Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
bog, brach er doch nie; und obgleich er sich bei dem leichtesten Drucke krümmte, so war er doch im Augenblicke – wo dieser nicht mehr wirkte, husch! so grade und trug seine Nase so hoch als jemals.
Gegen seinen Nebenbuhler offen zu Felde zu ziehen, würde eine Tollheit gewesen sein; denn dieser war kein Mann, der sich bei seinen Liebschaften in die Quere kommen ließ, eben so wenig, als jener stürmische Liebhaber, Achilles. Ichabod begann daher seine Bewerbungen auf eine ruhige, sanfteinschmeichelnde Weise. Unter dem Deckmantel seines Charakters als Singlehrer, machte er häufige Besuche im Hause; nicht, als wenn er von den unangenehmen Einmischungen der Eltern, welche so oft auf dem Pfade der Liebenden zum Steine des Anstoßes werden, etwas zu fürchten gehabt hätte. Balt van Tassel war eine leicht zu behandelnde, nachsichtige Seele; er liebte seine Tochter noch mehr, als seine Pfeife, und ließ ihr, wie ein vernünftiger Mann und trefflicher Vater, in allen Dingen ihren Willen. Seine ehrliche kleine Frau hatte ebenfalls genug mit ihrem Hauswesen und der Sorge für ihr Geflügel zu thun; denn, wie sie sehr weise bemerkte, Enten und Gänse sind alberne Dinger, nach denen man zu sehen hat, Mädchen aber können auf sich selbst Acht geben. Während also die geschäftige Frau sich im Hause umher tummelte, oder an dem einen Ende des Bogenganges ihr Spinnrad in Bewegung setzte, saß der ehrliche Balt, sein Abendpfeifchen rauchend, an dem andern, und beobachtete die Thaten eines kleinen hölzernen Soldaten, der, mit einem Säbel in jeder Hand, auf der Dachspitze der Scheune den Wind tapfer bekämpfte. Während der Zeit betrieb Ichabod seine Bewerbungen bei der Tochter, an dem Bache unter der großen Ulme, oder indem er mit ihr im Zwielicht, dieser der Beredsamkeit der Liebenden so günstigen Stunde, spazieren ging.
Ich gestehe, daß ich nicht weiß, wie man um Frauenzimmer eigentlich werben und sie gewinnen kann. Für mich sind sie immer Gegenstände des Errathens und der Bewunderung gewesen. Einige scheinen nur Eine verwundbare Stelle oder Einen Zugangsort zu haben; während man zu Anderen auf tausend Wegen gelangen, und sie auf tausend verschiedene Arten gewinnen kann. Es ist ein großer Triumph der Gewandtheit, wenn man die erstern gewinnen kann; allein es zeugt von ungleich größerm Feldherrntalent, wenn man sich der letztern zu bemeistern weiß; denn ein Mann muß, um die Festung zu erobern, jede Thür und jedes Fenster bestürmen. Wer tausend gewöhnliche Herzen gewinnt, ist daher einiges Ruhmes werth; wer aber eine unbestrittene Macht über das Herz einer Coquette ausübt, ist in der That ein Held. Gewiß ist es, daß dieß bei dem furchtbaren Brom Bones nicht der Fall war; und von dem Augenblick an, wo Ichabod Crane seine Bewerbung anfing, neigte sich der Glücksstern des Ersteren auffallend; man sah sein Pferd nicht mehr an den Sonntagsabenden an das Stacket gebunden, und eine tödtliche Fehde entstand allmählig zwischen ihm und dem Schullehrer aus der schläfrigen Schlucht.
Brom, der einen Grad roher Ritterlichkeit in seinem Wesen hatte, würde die Sache gern bis zum offenen Kriege getrieben, und die Ansprüche, welche Beide auf die Dame machten, nach Art jener kräftigen, einfachen Logiker, der irrenden Ritter alter Zeiten – durch einen Zweikampf ausgemacht haben; allein Ichabod war sich der Ueberlegenheit seines Gegners zu sehr bewußt, um gegen ihn in die Schranken zu treten; er hatte von der Drohung des Bones gehört: »daß er den Schulmeister zusammenlegen, und auf einen Schrank stellen wollte,« und er hütete sich zu sehr, ihm dazu Gelegenheit zu geben. Es lag etwas ungemein verdrießliches in diesem hartnäckigen feindlichen Systeme; es blieb Bones nichts Anderes übrig, als all’ den rohen Muthwillen, welcher ihm zu Gebote stand, in Bewegung zu setzen, und seinem Nebenbuhler praktische bäuerische Streiche zu spielen. Ichabod wurde der Gegenstand der launenhaftesten Verfolgung von Seiten Bones und seiner Bande roher Reiter. Sie beunruhigten sein bisher friedliches Gebiet, räucherten seine Singschule ein, indem sie den Schornstein verstopften; brachen bei Nacht in das Schulhaus, der furchtbaren Befestigung von Weidenruthen und Fensterstangen ungeachtet, und kehrten das Unterste zu Oberst, so daß der arme Schullehrer zu glauben anfing, sämmtliche Hexen aus der Nachbarschaft hielten hier ihre Zusammenkünfte. Was aber bei weitem unangenehmer war, Brom benutzte jede Gelegenheit, ihn in
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