermaß gefüllt sind, einen Inbegriff ländlichen Ueberflusses dar. Eine ausgezeichnete Stelle war dem altfränkischen Rinderbraten angewiesen, wie mein Wirth ihn nannte, indem er hinzufügte, dieser sei das Wahrzeichen der alten englischen Gastfreiheit, nehme sich gut aus und gebe zu Erwartungen Anlaß. Mehrere Gerichte waren auf eine eigenthümliche Art verziert, und in ihren Verzierungen lag augenscheinlich etwas, das sich auf alte Sagen gründete; da ich aber nicht gern für sehr neugierig angesehen sein mochte, so that ich keine weiteren Fragen.
Ich konnte indessen nicht umhin, eine Pastete zu bemerken, prachtvoll mit Pfauenfedern verziert, die den Schweif des Thiers nachahmten, und einen großen Theil des Tisches überschatteten. Dieß, gestand der Squire, mit einigem Zögern, sei eine Fasanenpastete, obgleich eine Pfauenpastete allerdings das Echte wäre; es sei indessen in diesem Jahre unter den Pfauen eine solche Sterblichkeit eingerissen, daß er es unmöglich über sich habe bringen können, einen davon schlachten zu lassen. [Fußnote: Der Pfau war in alten Zeiten bei festlichen Bewirthungen unentbehrlich. Zuweilen ward er in eine Pastete gethan, an deren einem Ende der Kopf mit seinem Gefieder und mit reich vergoldetem Schnabel hervorragte; am andern aber der Schweif sich in seiner ganzen Pracht zeigte. Solche Pasteten wurden bei den feierlichen Mahlen in den Ritterzeiten aufgetragen, wo die irrenden Ritter sich anheischig machten, irgend ein gefahrvolles Abenteuer zu bestehen; daher der alte Schwur, dessen sich auch der Ritter Shallow bediente, »bei Pfau und Pastete!«
Der Pfau war auch ein wichtiges Gericht für ein Weihnachts-Mittagsessen und Massinger gibt uns in seiner Stadtdame einen Begriff von der Verschwendung, womit diese sowohl als andere Speisen zu den schwelgerischen Gastmahlen aller Zeiten zubereitet wurden.
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Es würde für meine weiseren Leser, welche wohl diese närrische Vorliebe für seltsame und verschollene Dinge, wozu ich mich etwas hinneige, nicht haben, vielleicht langweilig sein, wenn ich die übrigen Auskunftsmittel dieses würdigen alten Charakters herzählen wollte, wodurch er, wenn gleich nur ganz entfernt, die eigenthümlichen Gebräuche des Alterthums nachzuahmen suchen wollte. Es machte mir indessen großes Vergnügen, zu bemerken, mit welcher Schonung seine Kinder und Verwandten seine Eigenthümlichkeiten behandelten, da sie doch, ohne Zweifel, schon bei manchen Proben derselben gegenwärtig gewesen waren. Ungemein belustigte mich auch die ernste Würde, womit der Hausverwalter und die übrigen Bedienten die ihnen aufgetragenen Geschäfte, so ungewöhnlich sie auch waren, verrichteten. Sie hatten ein altfränkisches Aussehen; denn der größere Theil derselben war im Schlosse aufgewachsen, und hatte sich nach dem veralteten Hause und den Launen seines Herrn gestaltet, und sahen seine sonderbaren Anordnungen höchst wahrscheinlich als die hergebrachten Gesetze eines anständigen Haushalts an.
Als das Tischtuch hinweggenommen war, brachte der Kellermeister ein gewaltiges silbernes Trinkgeschirr, von künstlicher und seltsamer Arbeit, herein, welches er vor den Squire setzte. Die Erscheinung desselben ward mit Jubel begrüßt, denn es war der bei den Weihnachtsfeierlichkeiten so berühmte Humpen. Der Inhalt desselben war von dem Squire selbst bereitet worden; es war ein Getränk, auf dessen geschickte Mischung er sich besonders viel zu Gute that; anführend, daß es zu gelehrt und verwickelt für den Verstand eines gewöhnlichen Bedienten sei. In der
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