Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion
Sergeant, und in weiter Ferne gab ein Schakal Antwort. Aber Todd schwieg. ›Wenn er mich doch nur anrühren würde!‹, dachte er. ›Eine kleine Prügelei wäre ganz angenehm.‹ Seine Fäuste lagen schwer in den Taschen und spannten den Stoff wie kantige Steine.
Hassa spritzte Speichel. »Sie wollen frozzeln mich.« Es war eine Feststellung, keine Frage. »Worten Sie, es wird Ihnen kommen teier zu stehen.« Unter den Bäumen raschelte es, Gestalten krochen hervor. Aus dem Zelt des Capitaines kam ein weißer Lichtkegel auf die beiden zu, der von einem sanften Summen begleitet wurde. Das Surren wurde lauter: es war Chabert mit seiner Dynamo-Taschenlampe. Hassa sprach plötzlich französisch, so laut, daß Chabert ihn hören mußte. Er werde Rapport machen, Todd vor Kriegsgericht bringen. Die Stimme überschlug sich. Er packte Todd am Arm und wollte ihn fortschieben.
Was es denn gebe, fragte Chabert. Seine Stimme war sehr ärgerlich. Ob er die Leute nicht in Ruhe lassen könne, fuhr er Hassa an. Der Lichtkegel bestrahlte die beiden Gesichter, wanderte dann in die Ebene hinaus und kam nicht weit. Die Grasbüschel verschluckten ihn. Und dann erlosch er, des Capitaines Hand war müde geworden.
Hassa stand im ›Garde à vous‹, salutierte und wollte seine Meldung beginnen. »Uhh«, tönte es unter den Bäumen hervor. »Ruhe dort«, rief Chabert. Seine Lampe begann wieder zu summen, und dieses Summen wirkte beruhigend. »Ich will nichts hören«, sagte er noch, als Hassa sprechen wollte. »Ihr sollt beide schlafen gehen. Streitigkeiten kann ich nicht brauchen.«
Er kehrte sich um und ging davon.
»Hassa hat das Kommando der Wache, man soll ihn in Ruhe lassen«, brummte er noch, laut genug, um verstanden zu werden.
Aber damit war die Angelegenheit noch nicht erledigt. Um die beiden hatte sich ein Kreis gebildet. Ein leises böses »Uhh« stieg auf aus ihm. Der Sergeant war hilflos. Er fühlte deutlich den Haß , der ihn umgab, aber durch keine Bewegung zeigte er seine Aufregung. Ein schwaches Licht kam von den Sternen und überzog die Gesichter mit einer Puderschicht.
Am sonderbarsten sah Korporal Seignac aus, der in der ersten Reihe stand. Sein Gesicht war verkrampft, die Zähne leuchteten weiß.
»Geht auseinander, ihr sollt auseinandergehen, hat der Capitaine gesagt.« Es klang weinerlich und hilflos.
»Uhh« tönte es wieder, der Kreis schloß sich enger, alle hatten sich untergefaßt.
Todd stand noch immer mitten im Kreise, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und rührte sich nicht.
»Und Sie haben sich zu verziehen«, kreischte Hassa und gab Todd einen Stoß vor die Brust.
Der Stoß kam unerwartet, und so taumelte Todd zurück.
»Uhh«, klang es wieder.
Todds Hände kamen langsam aus den Taschen heraus, knöpften bedächtig den Rock auf, zogen ihn aus. Dann sagte er sehr ruhig:
»Du wirst jetzt auch den Rock ausziehen, damit ich dich verhauen kann.«
»Ich bin Vorgesetzter, Sie haben nicht zu sagen du zu mir.«
Sergeant Hassa wollte den Rückzug antreten. Aber der Kreis war fest geschlossen. Er kam nicht durch. Todd krempelte langsam seine Hemdärmel auf. Dann holte er aus und gab dem Sergeanten eine Ohrfeige. Hassa heulte auf: »Das gibt Kriegsgericht.« Noch einmal versuchte er den Kreis zu durchbrechen. Wieder war es vergeblich. Da floh er an den offenen Mündern vorbei, die ihm ihr Lachen ins Gesicht bliesen. Er knöpfte mit zitternden Fingern seinen Waffenrock auf. Die Haken am Hals wehrten sich, so mußte er sie aufreißen. Dann endlich hielt er den Rock in den Händen und warf ihn Todd über den Kopf. Todd blieb stehen und suchte sich zu befreien. Aber schon war der andere über ihm, packte ihn von hinten, preßte den Hals zwischen Ellbogen und Körper und steigerte langsam den Druck. Todd hörte, wie sein eigener Atem schwer ging, sein Kopf füllte sich mit Blut, das jedes Denken verdrängte. Er versuchte, sich mit ein paar Rucken zu befreien. Aber der Druck steigerte sich. Am meisten peinigte Todd der Geruch des Sergeanten. Es war ein gemeiner Geruch von altem, sauren Schweiß. Wie ungelüftete Betten. Eine große Übelkeit überkam ihn. Dumpf hörte er die anfeuernden Rufe des Chors. Dazwischen das heisere Flüstern des Sergeanten: »Ich werd' lehren dich, ich werd' lehren dich.«
Plötzlich hörte er eine Stimme; sie war in seinem Kopf, das wußte er, und doch klang sie wie ein beruhigendes Flüstern vor seinen Ohren. Eine gemütliche Stimme, ein wenig rauh vom vielen Rauchen und
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