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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Pferdes. Er schloß wieder die Augen, schlief aber nicht ein.
    Heftige Schläge polterten an der Tür. Der Chef rief unterdrückt: »Komm schnell, Materne will eine Runde machen, er ist mit den Gums schon unterwegs. Der Jehudi, der die Schafe verkauft, ist vorausgelaufen, weil er gewußt hat, daß du hier bist, und er hat uns gewarnt.«
    Als Lös hinaustrat, waren die anderen mit ängstlichen Gesichtern um den Chef versammelt. Nur der alte Kainz bewahrte seine Ruhe, er empfing Lös mit einem lauten: »Gelt, jetzt is dir besser?« Aber Narcisse wollte kein Wort hören. Schweigen befahl er. Von ihm angeführt, lief der Trupp zum Eingangstor, Fatma stand wartend dort, hinter dem letzten warf sie die Tür zu. Gedämpft klang das Kreischen der Riegel hinter den Enteilenden, wie ein boshaftes, unterdrücktes Gelächter.
    Durch dunkle Gassen liefen sie zum Posten, umgingen ihn, langsam und vorsichtig, bis sie zu jener Stelle beim Maultierpark gelangten, wo der Stacheldraht eine Öffnung hatte. Dann erteilte der Chef mit lässiger Stimme seine letzten Weisungen. Er werde vorne zum Tor gehen und dort, ohne sich zu verbergen, eintreten. Entweder schlafe die Wache oder sie sei wach. »Ohne Zweifel«, sagte Lös und lachte keuchend. Der Chef sah ihn böse an. Er liebte es nicht, in Anwesenheit anderer verhöhnt zu werden. Und mit grobem Geschütz schoß er auf Lös: der Korporal täte besser, seinen Geist zu sparen, er habe ihn nötig. Es sei nicht alles in der Administration so, wie es sein solle, er, der Chef, könne davon ein Lied singen. Und wenn man wegen jeder Kleinigkeit wie ein Kind heule, so habe man weiß Gott keinen Grund, sich über andere lustig zu machen. Doch er beruhigte sich gleich wieder. – »Nichts für ungut«, schloß er mit seinem milden Lächeln.
    Er ist doch gemein, dachte Lös, aber er konnte dem versöhnenden Lächeln nicht widerstehen. Er entschuldigte sich und streckte dem Chef die Hand hin. Der ergriff sie, sah Lös prüfend an, seine Augen wurden scharf, dann senkte er die Lider darüber und lächelte mild, während er die dargebotene Hand kräftig schüttelte. Also es bleibe dabei, er, der Chef, der jeden Abend Permission bis Mitternacht habe, werde durchs Tor gehen. Es sei ja jetzt schon halb zwei Uhr. Nun, wenn es irgendeinen Anstand gebe, so habe er sich verspätet. Die anderen sollten hier über die Mauer und ruhig den Posten durchqueren. Sammlung in zehn Minuten in der Verpflegung, wo Korporal Lös noch einen Trunk spenden werde. Und über die Achsel sagte er dann leise zu Lös, daß die anderen seine Worte nicht verstehen konnten: »Ich habe für alle bezahlt, wir teilen dann die Kosten, mein Alter.«
    »He, Chef, ich komme mit Ihnen«, rief Baguelin hinter ihm drein.
    »Verzeihen Sie bitte, verzeihen Sie. Ich habe gar nicht an Sie gedacht. Natürlich, Sie sind ja auch ein Freier, Ihnen hat niemand etwas zu sagen.« Und eifrig auf den Begleiter einredend, verschwand der Chef endgültig.

Handel
    Lös erwachte neben dem kleinen Kanal; in seinem Kopf war es klar, nur seine Augen schmerzten ihn, und die Angst, die zeitweise, am vorigen Abend, in seinem Körper gezittert hatte, war jetzt im Unterleib geballt. Sein Mund war ausgetrocknet, darum tauchte er die Lippen in das laue Wasser der Segula und trank in langen Zügen; es störte ihn nicht, daß das Wasser nach faulendem Gras schmeckte. Die Mauern und der helle Kies des Hofes zeigten eine hellrosa Färbung, denn die Sonne verbarg sich noch hinter dem Dache des Weinschuppens. Als Lös aufblickte, sah er neben sich den alten Kainz liegen, der mit offenem Mund schnarchte. Er versuchte ihn zu wecken, aber das verlangte viel Mühe und Zeit. Das Schnarchen verstummte zwar sogleich, aber die Lider schienen in der Nacht zusammengewachsen zu sein, man sah das Spiel ihrer feinen Muskeln. Als sie endlich aufgingen, taten sie es nur widerwillig, klappten auf und zu, selbst das gedämpfte Licht mußte die Augen schmerzen. Endlich war der alte Kainz hellwach und begann sofort die Geschehnisse der verflossenen Nacht zu erörtern; die milde Weisheit und die abgeklärte Erfahrung seines Alters standen ihm hilfreich zur Seite:
    »Also schön war's, Korporal, und mit der Alten hab i mi gut unterhalten. Schad, die hätt zu mir paßt; so grad das richtige Alter, und i hätt nimmer Angst haben brauchen, daß sie mir mit am anderen durchgangen wär.« Dann erkundigte er sich nach Lös' Abenteuer. Als er erfuhr, daß sein Korporal nur geschlafen habe, dort in der

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