Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
welches Alles er so leicht verrichtete, wie Jemand jetzt sich mit dem Vorlegemesser einen Weg in eine Weihnachtspastete bahnen würde, worauf die Dame ihm, wie sich von selbst versteht, ihre Hand reichte. Ichabod dagegen mußte sich einen Weg zu dem Herzen einer Dorf-Coquette bahnen, von einer Menge Eigenheiten und Launen umlagert, die ihm alle Augenblicke neue Schwierigkeiten und Hindernisse in den Weg legten; er hatte einen Schwarm furchtbarer Gegner von Fleisch und Blut, die zahlreichen ländlichen Bewunderer zu bekämpfen, welche jedes Thor zu ihrem Herzen besetzt hielten, wachsam und grollend einander beobachteten und bereit waren, für die gemeinschaftliche Sache gegen jeden neuen Bewerber in das Feld zu rücken.
    Unter diesen war der furchtbarste ein plumper, lärmender, tobender Bursche, Namens Abraham, oder, wie die Holländer den Namen abzukürzen pflegten, Brom van Brunt, der Held der Gegend umher, welche von seinen gewaltigen Thaten widerhallte. Er war breitschultrig und doppelsehnig, hatte kurzes, krauses, schwarzes Haar, und ein rohes, aber nicht unangenehmes Gesicht, in welchem sich eine Mischung von Lustigkeit und Anmaßung aussprach. Wegen seiner herkulischen Thaten und seiner großen Gliederstärke hatte er den Spottnamen Brom Bones (Brom-Knochen) erhalten, unter welchem er allgemein bekannt war. Er war seiner großen Kenntniß und Gewandtheit in der Reitkunst wegen berühmt, und so gut zu Pferde, als ein Tartar. Er war der Erste bei allen Wettrennen und Hahnengefechten; und bei der Ueberlegenheit, welche auf dem Lande körperliche Stärke immer zu verschaffen pflegt, war er in allen Streitigkeiten der Schiedsrichter, wo er seinen Hut auf die eine Seite setzte, und seine Aussprüche mit einer Art und einem Tone von sich gab, die keine Einrede und keine fernere Ansprache zuließen. Er war immer bereit zu Schlägereien oder zu einer Lustbarkeit; in seinem Wesen war mehr Neigung zum Unfug, als eigentliche Bosheit; und, bei aller seiner gewaltigen Rohheit, hatte er doch einen starken Zug leichtfertiger Gutmüthigkeit im Herzen. Er hatte drei oder vier lustige Gesellen seines Gelichters, welche ihn als ihr Muster betrachteten, und an deren Spitze er die Gegend durchstrich und jedem Handel, jeder Lustbarkeit viele Meilen in der Runde beiwohnte. Bei kaltem Wetter zeichnete er sich durch eine Pelzmütze aus, mit einem fliegenden Fuchsschwanze darüber; und wenn die Landleute bei irgend einer allgemeinen Versammlung diese wohlbekannte Helmzierde in einiger Entfernung aus einem Haufen gewaltiger Reiter hervorwinken sahen, so gingen sie immer aus dem Wege, denn sonst gab es Sturm. Zuweilen hörte man seine Mannschaft in der Mitternacht mit einem gewaltigen Geschrei und Halloh, wie einen Trupp donischer Kosacken an den Meierhöfen vorbeisprengen, und die alten Frauen, aus ihrem Schlafe aufgeschreckt, lauschten wohl einen Augenblick, bis das Braus und Saus vorbeigerasselt war, und riefen dann: »das ist Brom Bones mit seiner Bande!« Die Nachbarn betrachteten ihn mit einer Mischung von Furcht, Bewunderung und Zuneigung, und schüttelten, sobald irgend ein toller Streich oder eine Schlägerei in der Gegend vorfiel, jedesmal den Kopf, und glaubten zuverlässig, Brom Bones sei dabei besonders im Spiele gewesen.
    Dieser wüste Held hatte seit einiger Zeit die blühende Katharina zum Gegenstande seiner plumpen Galanterien ausersehen, und obgleich seine verliebten Zärtlichkeiten etwas von den zarten Liebkosungen und Schmeicheleien eines Bären an sich hatten, so flüsterte man doch, daß sie seine Hoffnungen nicht ganz wegweise. Gewiß ist es, sein Vortreten war die Losung für das Zurückziehen der übrigen Bewerber, die keine Lust fühlten, einem Löwen bei seiner Liebe im Wege zu stehen; wenn man also Sonntag Abends sein Pferd an van Tassel’s Stacket angebunden sah, ein sicheres Zeichen, daß dessen Herr drinnen den Hof mache, oder, wie man es nennt, »den Angenehmen spiele,« so gingen alle übrigen Bewerber in Verzweiflung vorüber und spielten den Krieg in eine andere Gegend.
    Dieß war der furchtbare Nebenbuhler, gegen den Ichabod Crane zu kämpfen hatte, und, Alles genau betrachtet, würde ein Stärkerer als er, von der Mitbewerbung zurückgetreten sein, und ein Klügerer würde jede Hoffnung aufgegeben haben. In seinem Wesen lag aber eine glückliche Mischung von Biegsamkeit und Beharrlichkeit; er war der Gestalt und dem Geiste nach wie ein geschmeidiger Draht – nachgiebig, aber zähe; obgleich er sich

Weitere Kostenlose Bücher