Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Gesichtern und bescheidener Fröhlichkeit ruhig die grünen Gänge entlang nach der Kirche wandern; noch angenehmer ist es aber, sie des Abends an ihren Hütten-Thüren sich sammeln zu sehen, wie sie sich in behaglicher Gemüthsruhe an den Verschönerungen zu ergötzen scheinen, die ihre eigenen Hände um sie her verbreitet haben.
Dieses wohlthuende Gefühl der Heimathlichkeit, dieses stille Wohlgefallen an der häuslichen Scene, gebiert schon allein die erhabensten Tugenden und die reinsten Genüsse, und ich kann diese flüchtigen Bemerkungen nicht besser schließen, als indem ich die Worte eines neueren englischen Dichters anführe, der sie besonders glücklich geschildert hat:
Auf jeder Stufe – von der hohen Burg,
Vom städt’schen Dom, der Villa, reich umschattet,
Vor Allem, von dem still bescheidnen Haus,
In Stadt und Dorf, vom Mittelstand bewohnt,
Bis zu der strohbedeckten Hütt’ im Thal –
Ward diese Insel lang’ gerühmt, daß hier
Die Häuslichkeit ihr stilles Plätzchen finde;
Die Häuslichkeit, die harmlos wie die Taube
(Bewacht von Ehr’ und süßem Liebes-Glücke)
In einem kleinen ruh’gen Nest’ umschließt,
Wonach Verlangen wohl die Erd’ durchfliegt,
Die, ihre Welt, die übrige verschmäht,
Die keine Zeugen braucht, als die ihr Glück
Froh theilen und den Himmel über ihr:
Die, wie die Blum’ im Felsenspalt geborgen,
Sanft lächelt, blickt sie gleich zum Himmel nur. [Fußnote: Aus einem Gedicht auf den Tod der Prinzessin Charlotte, von Rann Kennedy.]
Das gebrochene Herz.
Noch hört’ ich nie
Von treuer Liebe, die der Gram verschont,
Der Gram, der gleich der Raup’ die Blätter nagt,
Des schönsten Frühlings-Buchs, der Rose.
Middleton .
Es ist etwas sehr gewöhnliches, daß die, welche über die Jahre der Empfänglichkeit für Gefühlseindrücke hinaus sind oder in dem herzlosen Genuß eines zerstreuten Lebens erzogen wurden, über alle Liebesgeschichten lachen, und die Erzählungen von romantischer Leidenschaft als bloße Erfindungen der Romanenschreiber und Dichter behandeln. Meine Beobachtungen über die menschliche Natur haben mich anders denken gelehrt. Sie haben mich überzeugt, daß, obgleich die Oberfläche des Charakters durch die Sorgen der Welt erkaltet, erstarrt sein mag, oder durch die Künste der Gesellschaft zu einem bloßen Lächeln sich ausgebildet hat, dennoch in den Tiefen des kältesten Busens ein schlummerndes Feuer glimme, welches, einmal angeschürt, ungestüm wird, und zuweilen die furchtbarste Wirkung hervorbringt. In der That, ich bin einer von denjenigen, welche wahrhaft an den blinden Gott glauben und seinen Lehren in ihrem ganzen Umfange anhangen. Soll ich es gestehen? – ich glaube an gebrochene Herzen und an die Möglichkeit, an unglücklicher Liebe zu sterben. Ich betrachte dieß zwar nicht als eine Krankheit, die meinem Geschlechte oft gefährlich wird: allein ich glaube fest, daß manches liebenswürdige weibliche Wesen dadurch einem frühen Grabe zuwelkt.
Der Mann ist ein Geschöpf des Eigennutzes und des Ehrgeizes. Seine Natur führt ihn hinaus in den Kampf und in das Getümmel der Welt. Die Liebe ist nur der Schmuck seines frühern Lebens, oder ein Lied, das in den Zwischenakten gesungen wird. Er strebt nach Ruhm, nach Glück, nach einem Platz im Andenken der Welt und nach Herrschaft über seine Mitmenschen. Aber eines Weibes ganzes Leben ist eine Geschichte der Liebe. Das Herz ist ihre Welt; hier sucht ihr Ehrgeiz zu herrschen; hier sucht ihre Habsucht nach verborgenen Schätzen. Sie schickt ihre Gefühle auf Abenteuer aus. Sie schifft ihre ganze Seele ein, um mit der Liebe zu wuchern, und wenn sie Schiffbruch leidet, so ist ihr Fall hoffnungslos; denn dies ist ein Banquerout des Herzens.
Einem Manne mag fehlgeschlagene Liebe manches bittere Wehe verursachen: sie verwundet vielleicht das Gefühl der Zärtlichkeit – sie vernichtet einige Aussichten auf Glück; allein er ist ein thätiges Wesen – er kann seine Gedanken in dem Gewirr mannichfaltiger Beschäftigungen zerstreuen, oder sich in die Fluth des Vergnügens stürzen; oder, wenn der Schauplatz seiner getäuschten Hoffnungen zu voll von peinlichen Erinnerungen ist, seinen Wohnsitz nach Willkühr wechseln und, gleichsam auf den Flügeln des Morgens, »den äußersten Grenzen der Erde zufliegen und dort ausruhen.«
Allein das Leben des Weibes ist verhältnißmäßig ein unbewegliches, ein abgeschiedenes und sinnendes Leben. Sie ist mehr die Gefährtin ihrer eigenen Gedanken und
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