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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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während du das Geld einsackst«, brummte Lös. Er ging noch schnell ins Dorf, vorbei an Smith, der die Wache hatte und dessen Gesicht wieder in unerschütterlicher Befriedigung glänzte. »Wenn du dann schreibst meine Charakteristik, darfst du nicht hineinsetzen den Abend von gestern. Ich will es schicken einem Freund«, rief er Lös nach.
    Der Jehudi war einverstanden, nach langen Klagen, erst am nächsten Tag zu kommen. Aber daß der Leutnant dann wahrscheinlich abwesend sein würde, gab den Ausschlag. Lös entschuldigte sich, ohne Hochmut, eher tief betrübt ob seiner Vergeßlichkeit, daß er nichts für das Kind mitgebracht habe. Oh, diesem ginge es besser, versicherte der Jehudi. der Schächter habe geraten, die kranken Augen mit feuchtem Lehm zu bestreichen und nasse Tücher darüberzubreiten. Das habe gewirkt. Im Kinderzimmer aber roch es noch immer nach zersetztem Urin. Bleich und still lag der Knabe in seinem Korb, auf einer Strohschicht, bedeckt mit einem rauhen Leinentuch. Fliegen krochen auf seiner Stirn, aber seine Ärmchen waren zu schwach, die lästigen Tiere zu vertreiben. Nur die Stirnhaut runzelte sich wie bei unterdrücktem Weinen.
    Im Tor zum Posten stand Korporal Smith, hielt das Gewehr waagrecht vor der Brust und drängte schwatzende und kreischende Gestalten zurück, die gegen ihn anrannten. Kleine Esel trugen Tragsäcke rechts und links und schrien mit, laut und klagend, wie gereizte alte Männer.
    Nur mühsam konnte sich Lös durch die zäh-flutende Masse winden, ein Esel schlug aus und traf ihn schmerzhaft oberhalb des Knies.
    Als er durch den Hof ging, kam gerade Mauriot aus der Tür seines Zimmers, sein kleiner Fox lief ihm zwischen die Beine, so daß er stolpernd vorwärtsstürzte. Lös fing ihn auf, der Leutnant dankte fluchend, aber in Lös blieb ein stolzes Gefühl zurück. So sehr er versuchte, sich auszulachen – es gelang ihm nicht. Etwas in ihm erlaubte sich eine erschütternde Fröhlichkeit: er hatte doch dem Menschen, den er haßte und fürchtete, einen Dienst erwiesen, er hatte ihn in den Armen gehalten…
    Mürrisch und leise gab Mauriot seine Anordnungen: Smith solle die Leute hereinlassen. Halt! Lös kam zurückgelaufen. Zuerst nachsehen, ob alles in der Verpflegung bereit zum Empfang sei: die Waage, der alte Kainz zur Assistenz. Lös lief. Schweißbedeckt kam er zurück. Zitternd vor Eifer meldete er, daß alles in Ordnung sei. – Nun, so solle er am Tor das Nötige veranlassen.
    Auf Lös' Anruf (er mußte schreien, um verstanden zu werden) trat Smith beiseite und wurde von der gackernden, meckernden, quietschenden Menge gegen die Mauer gedrückt. Er war knallrot im Gesicht, und seine Lippen bewegten sich bebend.
    Vor dem Fleischschuppen stand die Waage. Im Schuppen selbst saß der Leutnant barhaupt im Kühlen, sein braunes Haar wellte sich auf dem langen, schmalen Schädel. Der kleine Hund kauerte auf dem Boden und rieb seine Schnauze an den Tennisschuhen; der abbröckelnde Talk brachte ihn zum Niesen.
    »Anfangen!«
    Der Leutnant gähnte. Anfangen! Das war leicht gesagt. Die Waage wurde von allen Seiten belagert, das Schnattern der vielen Stimmen brach sich an den Mauern, der alte Kainz teilte schwache Fußtritte aus, um wenigstens um die Waage einen leeren Raum zu schaffen. Es gelang nicht. Erst als Smith noch wütend, weil seine Uniform zerknittert worden war, die Menge von hinten angriff und mit der Spitze des Bajonetts in einige Hinterteile stach, verstummte, nach einigen besonders hohen Schreien, der Lärm; Gruppen bildeten sich. Die Leute, die ihre Säcke auf dem Rücken herbeigeschleppt hatten, legten einen Wall vorn um die Waage, der den Eseln den Zutritt versperrte. Dreimal wurden die Leute betrogen: der alte Kainz wollte sich für das Wiegen der Schafe die nötige Übung verschaffen, daher hielt er die eine Fußspitze diskret unter die Platte, auf der die Säcke standen, und stieß sie nach oben. Dann las Lös ab »Dreiundzwanzig« rief er auf deutsch. Mauriot notierte achtzehn. Der Waagebalken gab achtundzwanzig Kilo an.
    Nach einer Stunde lag ein viereckiger Kartoffelhaufen mitten im Hof. Die Erde, die abgefallen war, bedeckte den Boden wie eine Schicht kleiner brauner Schuppen. Aber mit der Feuchtigkeit, welche sie an die Luft abgab, verlor sie ihre Farbe, wurde hellgelb, weißlich, bis sie der Mittagswind als Staub über den Kies des Hofes verstreute und sie in die Augen der Menschen und Tiere trieb.
    Während die Menschen deswegen in verschiedenen

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