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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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hingen…
    Unter den Dattelpalmen war es dumpf, aber erträglich, erträglicher als unter den Zelten; das Wasser des ziemlich breiten Oued war lau und weich. Schilasky, Malek und zwei Russen gingen gleich nach dem Essen waschen, während die anderen faul unter den Bäumen lagen.
    Den ganzen Nachmittag war Todd allein. Zuerst lag er auf dem Rücken und starrte zwischen den Blättern in den Himmel. Er dachte an nichts und ließ die Stunden fließen. Bisweilen rollte er mit feuchten Fingern eine Zigarette (es war warm wie in einem Dampfbad unter den Bäumen), das dünne Papierblättchen zerriß oft, und der trockene Rauch brannte auf der Zunge und im Halse. Gegen vier Uhr stand er auf und ging ins Dorf.
    Aus einem weißgekalkten Lehmwürfel drang ein starker Geruch, Mischung aus Minze und Kaffee. Zwei zusammengenähte Säcke bedeckten den Eingang. Der kleine Raum war kühl, der gestampfte Boden mit Wasser besprengt. Beim offenen Kohlenfeuer stand ein uralter, zahnloser Mann, stellte kupferne Kännlein ins Feuer, in denen er den Kaffee mit einem Löffel schlug, sobald er aufkochte. An der Hinterwand des Raumes lief eine niedere Holzbank, so breit, daß vier Araber mit verschränkten Beinen darauf sitzen konnten. Ein paar blecherne Gartentische waren über den Raum verteilt mit wackligen eisernen Stühlen davor. Todd bestellte Tee, der Uralte brachte ihn.
    Die vier Schatten an der Wand trugen graue Mäntel, deren Kapuzen trotz der Hitze die Köpfe einhüllten. Einer dieser Männer kam an Todds Tisch, grüßte, indem er den Finger an die Lippen führte. Dann erkundigte er sich in gebrochenem Französisch, welche Kompagnie heute angekommen sei. Todd gab Antwort. Ob auch Gewehre dabei seien, die schnell schössen? – Ja. – So. Was hätten wohl die Camions geladen, die sie abholen müßten? – Wahrscheinlich Wein und Reis und Mehl und Zucker… Todd zählte an den Fingern. – Eine Kiste Seife vielleicht… Der andere zeigte breite Zähne und legte die Hände flach auf den Tisch. Schöne, hellbraune Hände mit gewölbten Nägeln an der Spitze, die sauber waren. – Ob auch das Auto des Zahlungsoffiziers bei den Camions sei, wollte der Mann noch wissen. Todd glaubte es nicht. Doch der andere schien besser informiert zu sein, denn er lächelte nur, sehr vorsichtig, zu den drei Schatten an der Wand. Diese aber übersahen den Blick, sie spielten jetzt mit schmutzigen Karten, und ihre Unterhaltung klang wie das Fauchen gereizter Katzen.
    Der Mann, der Todd gegenübersaß, warf mit einem Ruck die Kapuze herunter. Todd fuhr zurück. Das Gesicht war ihm so bekannt, einzig die Hautfarbe stimmte nicht: knochig und sehr mager mit spärlichen schwarzen Härchen, die am Kinn zitterten und die Haut unter der Nase schwarz schraffierten. Er versuchte sich zu erinnern. Es gelang ihm nicht. Er hatte schon lange nicht mehr in einen Spiegel geblickt.
    Erst draußen auf der Straße, als er nachdenklich an seinem Bärtchen zupfte, mußte er lächeln. »Mir hat der Kerl ähnlich gesehen«, dachte er. Aber diese sonderbare Ähnlichkeit beschäftigte ihn nicht anders als ein schlechter Witz.
    Es mochte sechs Uhr sein, als er ins Lager zurückkam. Das Abendessen kochte schon in den hohen schwarzen Blechkesseln, und Pierrard hatte den Wein an die Sektionen verteilt. Korporal Koribout habe nach ihm gefragt, teilte man Todd in der Gruppe mit. Doch war es nichts Wichtiges. Er solle nach dem Abendessen mit Schilasky die Maschinengewehre putzen.
    »La Mitrailleuse Hotchkiss est une arme automatique, fonctionnant par l'échappement des gaz…« Dieser so oft wiederholte Satz setzte sich in Todds Kopf fest und ließ sich nicht daraus vertreiben. So peinigend wurde schließlich seine ewige Wiederholung, daß Todd mit dem abweisenden Schilasky ein Gespräch begann. Es war noch hell, die kleinen Stahlteile des Maschinengewehres glänzten rötlich auf dem braunen Zelttuch.
    »Glaubst du auch, daß es morgen etwas geben wird?«
    Schilasky schien mühsam aus einer Tiefe emporzutauchen, sah blöde um sich, ließ sich die Frage wiederholen, besann sich einen Augenblick, und fragte dann: »Morgen? Was soll denn morgen sein?«
    »Ob du auch glaubst, daß es einen Überfall geben wird?« Todd wurde ungeduldig.
    »Ach«, sagte Schilasky müde, »das hat man schon so oft erzählt.«
    Dann schwieg er wieder und arbeitete mit den Putzfäden.
    »Ich freue mich auf die Unordnung. Und wie viele ausreißen werden.« Todd sprach krampfhaft lustig, die Schweigsamkeit des

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