Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
Vom Netzwerk:
verhalten wolle.
    »Caporal Administration!« Der Junge legte die Hand auf die Brust und ließ seine Zähne leuchten. Umständlich wiederholte er Zenos Botschaft: sie wolle heut abend Kuskus kochen und habe dazu zwei Hühner geschlachtet. Der Korporal müsse kommen. Lange sei der Korporal nicht mehr bei seiner Frau gewesen. Auch die Frau von Leutnant Lartigue komme. – Die Frau des Leutnants besucht die Frau des Korporals, eine richtiggehende Teevisite, dachte Lös lächelnd und er versprach zu kommen. Der Junge verstaute ein Kilo Zucker in seiner Kapuze, drohte Türk mit dem Stock (der Hund blinzelte in die Sonne, er hatte verstanden, um solche Leute kümmerte man sich am besten nicht) und ging pfeifend zum Tor hinaus.
    Frank rief aus der Hütte und wollte wissen, ob der Korporal ihm nicht etwas zu essen geben wolle. Er habe Hunger und wolle aufstehen. Ob er denn ganz verrückt sei, fuhr ihn Lös an, der Major könne jeden Augenblick kommen, Frank solle nur ja im Bett bleiben und ordentlich wimmern und über Schmerzen klagen. Aber Frank war bockig, er wollte aufstehen, denn er hatte Angst, seinen Druckposten zu verlieren. Er schluchzte laut, und die Tränen hatten Mühe, durch das Gewimmel der Bartstoppeln ihren Weg auf das schmutzige Kissen zu finden. Lös mußte trösten, versprechen, die Stelle nicht mit einem andern zu besetzen. Er prüfte den Puls des Kranken, die Schläge waren müde und klopften einen verworrenen Takt: wie ein Erschöpfter, der das Ziel in nächster Nähe sieht und versucht, ein kurzes Stück zu laufen; aber die Kraft reicht nicht mehr aus, er zieht lange, schleppende Schritte, läuft wieder ein Stück, doch das Ziel ist verschwunden, und nun behält er den einmal begonnenen Rhythmus aus Erschöpfung bei. Franks Haut war kühl, Fieber hatte er wohl keines mehr. Die Hornhaut der Augen war gelb. Lös schlug die Decke zurück und betastete den nackten Bauch, rechts, über dem Vorsprung des Beckenknochens. Frank wimmerte leise unter der Berührung.
    »Du mußt dann fest schreien, wenn der Major auf diese Stelle drückt. Mit der Leber ist sicher etwas nicht in Ordnung, also ganz blamiert hab ich mich doch nicht.« Lös ordnete die Bettdecke, lief hinaus und kam mit einem feuchten Tuch zurück; damit wischte er über Franks Gesicht. Kaum war er fertig, da hörte er zwei Stimmen, die näher kamen, eine hohe, die schnelle Worte formte, und eine tiefe, die wie mit Gongschlägen die erste begleitete. Die Tür flog auf, Lös riß seine Policemütze vom Kopf und stand stramm.
    »Nun, nun, Korporal, stehen Sie bequem; Sie sehen ja ganz bleich aus, haben Sie Angst vor mir? Ich will Ihnen nichts tun. Ja, das Herz, dieses gefräßige Herz; bei der kleinsten Aufregung saugt es alles Blut aus dem Kopf. Ha, ha, hooo.« Zwei kurze, harte Schläge, der dritte sanft ausklingend, so tönte Major Bergerets Lachen.
    Manchmal sind Bärte Masken, die ein nichtssagendes Gesicht mit Bedeutung behängen: die langen Bärte, die bis zur Mitte der Brust wallen und dazu bestimmt sind, ein fliehendes Hühnerkinn zu verbergen; Samotadjis spitz zulaufender und des Chefs lockig wuchernder Bart gehörten in diese Kategorie. Doch anders sind die dünngewachsenen, strähnigen Bärte, die nichts verbergen; die Rundung des Kinns schimmert zwischen ihnen durch, sie sind eine kleine humoristische Verzierung, und ihr Besitzer hat sie auch so gewollt. So war Major Bergerets Bart, den er hatte wachsen lassen, um eine Wette um zwei Flaschen Champagner zu gewinnen, die er vor fünf Monaten mit dem Capitaine an einem fröhlichen Abend eingegangen war. Chabert hatte an Bergerets Mut gezweifelt: »Nie wirst du die Geduld haben, in einer Woche wirst du wieder glatt rasiert herumlaufen.« Die Wette war schon lange gewonnen, seufzend hatte Chabert die Flaschen bezahlt. Aber Bergeret freute sich an den gewellten Fransen, die sein Kinn umsäumten: sie waren so brauchbar, wenn die Hände unbeschäftigt waren, er konnte sie um die Finger wickeln, ihr Ende dann als Pinsel benützen, um sich im Nasenloch zu kitzeln, er konnte daran saugen, kurz, sie waren ein bewährtes Mittel gegen grundlose Verlegenheit geworden, die ihn manchmal überfiel.
    Heute ließ Bergeret seinen Bart in Ruhe. Der Ritt hatte ihn gestärkt.
    »Allzu schlimm scheint es ja nicht zu sein«, er hielt schon das Handgelenk des Kranken zwischen zwei Fingern, »Leutnant Mauriot hat mir schon erzählt von Ihrem diagnostischen Fehlurteil, Korporal. Nun, das brauchen Sie nicht tragisch zu

Weitere Kostenlose Bücher