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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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est chatoyante«, hatte sie von Cayetana gesagt, und wie richtig das war, hatte er mittlerweile erfahren. Er hätte gerne mehr mit ihr über Cayetana gesprochen, aber sie war bei aller natürlichen Liebenswürdigkeit so sehr große Dame, daß er’s nicht wagte.
    Unter jenen, die ständig um Cayetana waren, störte ihn am meisten der Doktor Joaquín Peral. Der schöne Wagen, in welchem der Doktor herumfuhr, verdroß ihn; die sachverständige Sicherheit verdroß ihn, mit welcher der Mann über alle Dinge der Welt sprach, über die Musik des Herzogs und über seine, Franciscos, Bilder. Vor allem aber verdroß ihn, daß er, der sonst menschliche Beziehungen schnell durchschaute, sich nicht klarwerden konnte, welcher Art die Beziehungen Cayetanas zu ihrem Arzt sein mochten. Dem höflich beherrschten Gesicht des Arztes war so wenig zu entnehmen wie der ironischen Vertraulichkeit Cayetanas. Allmählich wurde Francisco die bloße Gegenwart des Arztes zum Ärgernis. Wann immer er Don Joaquín traf, gebot er sich energisch, seine Ruhe zu wahren, um dann sogleich eine läppische, rüpelhafte Äußerung zu tun, welche die andern mit Erstaunen aufnahmen, Peral selber mit freundlich beruhigendem Lächeln.
    Da der Doktor für seine im Ausland gesammelten Gemälde keine würdige Stätte hatte finden können, stellte ihm die Herzogin schließlich zwei Säle ihres riesigen Palacio Liria zur Verfügung, und sie lud seine und ihre Freunde, Perals Bildersammlung zu besichtigen.
    Es hing da sehr Verschiedenes nebeneinander: flämischeund deutsche Meister, alte, wenig bekannte Italiener, ein Greco, ein Mengs, ein David, auch jener Goya, den Cayetana ihrem Doktor geschenkt hatte. Doch wurde hinter dem Verschiedenen ein Einheitliches sichtbar, der ausgesprochene, wenn auch willkürliche Geschmack eines Kenners.
    »Was ich nicht habe erwerben können«, klagte in Gegenwart Cayetanas und anderer der Arzt, »ist ein Raphael. Spätere werden vielleicht finden, daß wir Raphael überschätzen, aber ich kann mir nicht helfen: ich würde von den Bildern, die hier hängen, ein jedes ohne Bedenken hergeben für einen Raphael. Sie scheinen das zu mißbilligen, Don Francisco«, wandte er sich freundlich an diesen, »und Sie haben sicher recht. Aber sagen Sie uns doch Ihre Gründe.« – »Es wäre sehr umständlich, Don Joaquín, Ihnen diese Gründe auseinanderzusetzen«, antwortete grob Francisco, »und es hätte wohl ebensowenig Zweck, wie wenn Sie mir Ihre medizinischen Ansichten erläutern wollten.« Doktor Peral, ohne seine freundliche Miene zu verändern, sprach mit andern über anderes.
    Auch Cayetana behielt ihr Lächeln bei, aber sie dachte nicht daran, Franciscos Flegelei ungestraft hinzunehmen. Sie ließ, als der übliche Ball begann, ein Menuett spielen, einen Tanz, der aus der Mode kam, und sie forderte Goya auf, als ihr Partner zu tanzen. Der dickliche Goya war sich bewußt, daß er in dem zierlichen Menuett und in der prallen Galatracht nicht eben erfreulich anzuschauen sein werde, und er wollte ihr nicht den Pelele machen, den Hampelmann. Er knurrte. Aber sie gab ihm einen Blick, und er tanzte. Tanzte verbissen. Ging wütend nach Hause.
    Mitte Juli pflegte sich der Hof nach dem Bergschloß von San Ildefonso zu begeben, um dort in der Frische die heißen Monate zu verbringen; Cayetana als Erste Dame der Königin mußte mit, und Francisco fürchtete sich vor dem langen, einsamen Sommer in Madrid. Eines Tages aber erklärte sie: »Don José ist dieses Jahr zu kränklich, um während der heißen Monate bei Hofe zu sein. Ich habe um Urlaub ersucht, ich möchte Don José den Sommer über Gesellschaftleisten auf unserm Landsitz in Piedrahita. Sie, Don Francisco, sind gebeten, mit uns nach Piedrahita zu gehen. Sie werden Don José und Doña María Antonia porträtieren, vielleicht auch werden Sie geruhen, mich zu malen. Zeit haben wir dort; Sie können von jedem von uns Sitzungen haben, so viele Sie wollen.« Francisco strahlte. Er wußte, Cayetana brachte ihm ein Opfer; denn trotz ihrer Antipathie gegen die Königin zog sie das Leben bei Hofe den langen, langweiligen Sommermonaten auf dem Lande vor.
    Andern Tages, nach dem Lever, hielt Doña María Luisa die Herzogin von Alba zurück. Sie wünsche herzlich, meinte sie, daß der Aufenthalt in Piedrahita dem Befinden Don Josés bekommen möge. Auch begrüße sie es, daß sich Doña Cayetana entschlossen habe, ihrem Gatten Gesellschaft zu leisten.
    »Auf diese Art«, schloß sie freundlich,

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