Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
That hätte das Getränk einem Zecher das Herz im Leibe hüpfen machen können, denn es war aus den stärksten und ausgesuchtesten Weinen zusammengesetzt, stark gewürzt und gesüßt, und geröstete Aepfel tanzten auf der Oberfläche desselben umher.
[Fußnote: Der Humpen war zuweilen mit Ale statt mit Wein gefüllt, wozu Muskatennuß, Zucker, geröstetes Brod, Pfeffer und geröstete Aepfel kamen, auf welche Weise dieß dunkelbraune Getränk noch jetzt in einigen alten Familien und an dem Herde wohlhabender Pächter zur Weihnachtszeit bereitet wird. Es hat auch den Namen Lammwolle, und Herrick besingt es in seiner zwölften Nacht:
Dann krönt den Becher voll,
Mit sanfter Lammeswoll,
Thut Zucker, Ingwer, Muskatnuß hinein
Viel Ale auch nun;
So müßt ihr thun,
Soll der Humpen ein tüchtiger sein.
]
Des alten Herrn ganzes Gesicht leuchtete von innerem Vergnügen, als er diese mächtige Schale umrührte. Nachdem er sie zu seinen Lippen erhoben, mit einem herzlichen Wunsche auf fröhliche Weihnachten für alle Anwesenden, schickte er sie, bis an den Rand voll, herum, damit Jeder, nach alter Sitte, seinem Beispiel folgen möchte, sie »den alten Born wohlwollender Gefühle, in dem sich alle Herzen begegneten,« nennend. [Fußnote: »Die Sitte, aus einem Becher zu trinken, hat der Platz gemacht, daß Jeder seinen eigenen Becher hat. Wenn der Haushofmeister mit dem Humpen an die Thür kam, mußte er drei Mal Humpen, Humpen, Humpen , rufen, und dann der Caplan ihm mit einem Liede antworten.«
Archäologia.
– Anm. des Verf. ]
Es entstand viel Gelächter und Scherz, während das treuherzige Sinnbild des Weihnachtfestes in der Runde umherging und von den Frauen ziemlich züchtig geküßt wurde. Als es an Meister Simon kam, erhob er es mit beiden Händen, und stimmte, mit der Miene eines lustigen Gesellen, ein altes Trinklied an:
Der braune Humpen,
Der lust’ge braune Humpen,
Wie rund er kreist am Tisch.
Wein,
‘Nein;
Wie auch die Welt mag schrei’n,
Leert eure Gläser frisch.
Die tiefe Kanne,
Die lust’ge tiefe Kanne,
Setzt man sich tüchtig an!
Sing,
Kling,
Gibt’s wohl ein lust’ger Ding?
Gelächter schalle dann.
Die Unterhaltung drehte sich bei dem Mittagsessen größtentheils um Familienangelegenheiten, die mir fremd waren. Meister Simon ward indessen sehr mit einer lustigen Wittwe geneckt, mit welcher er eine Art Verbindung haben sollte. Dieser Angriff ging von den Damen aus, wurde aber das ganze Mittagsessen hindurch von dem dickköpfigen alten Herrn neben dem Geistlichen mit der unermüdlichen Ausdauer eines langsamen Jagdhundes fortgesetzt, denn er war einer der langathmigen Spaßmacher, die, wenn sie gleich nicht leicht ein Wild aufjagen, dennoch ihres Gleichen suchen, es zu Schande zu jagen. Bei jeder Pause in der allgemeinen Unterhaltung fing er seine Spötteleien beinahe mit denselben Worten wieder an; er blinzte mir mit beiden Augen zu, wenn er Meister Simon, wie er glaubte, einen tüchtigen Streich versetzt hatte. Dieser schien in der That es nicht ganz ungern zu sehen, daß er mit diesem Gegenstand geneckt wurde, wie dieß bei alten Junggesellen gewöhnlich der Fall ist; auch nahm er die Gelegenheit wahr, mir leise zu versichern, daß die bewußte Dame eine sehr hübsche Frau sei, und ihren einrädrigen Wagen[[? engl. curricle = zweirädriger (einachsiger) Wagen]] selbst fahre.
Die Mittagsessenszeit ging in dieser unschuldigen Fröhlichkeit vorüber, und obgleich die alte Halle zu ihrer Zeit oft von manchem lautern Fest und Gelag ertönt haben mag, so zweifele ich doch, daß sie je eine treuherzigere und aufrichtigere Freude in ihren Mauern gesehen hat. Wie leicht wird es einem wohlwollenden Wesen, Freude um sich her zu verbreiten; und wie wahr ist es, daß ein gutes Herz eine Quelle der Fröhlichkeit ist, die Alles um sich her zum Lächeln erquickt! Die fröhliche Stimmung des würdigen Squire war vollkommen ansteckend; er selbst war glücklich und geneigt die ganze Welt glücklich zu machen, und die kleinen Ausschweifungen seiner Launen milderten gewissermaßen seine Menschenliebe allein.
Als die Damen sich entfernt hatten, ward die Unterhaltung, wie gewöhnlich, noch belebter; es wurden viele gute Dinge zu Tage gebracht, an die man während des Essens gedacht hatte, die sich aber nicht gerade für Frauenohren schickten, und obgleich ich nicht bestimmt behaupten kann, daß sehr viele Witze zum Vorschein kamen, so habe ich doch gewiß manchen Wettstreit ausgezeichneten Witzes viel weniger Lachen
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