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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Kartoffeln übriggeblieben, selbst dieser als die schlechteste Besitzung in der ganzen Gegend angesehen werden konnte.
    Auch seine Kinder waren so zerlumpt und wild, als ob sie Niemandem angehörten. Sein Sohn Rip, ihm sehr ähnlich, versprach, mit den alten Kleidern des Vaters, auch seine Gewohnheiten zu erben. Man sah ihn gewöhnlich, wie ein Füllen, seiner Mutter auf der Ferse nachtraben, ausstaffirt mit einem Paar alter abgelegter Pluderhosen seines Vaters, die er, wie eine zierliche Dame bei schlechtem Wetter ihre Schleppe trägt, mit einer Hand empor zu halten, die größte Noth hatte.
    Rip van Winkle war indeß einer von jenen glücklichen Sterblichen, von den thörichten, gutgeölten Charakteren, welche die Welt auf die leichte Achsel nehmen, weißes oder schwarzes Brod essen, je nachdem sie eines oder das andere mit wenigerem Kopfbrechen oder Mühe bekommen können, und lieber bei einem Pfennig verhungern, als um einige Thaler die Hand rühren. Wäre er sich selbst überlassen gewesen, so würde er in vollkommener Zufriedenheit das Leben durchgepfiffen haben; aber seine Frau lag ihm beständig wegen seiner Trägheit, seiner Sorglosigkeit und des Verderbens, das er über seine Familie brachte, in den Ohren. Morgens, Nachmittags und Abends war ihre Zunge stets in Bewegung, und Alles, was er sagte oder that, verursachte ihm gewiß einen Strom häuslicher Beredsamkeit. Rip hatte nur eine Art, auf all dergleichen Predigten zu antworten, und diese war ihm, durch den häufigen Gebrauch, zur Gewohnheit geworden. Er zuckte die Achseln, schüttelte seinen Kopf, schlug seine Augen gen Himmel, aber er sagte nichts. Dieß zog ihm jedoch jedesmal eine frische Ladung von seinem Weibe zu, so daß er froh war, seine Truppen zusammen zu ziehen und das Freie zu gewinnen – der einzige Ort, auf dem ein unter dem Pantoffel stehender Ehemann sein eigner Herr ist.
    Rip’s einziger Anhänger im Hause war sein Hund Wolf, der eben so sehr als sein Herr unter dem Pantoffel stand; denn Frau van Winkle sah Beide als Genossen im Nichtsthun an, und schaute selbst auf Wolf mit bösen Augen, weil sie ihn für die Ursache der häufigen Abwege seines Herrn hielt. Wahr ist es, in Allem, was man einem rechtlichen Hunde zumuthen kann. zeigte er sich als ein so beherztes Thier, wie je ein’s die Wälder durchstrichen – allein welcher Muth kann dem immerwährenden und Alles überwältigenden Schrecken, den eine Weiberzunge einflößt, sich entgegenstellen? Sobald Wolf in das Haus trat, fiel sein Muth, er ließ den Schwanz sinken, oder nahm ihn zwischen die Läufe, schlich mit einem Galgengesicht umher, warf manchen Seitenblick auf Frau van Winkle, und bei dem kleinsten Geräusch eines Besenstiels oder einer Kochkelle flog er mit belfernder Eile nach der Thüre.
    Es wurde schlimmer und schlimmer mit Rip van Winkle, so wie die Jahre seines ehelichen Lebens sich mehrten; ein herbes Gemüth wird mit der Zeit nicht milder, und eine scharfe Zunge ist das einzige schneidende Werkzeug, welches durch beständigen Gebrauch schärfer wird. Lange Zeit pflegte er sich damit zu trösten, daß er, aus dem Hause getrieben, eine Art von ständigen Club der Weisen, Philosophen und anderer Müßiggänger des Dorfes besuchte, der seine Sitzungen auf einer Bank vor der Thür einer kleinen Schenke hielt, welche ein hochrothes Bildniß Seiner Majestät Georg’s des Dritten zum Schilde hatte. Hier pflegten sie in den langen faulen Sommertagen im Schatten zu sitzen, von Dorfgeklatsche durcheinander zu schwatzen, oder endlose schläfrige Geschichten über gar nichts zu erzählen. Indessen wurde doch mancher Staatsmann Geld darum gegeben haben, hätte er die tiefsinnigen Erörterungen mit anhören können, die zuweilen auf die Bahn kamen, wenn ihnen zufällig eine alte Zeitung von einem durchkommenden Reisenden in die Hand fiel. Wie feierlich hörten sie dann auf den Inhalt, wie ihn Derrick van Bummel, der Schulmeister, herausstotterte, ein flinker, gelehrter, kleiner Bursche, der auch durch das riesenhafteste Wort in dem Wörterbuche nicht zu zähmen war; und wie weise berathschlagten sie dann über öffentliche Ereignisse, einige Monate nachdem sie stattgefunden hatten.
    Die Aussprüche dieser Junta standen durchaus unter der Leitung des Nicolas Vedder, eines Patriarchen des Dorfes und Besitzers der Schenke, an deren Thür er vom Morgen bis Abend seinen Sitz nahm, dabei sich nur gerade so viel bewegend, als nöthig war, die Sonne zu vermeiden und den Schatten eines

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