Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
zarte und schöne Blätter haben, das Anbringen eines grünen Abhangs von sammtnem Rasen, das theilweise Eröffnen einer Aussicht in die blaue Ferne, oder auf den Silberschein eines Wassers: alles dies wird mit einem feinen Gefühl, mit einer anhaltenden, doch ruhigen Thätigkeit, gleich den magischen Farbentönen, mit welchen der Maler einem Lieblingsbilde seine Vollendung gibt, zu Stande gebracht.
Der Aufenthalt vermögender und gebildeter Leute auf dem Lande hat einen Grad von Geschmack und eine Zierlichkeit in das ländliche Leben gebracht, welche bis auf die niedrigste Classe hinabgeht. Selbst der Taglöhner, mit seiner Hütte mit Stroh gedeckt, und dem schmalen Streifen Landes, sucht sie zu verschönern. Die wohlgestutzte Hecke, der Rasenplatz vor der Thüre, das kleine, mit nettem Buchsbaum eingefaßte Blumenbeet, die Waldrebe, welche sich an der Mauer hinabwinden und ihre Blüthen um die Fensterladen hängt, die Blumentöpfe am Fenster, die Stechpalme, welche vorsichtig um das Haus gepflanzt ist, dem Winter seine Oede zu benehmen, und den Anschein von grünem Sommer hervorzubringen; alles dieß verräth den Einfluß des Geschmacks, der von den Höhen herabströmt, und sich bis in die niedrigsten Kreise des Volkslebens verbreitet. Wenn ja die Liebe, wie der Dichter singt, gern eine Hütte besucht, so muß es die Hütte eines englischen Landmanns sein.
Die Freude an dem Landleben unter der höheren Classe der Engländer hat eine große und heilsame Wirkung auf den Volkscharakter gehabt. Ich kenne keinen schönern Menschenschlag, als die Engländer von Stand. Statt der Zartheit und Verweichlichung, welche vornehme Leute in den meisten andern Ländern zur Schau tragen, stellt sich hier eine Verbindung von Zierlichkeit und Stärke, ein gesunder Körper und eine frische Gesichtsfarbe dar, welche ich geneigt bin, dem Umstande beizumessen, daß sie so viel in der frischen Luft leben, und den stärkenden Ergötzlichkeiten auf dem Lande so begierig nachhängen. Diese starken körperlichen Bewegungen bringen auch eine gesunde Stimmung des Gemüths und des Geistes und eine Männlichkeit und Einfachheit der Sitten hervor, welche selbst die Thorheiten und Zerstreuungen der Hauptstadt nicht leicht verderben, und nie ganz zerstören können. Auch scheinen auf dem Lande die verschiedenen Stände sich einander freier zu nähern, und mehr dazu geneigt zu sein, sich zu mischen und vortheilhaft auf einander einzuwirken. Die Unterschiede zwischen ihnen scheinen nicht so bemerkbar und unübersteiglich hervorgetreten, als in den Städten. Die Art, nach welcher das Eigenthum in kleine Güter und Pachterhöfe vertheilt worden ist, hat eine regelmäßige Abstufung von dem Edelmann an, durch die Classen des Mittelstandes, der kleinen Grundeigenthümer und wohlhabenden Pächter, bis zu dem arbeitenden Bauernstande herab, zur Folge gehabt, und indem sie so die äußersten Stufen der Gesellschaft mit einander verband, hat sie einem jeden Zwischenrange den Geist der Unabhängigkeit eingeflößt. Leider ist dies, wie man eingestehen muß, jetzt nicht mehr so allgemein der Fall, als früher, da die größeren Güter, in den letztverflossenen Jahren der Noth, die kleineren verschlungen, und in einigen Theilen des Landes das kräftige Geschlecht der geringeren Pächter beinahe ganz vernichtet haben. Dieß sind nach meinem Dafürhalten jedoch nur zufällige Eingriffe in das allgemeine System, dessen oben gedacht wurde.
In ländlicher Beschäftigung ist nichts Gemeines und Erniedrigendes. Sie führt den Menschen unter Scenen natürlicher Größe und Schönheit dahin; sie überläßt ihn den Regungen seiner Seele, auf welche die reinsten und erhebensten äußern Veranlassungen einwirken. Solch ein Mensch kann einfach und rauh, aber er kann nicht gemein sein. Der gebildete Mann findet daher nichts Auffallendes in der Berührung mit den geringeren Classen der Landbewohner, wie dies der Fall ist, wenn er zufällig unter die geringeren Classen in den Städten sich mischt. Er legt seinen Rang und seine Scheu ab, und freut sich, die Unterscheidung der Stände vergessen und an den biedern, herzlichen Genüssen des gewöhnlichen Lebens Theil nehmen zu können.. In der That, die ländlichen Vergnügungen selbst bringen die Menschen einander näher und näher, und wo man Hunde und Hörner hört, schmelzen alle Gefühle harmonisch zusammen. Ich glaube, dies ist ein Hauptgrund, daß die Adeligen und die mittlere Classe unter den geringeren Ständen in
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