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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Schnapstrinken. Sie gab einen Rat: »Wenn dich einer so packen tut, daß du nimmer los kannst, dann hau ihm eins zwischen die Haxen. Dort nämlich sind die Leut' am empfindlichsten.« Und blitzschnell war auch das Bild da, das zu den Worten gehörte. Irgendwo, am Wiedener Gürtel, auf einem unbebauten Platz. Ein Plattenbruder, ein Vagant, liegt auf der Erde, die Schirmmütze über den Kopf gezogen, weil die Sonne blendet. Und dieser Apache gibt dem Vierzehnjährigen Ratschläge. Sie sind wertvoll, denn der Mann hat viel Erfahrung. »Nämlich«, sagt der Mann noch, »wenn du kein Messer hast.« Da packt Todd auch schon zu, die Kraft zu schlagen hat er nicht mehr. Er greift zu und drückt mit aller Kraft. Ein leises Wimmern, dann ein sehr hoher Schrei. Der Druck läßt plötzlich nach.
    Auch Todd ließ los und sprang zurück. Er sah, daß Hassa sich den Unterleib mit beiden Händen hielt. Dann sprang er vor und rannte dem Sergeanten den Kopf in die Magengrube. Mit einem leisen »Hu« sackte der zusammen. Todd kniete auf ihm und schlug mit den Fäusten auf das emporgewandte Gesicht. Als Todd aufstand, schmerzten seine Fingerknöchel. Der andere hatte einen harten Schädel.
    Und wie er um sich blickte, sah er zuerst Korporal Seignac. Er war nicht zu übersehen. Knapp vor dem festgeschlossenen Kreis stand er, die Oberarme in gleicher Höhe mit den Schultern, während die Unterarme im rechten Winkel nach oben wiesen. Seine Fäuste waren geballt und der Körper bis zu den Hüften reglos. Nur die Beine warfen sich in einem sonderbaren Tanz nach vorn, immer aber blieb Seignac an der gleichen Stelle. Sein Gesicht war ausdruckslos, die Augen verdreht. Da packte ihn Ackermann am Arm. Seignac schien zu erwachen. Der Körper entspannte sich, die Beine blieben still. Ackermann durchbrach den Kreis, knapp neben Sergeant Farny, der ausdruckslos vor sich hin starrte. Der Kampf hatte ihn nicht erregt. Und durch die Öffnung des Kreises schlüpfte auch Hassa, den verknüllten Waffenrock wie ein Bündel unter dem Arm.
    Todd stand allein inmitten des Kreises und ließ die langen Arme herabhängen. Er fühlte Müdigkeit und zugleich eine große Freude. Verwundert sah er Schilasky an, der plötzlich neben ihm stand und seine Hand gepackt hielt. »Komm, wir wollen schlafen gehen, es ist schon spät«, sagte er. Der Kreis löste sich auf. Eine Pfeife gellte, Appell.
    Die Sättel waren unter den Bäumen verstreut und sahen aus wie große aufgeklappte Folianten.
    Ein wenig von den übrigen entfernt, hatte Schilasky das Lager bereitet. Ein Sattel als Kopfschutz, der zweite Anzug als Kissen, die Kapotte als Matratze, die Satteldecke zum Zudecken. »Wir brauchen nur einen«, sagte Schilasky, »den anderen Sattel habe ich deinem Doubleur verehrt.«
    Sie legten sich nieder.
    »Ich danke dir«, sagte Todd, »man könnte fast meinen, du willst mich verführen.«
    »Mach keine schlechten Witze.« Schilasky stieß einen Seufzer aus. »Du bist gar nicht mein Fall«, fügte er bei und versuchte ein Lachen, das aber kläglich ausfiel.
    Die Stille war schwül. Todds Atem ging noch rasch. Er begann leise zu renommieren.
    »Der Kerl, der verdammte, der wird an mich denken. Ob er wohl morgen reiten kann? Wird ein wenig schwierig sein. Was diese Sergeanten sich einbilden. Gut nur, daß der Alte ihnen nie Recht gibt. Soll er sich doch beschweren. Ich steck' mich hinter den Lartigue. Der hilft mir schon. War heut' abend ganz lieb zu mir. Wenn ich denk', daß ich mich sonst nie geprügelt habe. Aber weißt, es tut doch gut. Wie ein Liter Wein. Oder nein. Wie wenn man bei einer Frau geschlafen hat. Und doch möcht' man noch etwas.«
    Seine Stimme wurde leiser; er schloß die Augen.
    Aber er schlief nicht. Die Atemzüge Schilaskys waren heftig. Todd war nicht verwundert, plötzlich magere, harte Finger zu spüren, die seine Hand umschlossen. »Ja, sagte er schläfrig und vielleicht ein wenig unmotiviert.
    Dann tönte Schilaskys Stimme voll und dumpf vor seinen Ohren. »Du solltest dich doch rasieren, Bürschlein.« Das Wort ›Bürschlein‹ ärgerte ihn. Er wollte die Hand fortwerfen, die an seinem Körper entlangstrich. Dann war ein großes Glücksgefühl da, Todd zog die Luft tief ein. Und dann versank er.

Verwirrung
    Leutnant Mauriot, der den Posten in Abwesenheit des Capitaines zu befehligen hatte, sah aus wie einer jener künstlichen Eiszapfen, die an Weihnachtsbäumen hängen. Sein unten weit ausgeschweifter Tropenhelm, dessen Rand gerade so breit war wie

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