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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Sprachen fluchten, sich ungeduldig und weinerlich die Augen rieben, ließen die kleinen Esel, mager, grau, mit roten Wunden am Rist, nur die Lider klappen, und blinzelten dann mit den langen schön gebogenen Brauen in die wieder klar gewordene Luft.
    Der Leutnant befahl »Antreten«: keiner der vier konnte arabisch. Jedoch Smith's Bajonett, des alten Kainz heiserem Schimpfen und dem Gekläff der beiden Hunde (Türk war aufgewacht und gab sich Mühe, den Rekord des lauten Bellens zu schlagen) gelang es schließlich, eine vielfach gebrochene Linie herzustellen. Endlose Diskussionen um den ersten Platz… Zwei Juden, die der Leutnant während des Kaufes hatte ausweisen lassen, da sie sich zu gut auf Gewicht und Zahlen verstanden, hetzten keifend vom Tore aus; sie hockten auf ihren noch gefüllten Säcken, und ihre schwarzen Kegelmützen saßen auf dem Hinterkopf. Smith unternahm es, sie endgültig aus dem Posten zu vertreiben. Ihre Bemerkungen waren während der Auszahlung nicht erwünscht.
    Silber klimperte in dem kleinen Säckchen, das Mauriot in der Hand hielt. Die Augen der vielen waren auf dieses Säckchen gerichtet, bekamen metallenen Glanz und traten vor in den angespannten Gesichtern mit den o-förmig geöffneten Mündern. Der erste wurde ausbezahlt und schnatterte; sobald der zweite sein Geld erhalten hatte, fiel er ein, ein dritter kam dazu, und als der Leutnant am Ende der Reihe stand, schrien sie alle, fuchtelten – Hände, mager und sehnig wie Krallen, packten Arme, klemmten sich in die geschlossene Faust des Nachbars, die Geld barg, eine Prügelei begann zwischen dreien, die sich zum Transport zusammengetan hatten. Der Leutnant trat zurück; arg bedrängt wurde er von sechs hohen Gestalten, eine Klaue streckte sich nach dem Säckchen aus, das noch zur Hälfte gefüllt war. Smith vermochte die Menschenmauer nicht zu durchbrechen, der alte Kainz sabberte vor Aufregung. Aber der Leutnant zog ruhig (Lös stand dicht hinter ihm und sah unbeteiligt den Vorgängen zu, die Hände in die Taschen vergraben) seinen kleinen Revolver aus der Tasche und feuerte zweimal in die Luft. Eine plötzliche Stille entstand. Türk rutschte furchtsam auf seinem Bauche rückwärts, während der Fox, in die Wade eines Arabers verbissen, nur leise knurrte.
    Dann war nur noch das leise Getrappel nackter Füße zu hören und das Klatschen der Stöcke auf den Flanken der Esel. Eine Staubwolke rollte zum Tor hinaus, hinter der hustend, aber dennoch gravitätisch, mit dem Gewehr in den Fäusten, das im blitzenden Bajonett endigte, Korporal Smith marschierte. Sein dickes Babygesicht glänzte schweißig und stolz.
    Mauriot wandte sich an Lös, die glatte Oberlippe war in Falten gezogen und zeigte die regelmäßigen Zähne, gut gepflegt und nur vom Rauchen schwach gelb getönt: »Das hätte Ihnen wohl gepaßt, Korporal«, sagte er mit seiner leisen, näselnden Stimme, »wenn mir etwas zugestoßen wäre. Sie haben nicht die Hand gerührt, wissen Sie, ich habe auch am Hinterkopf Augen. Hehe.« Ein schmächtiges Lachen, das ganz zu der kleinen Gestalt paßte. »Ein Unglücksfall wäre es gewesen und niemand hätte Sie mehr belästigt. Nicht wahr?«
    Lös zuckte die Achseln. Der ganze frühere Eifer hatte sich nicht gelohnt. Aber so einfach, wie der Herr Leutnant es sich vorstellte, war es nicht gewesen. Wenn wirklich die Gefahr groß gewesen wäre, hätte er eingegriffen, das wußte er.
    »Ich rette viel eher einen Menschen, den ich hasse, als einen, dem ich zugetan bin«, sagte er leise und wunderte sich, daß er so ohne jegliche Furcht sprechen konnte.
    Aber der Leutnant war nicht für psychologische Feinheiten zu haben. »Haarspaltereien bringen Sie am besten bei Lartigue an«, sagte er schroff. »Ich habe gesehen, daß Sie mit den Händen in den Taschen dagestanden sind, als ich in Gefahr war. Das genügt mir. Was Sie getan hätten, interessiert mich nicht.«
    Er wandte sich ab. Lös mußte ihm recht geben. Er hatte dem Leutnant den Tod gewünscht, das war sicher, er konnte es nicht leugnen. Er hatte nicht eingegriffen, das war auch eine Tatsache. Mit Tatsachen hieß es sich auseinandersetzen und nicht mit Spekulationen.
    Der Leutnant schien eine Antwort zu erwarten. Wenigstens stand er barhäuptig in der Sonnenhitze, untersuchte gesenkten Blickes den Kies, in dem sein Stock wühlte, seufzte auf, sah Lös kurz an. Er wollte wohl einlenken, aber dann schien ihn dieser Vorsatz zu ärgern. Er klopfte mit dem Stock gegen seine Hosen, nickte

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