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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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»werden Hof und Stadt weniger Gelegenheit haben, über eine der ersten Damen des Reiches Gerüchte aufzubringen.«
    Die Alba, frech und süß, erwiderte: »Da haben Sie wohl recht, Madame, an diesem Hofe kann man sich gegen Gerüchte schwerlich schützen. Immer wieder wundere ich mich, mit wem allen ich ins Gerede gebracht werde. Da ist der Graf von Teba, da ist Don Agustín Lancaster, da ist der Graf von Fuentes, der Herzog von Trastamara, ich könnte noch ein Dutzend anderer herzählen.« Es waren aber diese alle Männer, die als Liebhaber der Königin galten.
    Doña María Luisa, immer freundlich, antwortete: »Sie und ich, Doña Cayetana, haben zuweilen Lust, das Zeremoniell beiseite zu setzen und die Maja zu spielen. Sie dürfen sich’s erlauben, weil Sie jung sind und nicht häßlich, ich, weil ich durch Gottes Gnade Königin bin. Im übrigen habe ich es schwerer, weil meine Jugend vorbei ist und ich manchem Manne nicht gut ausschaue. Ich muß diesen Mangel ausgleichen durch Verstand und durch Kunst. Wie Sie wissen, habe ich einige meiner Zähne durch diamantene ersetzen müssen, um packen und festhalten zu können« – sie machte eine Pause und lächelte –, »wenn ich zupacken will.«
    Auch die Alba lächelte; aber es war jenes starre Lächeln, welches die verkleideten Majas der Gobelins zeigten. Was die Italienerin da sagte, klang nach Drohung.
    »In Piedrahita«, sagte die Alba, »werden wir wenig Gesellschaft haben. Wir haben nur den Maler Goya gebeten, uns zu besuchen. Er findet«, schloß sie munter, »er werde mit meinen Porträts niemals fertig.« – »Ich sehe«, antwortete Doña María Luisa, »Sie lieben die Kunst und geben Ihrem Maler Gelegenheit, Sie zu studieren.« Und ganz leicht fügte sie hinzu: »Sorgen Sie also dafür, Frau Herzogin von Alba, daß es kein Gerede mehr um Sie gibt.«
    »Ist das königliche Order
    Und Verwarnung?« fragte leichthin,
    Aber Aug in Auge mit ihr,
    Cayetana. Und die andre,
    Liebenswürdig, gab zur Antwort:
    »Nehmen Sie’s vorläufig als den
    Ratschlag einer mütterlichen
    Freundin.«
    Leise fröstelte es
    Cayetana. Doch sie dachte
    An die Wochen vor ihr, an die
    Wochen mit Francisco, und sie
    Schüttelte die leis und scharfen
    Worte ihrer Königin ab wie
    Wasser.

15
    Als der Hof in die Sommerresidenz bei San Ildefonso übersiedelt war, fand auch Doña Josefa Tudó den Aufenthalt in dem heißen Madrid unbekömmlich. Don Manuel trug keinen Anstand, sie nach San Ildefonso einzuladen.
    Sie wohnte im Ort, in der Posada de Embajadores, undverbrachte die heißen Wochen in angenehmer Langeweile mit ihrer Dueña Conchita. Sie spielte Karten mit ihr, oder sie lernte Französisch, oder sie klimperte auf ihrer Guitarre. Don Manuel erwirkte, daß sie zu gewissen Stunden in den Gärten des Schlosses Einlaß fand. Dann saß sie wohl stundenlang vor einer der berühmten Fontänen, vor dem Brunnen der Fama oder dem Bad der Diana oder vor der Fontäne der Winde, hörte dem Plätschern der Wasserkünste zu, summte sich eine ihrer Romanzen, dachte träg, wohlig und traurig an ihren im Ozean versunkenen jungen Gatten oder auch an ihren Maler Francisco.
    Zusammen mit Don Manuel machte sie Ausflüge in die großartigen Bergwälder, inmitten deren das Schloß liegt; die Wege waren gut gehalten für des Königs Jagd. Sie ritten in das Lozoya-Tal oder in die Wälder von Valsain, in Madrid hatte sie das Reiten erlernt.
    Manchmal sprach Manuel von Goya, von dessen Sommeraufenthalt bei den Albas, und er äußerte Scherzhaft-Obszönes über die Vereinigung des Stieres Francisco mit der kleinen, zierlichen Doña Cayetana. Pepa hörte zu, gelassenen Gesichtes, doch aufmerksam, und erwiderte nichts. Ziemlich oft sprach Don Manuel von Piedrahita. Es war ihm eine Genugtuung, daß der eingebildete Herzog, der ihm sein Du nicht hatte zurückgeben wollen, nun zum Gespött aller auf so intime Art mit Francisco verknüpft war. Auch war es ihm recht, daß sich der Maler, so tief in diese Leidenschaft verstrickt, nicht mehr um Pepa mühte. Andernteils verstand er nicht, was ein Mann, der sich der Liebe einer Pepa hatte erfreuen dürfen, an einer Cayetana fand. Ihm war die schwierige, verkünstelte, affektierte Puppe zuwider. Einmal – doch das erzählte er Pepa nicht –, als er sie beim Lever der Königin spaßhaft vertraulich gefragt hatte: »Und was macht heute unser Freund Francisco?«, hatte sie das mit genau dem gleichen freundlichen Gesicht überhört wie seinerzeit der Herzog sein

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