Gott´sacker (Krimi-Edition)
beruhigend auf die Schulter, als ich mich an ihrem feisten Leib vorbeizwängte: »Reg dich nicht auf! Da merkt man, dass die ganze Last jetzt erst abfällt.«
»Schon, aber nicht auf meine Kosten.«
Vom Klo aus stieg ich direkt auf mein Eisen. Der schwarze Sattel war unanständig heiß. Frieda rief mir nach: »Was ist denn mit dir los?«
Die Katze mit dem schwarz-weißen Schwanzende, die Motorradfahrer schätzte, hatte mich bis zu meiner Harley verfolgt und wollte mich zum Hierbleiben überreden.
Ich drückte den Anlasser und erweckte den 1600 Kubikzentimeter starken V2-Motor stampfend zum Leben. Cäci rief mir noch irgendetwas zu, das ich nicht verstand. Ich wollte einfach ein bisschen den Kopf leer fahren. Die Katze blieb ratlos in der Sonne stehen, ihre Schwanzspitze zuckte verärgert hin und her.
Warum ich an der Kapelle anhielt, wusste ich nicht. Hier hatte es angefangen. Ich stieg ab, ging durch das Zirpen der Grillen und das Gesumme von Bienen und Fliegen in die Kapelle. Irgendjemand hatte irgendwelche Blumen mitten in den zerfallenen Raum gelegt. Und immer noch schien der Geruch von Verwesung im Raum zu hängen. Ich setzte mich auf eine zerfallene Mauer und wusste nicht, wann ich beschlossen hatte, wieder in den Ochsen zurückzukehren. Ein weiteres WalderBräu naturtrüb hell konnte bei dieser Schwüle nicht schaden. In der Ferne über dem Höchsten türmten sich weiße Wolken mit dunklen Rändern auf. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Noch einmal schaute ich mir das welke Sträußchen Blumen auf dem Boden an. Rührung umfing mich.
»Ein richtiger Winter wäre auch mal wieder schön.«
1958
Josef hielt seiner Schwester die Hand. Sie atmete schwer. Der Bruder schaute besorgt zum Lager. Trotz des kleinen Ofens war es bitterkalt im Raum.
»Soll ich wirklich nicht die Hebamme holen?«
Er sprang auf und hastete zur Tür. Die junge Frau weitete ängstlich die Augen und stöhnte: »Auf keinen Fall, lass mich nur nicht allein. Bitte, Josef, bleib hier.«
Sie streckte flehend die blasse Hand zum Bruder hin. Er kehrte an ihr notdürftiges Lager zurück.
»Bleib ruhig, ich geh nicht weg, wenn du’s nicht willst.«
»Danke, wir schaffen’s auch so zusammen.«
Josef war sich nicht sicher. Ängstlich rieb er sich die vor Kälte blauen Hände.
»Sag mir, was ich machen soll, wenn’s Butzele kommt.«
Er war wieder aufgesprungen und ließ sich von seiner Schwester erneut die Sache mit der Nabelschnur erklären.
Er griff zu seinem Taschenmesser, das er schon neben dem einfachen Lager seiner Schwester bereitgelegt hatte.
»Ich mach’s noch mal scharf.«
Bis jetzt hatte die junge Frau ihre Schwangerschaft verheimlichen können. Sie hatte gehofft, Weihnachten ohne Kind zu sein, eigentlich war es nach ihrem Gefühl noch viel zu früh für die Geburt. In zwei Tagen war schon Heiligabend. Das Fest der Liebe. Doch nun war es so weit. Nur ihr Bruder und der Vater des Kindes wussten davon. Sie hatte so gehofft, dass er auch dabei sein würde. Bis jetzt hatte sie gehofft.
Josef schrie: »Was ist das?«
»Die Fruchtblase, sie ist geplatzt.«
Völlig verunsichert starrte er auf den größer werdenden feuchten Fleck.
»Ist das normal, so viel?«
Er hatte Schweiß auf der Stirn.
»Was kann ich tun? Kommt das Butzele jetzt gleich?«
»Josef, hol bitte den Pfarrer, wer weiß, was passiert«, bettelte sie unter heftigem Wehenschmerz.
»Warum denn den Pfarrer? Dir geht’s doch gut, oder?«
Sie wusste, dass Josef ihr den Wunsch, den Pfarrer zu holen, nicht mehr abschlagen würde. Der Pfarrer sollte mit dabei sein, wenn das Kind zur Welt kam. Aber der junge Pfarrer war ihr gegenüber ablehnend, seit sie ihm gesagt hatte, dass sie ein Kind erwartete, er wollte nun nichts mehr von ihr wissen. Er habe damit nichts zu tun, das Kind sei nicht von ihm. Sie wusste aber, dass das Kind nur von ihm sein konnte.
Und als sie sich an die Leidenschaft erinnerte, mit der sie sich geliebt hatten, schrie sie voller Wut: »Hol ihn einfach, er gehört dazu!«
»Warum den Pfarrer, wir brauchen die Hebamme! Ich kann das doch alles nicht.«
Die Schwester schrie.
Als Josef atemlos beim Pfarrer ankam und um Hilfe für seine Schwester bat, schüttelte dieser nur den Kopf.
»Ich bin doch keine Hebamme. Mit der Sache habe ich nichts zu tun. Pass du mal besser auf deine Schwester auf.«
Auch seine Haushälterin war aus der Dunkelheit eines Zimmers wie eine Spinne im Netz auf ihn zugestürzt und hatte ihn zur Tür
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