Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
Gefühle, und wohin soll sie sich wenden um Trost zu finden, wenn die zu Boten des Kummers werden? Ihr Loos ist, gesucht und gewonnen zu werden: und wenn sie unglücklich in ihrer Liebe ist, so gleicht ihr Herz einer Festung, die erobert und geplündert und dann preisgegeben und verödet gelassen wird.
Wie manches helle Auge wird trübe – wie manche rosige Wange wird bleich – wie manche liebliche Gestalt sinkt in das Grab, und Niemand kann die Ursache angeben, wodurch ihr Liebreiz verwelkte! So wie die Taube ihre Flügel an die Seite anschließt, und den Pfeil, welcher ihr die Todeswunde gegeben hat, verdeckt und verbirgt, so ist es die Natur des Weibes, vor der Welt das Wehe verwundeter Liebe zu verbergen. Die Liebe einer zartfühlenden Frau ist immer schüchtern und still. Selbst glücklich, gesteht sie es kaum sich selbst; ist dies aber nicht der Fall, so begräbt sie sie im Innersten ihres Busens, und läßt sie dort unter den Trümmern ihres Friedens sich zusammenschmiegen und brüten. Mit ihr haben alle ihre Herzenswünsche aufgehört. Der große Reiz ihres Daseins ist dahin. Sie vernachlässigt alle die fröhlichen Beschäftigungen, welche den Geist erheitern, die Pulse beleben und die Fluth des Lebens in kräftigen Strömen durch die Adern treiben. Ihre Ruhe ist dahin – die süße Erquickung des Schlafes ist durch finstre Träume vergiftet – und »die trockne Sorge trinkt ihr Blut,« bis ihr abgematteter Körper unter dem geringsten äußern Leiden erliegt. Blickt in kurzer Zeit auf sie, und ihr werdet die Freundschaft auf ihrem frühen Grabe weinen sehen und sich wundern hören, wie ein Wesen, das noch vor Kurzem in all dem Glanze der Gesundheit und Schönheit blühte, so schnell »dem Grab und dem Wurme« zur Beute geworden ist. Man wird euch von einer winterlichen Luft, einer zufälligen Unpäßlichkeit erzählen, welche sie dahingerafft; – allein Niemand kennt die tödtliche Krankheit, die vorher ihre Kräfte aufsaugte, und sie zu einer so leichten Beute für den Verderber machte.
Sie ist wie ein zarter Baum, der Stolz und die Schönheit des Waldes; lieblich seine Gestalt, glänzend sein Laubwerk, allein der Wurm nagt an seinem Herzen. Wir sehen ihn plötzlich verwelkt, wenn er am frischesten und üppigsten dastehen sollte. Wir sehen ihn seine Zweige zur Erde herabsenken, Blatt um Blatt abfallen, bis er, hingeschwunden und verzehrt, in der Stille des Waldes fällt; und wie wir über der schönen Trümmer sinnen, bemühen wir uns vergebens, uns des Sturmes oder des Blitzes zu erinnern, der sie verderbend zusammenschmetterte.
Ich habe mehrere Beispiele von Frauen gesehen, die zu Grunde gegangen sind und sich vernachlässigt haben, und allmählig von der Erde verschwunden sind, als ob sie ihr Leben zum Himmel ausgehaucht hätten; und ich habe mir wiederholt gedacht, daß ich ihren Tod durch die verschiedenen Abstufungen der Auszehrung: Erkältung, Schwäche, Dahinschwinden, und Trübsinn verfolgen könnte, bis ich auf die ersten Kennzeichen verschmähter Liebe käme. Ein Beispiel der Art ist mir jedoch erst neulich erzählt worden: die Umstände sind in dem Lande, wo sie sich zutrugen, wohl bekannt, und ich werde sie gerade so wiedergeben, wie man sie mir erzählt hat.
Man wird sich noch der tragischen Geschichte des jungen E**, des irischen Patrioten, erinnern; sie war zu rührend, um bald vergessen zu werden. Während der Unruhen in Irland ward er wegen Hochverraths angeklagt, verurtheilt und hingerichtet. Sein Schicksal machte einen tiefen Eindruck aus das Gefühl des Volks. Er war so jung – so verständig – so edel – so brav – Alles, was wir an einem jungen Manne gern bewundern. Auch sein Benehmen während seines Prozesses war so großartig und unerschrocken. Der edle Unwille, womit er die Anschuldigung des Verraths gegen sein Vaterland zurückwies – die beredte Ehrenrettung seines Namens – und sein pathetischer Aufruf an die Nachwelt, in der hoffnungslosen Stunde der Verurtheilung – alles dies machte einen tiefen Eindruck auf jedes fühlende Herz, und selbst seine Feinde beklagten die unerbittliche Politik, welche seine Hinrichtung nothwendig machte.
Aber es gab ein Herz, dessen Verzweiflung sich nicht beschreiben ließ. In glücklicheren Zeiten hatte er die Liebe eines schönen anziehenden Mädchens, der Tochter eines jetzt verstorbenen berühmten irischen Advocaten, gewonnen. Sie liebte ihn mit der uneigennützigen Gluth der ersten und frühen Liebe eines Weibes. Als jeder
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