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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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und bittet um ein wenig Wasser, Kainz könne ja den Schnabel des Bidons in die Ritze der Türe stecken, das sei besser, als die Türe zu öffnen: der rostige Riegel mache soviel Lärm. Der alte Kainz brummelt, und plötzlich ist er lautlos verschwunden. Nur für kurze Zeit… Der Schnabel des Bidons ist gerade so lang, daß Lös das Ende mit den Lippen packen kann. Die Luft zischt leise am Korken vorbei, der die große Öffnung schließt. »Ah«, sagt Lös laut. »Und überleg' dir's wegen dem Geld«, sagt Kainz noch, aber in der Zelle bleibt es still.
    In der Baracke der Mitrailleusenabteilung ist noch Licht. Frank hockt mit Pierrard zusammen, und die beiden unterhalten sich eifrig. Ein wenig abseits sitzt Korporal Koribout und bewundert seinen schön gescheitelten Bart in einem kleinen Taschenspiegel. Neben ihm spricht Sitnikoff eifrig auf Pausanker ein.
    »Ist's erlaubt?« fragt der alte Kainz höflich. Pierrard nickt gnädig, im Hochgefühl seiner neuen Wichtigkeit. Sitnikoff läßt sich nicht stören.
    »Sie wissen«, sagt er, »daß ich mich damals für Sie eingesetzt habe, um Ihnen diese Schmach zu ersparen. Sie haben es anders gewollt. Aber jetzt fühlen Sie selbst, wie Sie mir sagen, das Unmögliche Ihrer Stellung. Das zeigt, daß Sie nicht alles Gefühl für Sauberkeit verloren haben… Wir alle von der Mitrailleusensektion werden Ihnen beistehen. Das Wichtigste scheint mir jetzt, daß Sie so bald als möglich nach Rich kommen. Farny hat Sie angesteckt, das war vorauszusehen. Aber Sie müssen sich jetzt gesund pflegen lassen, verstehen Sie, und der giftigen Atmosphäre entfliehen, die diesen Farny umgibt…« Pausanker hört verständnislos zu, und sein Mund steht offen… Reden kann dieser Sergeant! »Ich will nicht«, sagt er trotzig, »ich will bei meinem Sergeanten bleiben.« Sitnikoff stößt einen Seufzer aus. Da sagt der alte Kainz: »Ich war bei Lös.«
    Schweigen. Korporal Koribout steckt den Spiegel in die Tasche, Pierrard räuspert sich verlegen. »Man sollte ihn besuchen gehen oder etwas für ihn tun«, meint er ohne rechte Überzeugung.
    »Die Hilfsaktion müßte vor allem richtig organisiert werden«, stellt Sitnikoff energisch fest. »Wenn man so ins Blaue hinein etwas tut, getrieben von einer vagen Sentimentalität, hat das gar keine Wirkung.«
    »Ich werde für ihn übersetzen eins von meinen Gedichten aus dem Russischen, das wird ein Trost sein für ihn«, sagt Koribout mit seiner leisen, preziösen Stimme.
    »Morgen kann er einen Bidon Wein haben«, verspricht Pierrard und massiert seine mageren Wangen. »War immer anständig zu mir, der Lös, und ich weiß schon, daß ich sein Nachfolger sein werde, auch in der Zelle.«
    Einige Stimmen verlangen aus dem Dunkel heraus, die Kerze solle endlich gelöscht werden. Sitnikoff bläst das Licht aus. Der alte Kainz zieht Frank aus der Türe.
    »Weißt jetzt, wo er sein Geld hat?« fragt Frank. Er ist noch ein wenig blaß, aber geht ganz sicher auf seinen Beinen.
    Kainz zuckt mit den Achseln: »Er hat mir's nicht sagen wollen.« Sie gehen schweigend über den Hof. »Vielleicht hat er's irgendwem gegeben?« schlägt Frank als Lösung vor. »Red' net so dumm!« verweist ihn Kainz. »Es war doch niemand bei ihm, zu dem er hätt' Vertrauen haben können… Und i hab' mich so schön bei ihm eing'schmeichelt, mir hätt' er's sicher geben. Aber weißt, der Chef hat ihn sicher durchsucht, und der Lös is net grad der G'scheitest und hat das Geld bei sich g'habt. Dann hat's also der Chef. Na, i geh morgen noch einmal zur Prison und bring ihm Zigaretten, vielleicht sagt er mir's dann.«
    Aber Frank schüttelt nur den Kopf. Während er in Lös' Kammer gelegen ist, hat er ein paar Ritzen in der Mauer bemerkt. Vielleicht liegt das Geld dort. Und er trennt sich vom alten Kainz, geht in die Bäckerei und wartet dort vor der Tür, die er aufgemacht und wieder geschlossen hat, für den Fall, daß Kainz mißtrauisch ist. Dann schleicht er sich in Lös' verlassene Hütte. Pierrard wird wohl nicht so bald heimkommen. Nach einer Stunde kommt Frank enttäuscht heraus…
    Am anderen Morgen pfeift es wie sonst zum Reveil. Verschlafen gehen Abgesandte der Gruppen Kaffee holen und schleppen bei ihrer Rückkehr lange Streifen Kaffeegeruch hinter sich her. Der alte Hirt treibt die Schafe durch den Posten, über den Trommelwirbel ihres Laufens klingt laut ihr helles ›Bäh‹. Und wie sonst trägt auch heute der ›Schibany‹ ein neugeborenes Lamm auf dem Arm. Der dürre

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