Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Regierung des guten Peter Stuyvesant (der in Frieden ruhen möge!) gegründet wurde, und noch vor wenigen Jahren standen einige Häuser der ursprünglichen Anbauer da, welche aus kleinen gelben aus Holland noch mit herüber gebrachten Backsteinen erbaut waren, mit Jalousieen und Vordergiebeln, auf denen Wetterhähne thronten.
In diesem Dorfe, und in einem der so eben genannten Häuser (das, geradezu gesagt, sehr verfallen und verwittert war) wohnte vor manchen Jahren, während das Land noch eine Provinz von England war, ein einfältiger, gutmüthiger Mensch, Rip van Winkle genannt. Er war ein Abkömmling der van Winkle, welche in den ritterlichen Tagen Peter Stuyvesant’s sich so hochherzig bewiesen, und ihn zu der Belagerung von Fort Christian begleitet hatten. Von dem kriegerischen Charakter seiner Ahnen hatte er jedoch nur wenig geerbt. Ich habe bemerkt, daß er ein einfältiger gutmüthiger Mensch war; überdieß hatte er aber auch die Eigenschaft eines guten Nachbars und eines gehorsamen, dem Pantoffel unterworfenen Ehemannes. In der That, dem letzteren Umstande dürfte auch wohl die Sanftmuth des Geistes, welche ihn so allgemein beliebt gemacht hatte, am meisten beizumessen gewesen sein; denn diejenigen Männer, welche zu Hause unter der Zucht des Pantoffels stehen, sind außer demselben immer sehr nachgiebig und friedlich. Ohne Zweifel wird ihr Charakter in dem feurigen Ofen häuslicher Plage geschmeidig und biegsam gemacht, und eine Gardinenpredigt wiegt alle Predigten in der Welt auf, wenn es darauf ankommt, die Tugenden der Geduld und eines langen Leidens zu lehren. Eine böse Sieben kann daher, in gewisser Hinsicht, als ein erträglicher Segen angesehen werden, und wenn das ist, so war Rip van Winkle dreifach gesegnet.
Soviel ist gewiß, daß er ein großer Liebling der Hausfrauen im Dorfe war, die, wie es bei dem schönen Geschlechte gewöhnlich der Fall ist, bei den Familienzänkereien jedesmal seine Partei nahmen, und niemals, wenn sie bei ihren Abendunterhaltungen diese Dinge besprachen, zu verfehlen pflegten, alle Schuld auf die Frau van Winkle zu schieben. Auch die Kinder im Dorfe jauchzten vor Freuden, sobald er sich näherte. Er stand ihnen bei ihren Spielen bei, machte ihnen Spielsachen, lehrte sie Drachen steigen und Murmel spielen, und erzählte ihnen lange Geschichten von Geistern, Hexen und Indianern. Wo er nur im Dorfe umherschlenderte, war er auch von einem Haufen derselben umgeben, die an seinen Rockschößen hingen, ihm auf dem Rücken saßen, und ihm, ungestraft, tausend kleine Streiche spielten; und nicht ein Hund in der ganzen Gegend hätte ihn angebellt.
Der große Fehler in Rip’s Charakter war eine unüberwindliche Abneigung gegen alle Arten von erklecklicher Arbeit. Nicht, daß es ihm an Fleiß oder Beharrlichkeit gefehlt hätte; denn er konnte auf einem feuchten Felsen mit einer Angelruthe, so lang und schwer als eine Tatarlanze, sitzen und den ganzen Tag ohne Murren angeln, selbst, wenn ihm auch nicht ein einziger Gründling neuen Muth gab. Er konnte Stunden lang eine Vogelflinte auf der Schulter tragen, durch Wälder und Moräste, Berg auf und Thal ab trollen, um einige Eichhörnchen oder Waldtauben zu schießen. Er schlug es nie einem Nachbar ab, ihm bei den schwersten Arbeiten zu helfen, und war immer voran bei allen ländlichen Ergötzlichkeiten, wenn es Welschkorn auszuhülsen oder steinerne Friedigungen aufzubauen gab; auch pflegten ihn die Frauen im Dorfe dazu zu gebrauchen, ihre Gänge zu machen und allerhand kleine Dienste zu verrichten, zu welchen ihre weniger gefälligen Ehemänner nicht geneigt waren. Mit einem Wort, Rip war bereit zu aller Leute Geschäften, nur nicht zu seinen eigenen; denn seine häusliche Pflicht zu thun und seine Besitzung in Ordnung zu halten, das fand er unmöglich.
Er erklärte in der That, es sei unnöthig, wenn er auf seinem Hofe arbeite: es sei das schändlichste kleine Stück Grund in dem ganzen Lande; alles darauf gehe verkehrt und würde verkehrt gehen, was er auch thun möge. Seine Zäune fielen beständig zusammen; seine Kuh verlief sich entweder oder gerieth in den Kohl; auf seinen Feldern wüchse das Unkraut gewiß schneller als irgendwo anders; der Regen mache sich ein Geschäft daraus immer dann zu kommen, wenn er irgend etwas außer dem Hause zu thun habe; so daß, obgleich sein väterliches Erbgut, Morgen für Morgen, unter seinen Händen hinweg geschmolzen war, bis wenig mehr als ein bloßer Fleck für Welschkorn und
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