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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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die Mauern scheinen ihm plötzlich schief zu stehen, sie drängen die Decke zusammen, die spitz wird, wie ein gotischer Bogen. »Na, na«, sagt Destange, packt den Kranken unter den Armen und schiebt ihn sanft vorwärts.
    Die Kleidungsstücke, die Lös noch trägt, Hemd und Khakihose, sind steif vom geronnenen Blut. Sie hindern seine Bewegungen, während er die sechs Schritte macht, die ihn vom Bett im Nebenraume trennen. Endlich liegt er, Destange hat ihn fast ins Bett heben müssen, sonst wäre er von der Kante abgerutscht.
    »Ich will sehen, daß ich andere Wäsche für dich bekommen kann und auch andere Hosen. Ausziehen kannst du dich nicht: Leintücher sind rar im Posten, das weißt du, und die Decken sind schmutzig, das siehst du ja. Hast du Durst? Ich will sehen, daß ich in der Küche ein wenig Tee kochen kann. Während der Zeit mußt du schön ruhig liegen bleiben.«
    Destange trägt einen neuen Leinenanzug und dazu blaue Wadenbinden; auch die Policemütze ist von dieser zarten Farbe, die an den Frühlingshimmel über Paris erinnert.
    Lös' Bett steht neben einem Fenster; ein feinmaschiges Drahtgitter bedeckt es. Draußen liegt still und glühend der kleine Hof. Die Sonne, von den Dächern noch verborgen, erhitzt aus dem Hinterhalt die Mauer, die dem Fenster gegenüberliegt. Schmerzhaft ist für die Augen das harte Blau des Himmels.
    Aber wie gut ist es, die zähe Dämmerung der Zelle nicht mehr ertragen zu müssen, die schmale Ritze nicht mehr zu sehen zwischen den Brettern der verriegelten Tür. Lös legt die Fingerspitzen gegen das feinmaschige Drahtgitter; dort kühlt sie ein trockener Luftzug; dann betupft er vorsichtig die sauberen Stahlklammern der Wunde, weil sie so kalt scheinen: aber sie sind heiß.
    Destange hat die Türe, die ins Freie führt, offen gelassen, und Lös kann von seinem Bett aus die Vorübergehenden sehen. Sie bleiben stehen, gucken neugierig auf den Liegenden, nicken wohl auch einen lächelnden Gruß. Lös winkt zurück mit der gesunden Hand. Jetzt geht Peschke vorbei, er wendet den Kopf nicht, der Korkhelm beschattet sein Gesicht, auf seiner Schläfe ist die Spitze seiner Apachenlocke, ein kleines schwarzes Dreieck. Ihm auf den Fersen folgt Patschuli, bleibt stehen, wirft eine Kußhand und steigt mit zögernden Schritten die beiden Stufen hinauf: er will ins Zimmer treten, da schlägt ein Zugwind die Türe zu. Aber Patschuli erscheint wieder am Fenster neben dem Bett, drückt seine Nase ans Drahtgitter, sein Gesicht ist so nahe, daß Lös zurückfährt, erschreckt von der Gier der weitaufgerissenen Augen. Patschuli möchte die Wunde sehen, er zappelt vor Neugierde, als verspreche der Anblick etwas ungeheuer Erregendes, steckt den Zeigefinger durch eine Masche und bettelt um die Erlaubnis, die Wunde betasten zu dürfen. Von Zeit zu Zeit ruckt er mit dem Kopf, lugt argwöhnisch nach rechts und nach links, als fürchte er eine unliebsame Überraschung. Dann läuft er plötzlich davon, ohne Gruß.
    Wieder ist Lös allein. Die Tür zum Vorderzimmer ist geschlossen. Durch das Gitter des Fensters sickert die heiße Luft, wie dickflüssige Gelatine durch ein Sieb. Der Posten ist so still; schlafen denn alle? Die Fliegen üben unermüdlich ihre komplizierten Reigen und gönnen sich nur selten eine kurze Rast; den Betten entströmt ein muffiger Geruch, der an schmutzige Wäsche erinnert, die lange in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt worden ist. Lös schließt die Augen, weil das allzu neue Gesicht der Dinge ihn ermüdet.
    Da bläst ein heftiger Atemzug über sein Gesicht. »He!«, sagt eine Stimme. Draußen steht, angetan mit einem neuen Khakihemd, Pierrard, der Belgier; zwei Finger der linken Hand tragen einen Verband. Er lächelt. »Wie geht's? Ich muß mit dir sprechen. Sie erzählen im Posten, du hättest Tag für Tag 30 Bidons Wein verschenkt. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, übertrieben ist es ja sicher. Aber eines steht fest, mein Lieber, daß nämlich unglaublich viel fehlt. Über vierhundert Liter Wein, ein halbes Faß; außerdem hast du vergessen, die Fässer jeweils wieder zu schließen, so daß in dreien der Wein sauer geworden ist. Du verstehst… die Hitze. Das Schnapsfaß ist auch fast leer und sollte doch noch mindestens hundert Liter enthalten, dazu fehlt ein ganzer Sack Kaffee, eine Kiste Seife. Weißt du, wir machen die Sache so: Ich muß die Aufstellung machen, Mauriot hat Vertrauen zu mir, da schreib ich eben etwas mehr Fehlendes auf, damit ich nachher

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