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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Und eine Dummheit war es, das müssen Sie schon zugeben, Korporal. Hat er eigentlich viel Blut verloren?« fragt er den Krankenwärter. »Ja, der Boden war voll, hat der andere Korporal erzählt, der ihn hergebracht hat. Und der Hund soll auch noch viel aufgeleckt haben.« Bergeret pinselt die Wunde mit Jod aus und heftet dann die Lippen mit drei glänzenden Klammern zusammen. »Eigentlich könnte ich Sie jetzt vor Kriegsgericht bringen«, bemerkt er lächelnd. »Selbstverstümmelung kann man das nämlich nennen, wenn man bösartig sein will; aber ich bin nicht bösartig«. Er nickt und sieht zum Fenster hinaus; Lös stellt erstaunt fest, wie jung der Major eigentlich aussieht. Seine Haut ist ganz glatt, nicht einmal in den Augenwinkeln zeigen sich Falten.
    Eine aufgeregte Stimme läßt das Summen vor der Tür wieder verstummen. Lös kann die Worte verstehen: »Und ich sage Ihnen, Chef, ich will ihn nicht sehen. Mir derartige Unannehmlichkeiten zu bereiten! Der Mann muß ganz einfach verrückt sein.« Die Tür fliegt auf, Chabert dreht sich noch einmal um und schreit hinaus: »Was gibt es da zu gaffen? Ich will euch schon Arbeit verschaffen, wenn ihr keine habt! – Stehen da und glotzen!« Die letzten Worte richtet er an den Chef, dann schlägt er die Türe zu, daß der Kalk von der Decke rieselt. Der Chef lehnt sich gegen die Tür, blinzelt Lös zu und räuspert sich, um die Kehle für eine Äußerung zu klären. Aber der Capitaine kommt ihm zuvor. Wütend fährt er auf Lös los, aber seine Wut wirkt unecht.
    »Sie brauchen mich nicht anzuschauen! Mit Ihnen bin ich fertig. Solche Komödien aufzuführen! Ist es schwer, Bergeret? Du schüttelst den Kopf, bist du zu faul zum Antworten? Also, du garantierst mir, daß er nicht stirbt? Kann man sich auch so etwas vorstellen! Mit was hast du das gemacht?« fährt er wieder auf Lös zu. »Du willst nicht antworten? Antworte sogleich, sonst ist es Insubordination. Jawohl.« Da Lös schweigt, tritt der Chef vor und hält dem Capitaine das geschärfte Blechstück unter die Nase. »Was? Mit dem? Na, na, mein Kleiner! Solche Dummheiten! Das hat doch weh getan?« Lös schüttelt den Kopf, weil er nicht sprechen kann, das Schluchzen sitzt ihm im Halse und seine Augen sind voll Wasser. Der Capitaine kämpft entschlossen gegen seine und der andern Rührung. »Aber die Untersuchung geht weiter, verstanden, Chef? Ich will die Klage sehen, bevor sie nach Fez abgeht. Gesund muß er werden, damit er seine Strafe abverdienen kann. Soll ich ihn nach Rich schicken, damit die Heilung nicht zu lange dauert? Nicht nötig, meinst du? Übrigens, Bergeret, machst du einen Rapport über diese Sache? Nicht? Kannst du denn nicht antworten? Besser keinen, ich finde auch. Sonst schnappt man den armen Kerl da noch wegen irgendeines blöden Paragraphen. Selbstmord ist nämlich in der Legion verboten, wird gleichgesetzt mit Diebstahl; denn du darfst über deinen Körper nicht frei disponieren, du hast ihn verkauft, weißt du das nicht? Und dann Bergeret, mach', daß du nach Rich kommst. Meine Verwundeten sind schon längst dort und brauchen dich, sind auch viel interessanter als dieser da, in ehrlichem Kampfe verwundet! Wenn es hier eine Infektion geben sollte, schicke ich dir den Korporal mit den nächsten Camions. Denn gesund muß er werden. Komm, Chef, wir gehen.«
    Draußen ist es still geworden. Nur das Heulen eines Hundes ist zu hören. Lös fährt auf: »Das ist Türk. Warum quälen sie meinen Hund?« Der Major wird plötzlich streng und drückt Lös aufs Bett nieder. »Sie haben gehört, was der Capitaine gesagt hat. Sie sind noch immer Untersuchungsgefangener. Und der Hund gehört nicht Ihnen. Sie besitzen überhaupt nichts mehr. Destange, Sie machen ihm dann noch eine Einspritzung gegen Starrkrampf. Sie wissen doch wie? Und eine Pravazspritze ist auch vorhanden? Gut. Also, Sie sind verantwortlich für ihn. Wenn irgend etwas los ist, können Sie mir telephonieren. Nichts zu fragen?« Destange steht stramm, schüttelt den Kopf. Der Major führt zwei Finger zur Mütze: »Und geben Sie ihm gehörig zu trinken, Tee, Wasser. Nur keinen Wein. Ich glaube, er wird noch Fieber kriegen. Seine Augen gefallen mir nicht. Und dann hat er ein schlechtes Herz. Na, Lös, es wird schon wieder besser.« Der Major winkt mit der Hand.
    »Jetzt wollen wir umziehen«, sagt Destange. »Kannst du gehen?« Lös nickt. Aber sobald er die Füße auf den Boden gesetzt hat und sich vom Bett abstößt, knicken die Knie ein,

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