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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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da, und Goya fand, das lebendige, zarte und klare Gesicht, die delikaten blauen Bänder und die Rose, die er der Marquesa gegeben hatte, machten es zu einem im Grunde fröhlichen Bild. Sie aber stand davor, und: »Sie haben mir ein grämliches Altern ins Gesicht gemalt, Don Francisco«, sagte sie lächelnd. »Ich habe gar nicht gewußt, daß ich es so deutlich mit mir herumtrage.« Dann, lebhaft, schloß sie: »Aber es ist ein wunderbares Bild, und wenn Sie noch Zeit für Damen meines Alters haben, müssen Sie mir ein zweites malen.«
    Cayetana selber war von steter, kindlicher Heiterkeit. Man hatte Goya das kleine Nebenhaus, das »casino«, den »palacete«, eingeräumt, daß er ihn allein bewohne. Dort sah ihn Cayetana Tag für Tag. Gewöhnlich kam sie kurz vor dem Abend, wenn es kühler wurde; sie war in Begleitung ihrer Dueña Eufemia, die schwarz und würdig durch den Sommer ging, manchmal auch brachte sie das Negermädchen María Luz mit und den Pagen Julio, und beinahe immer war sie begleitet von zwei oder drei ihrer Katzen. Sie gab sich natürlich, beinahe kindisch. Brachte wohl auch eine Guitarre mit und verlangte, Francisco solle die Seguidillas und Sainetes singen, die sie zusammen gehört hatten.
    Manchmal mußte die alte Dueña von Hexen erzählen. Cayetana fand, Francisco habe Anlagen zum Hexer, und forderte ihn auf, bei einer renommierten Hexe in die Lehre zu gehen. Doña Eufemia aber bestritt seine Eignung, da er keine angewachsenen Ohren habe. Leute mit scharf ausgebildeten Ohrläppchen sollten sich Zauberversuchen fernhalten; es sei vorgekommen, daß solche Schüler mitten in der Verwandlung steckenblieben und dann elend zugrunde gingen.
    Einmal hatte Cayetana den Besuch ihrer toten Zofe Brígida empfangen. Die Tote hatte ihr vorausgesagt, ihre Verbindung mit dem Herrn Hofmaler werde lange dauern und erst nach manchen Mißverständnissen und nach viel Liebe und Verdruß zu Ende gehen.
    Wieder, ihrem Drängen folgend, versuchte er, sie zu malen. Er malte langsam, sie wurde ungeduldig. »Ich bin nicht der Hastige Lucas«, sagte er grimmig; mit diesem Namen nannte man den Luca Giordano, der viel für den Zweiten Carlos gemalt hatte, hochgeschätzt, hochbezahlt und schnell. Aber trotz seiner Mühe brachte Francisco auch diesmal kein Bild von ihr zustande. »Das kommt«, erklärte sie, nur halb im Scherz, »weil du nicht sehen willst, daß unter den Damen von Madrid ich die einzige wirkliche Maja bin.«
    Daß ihm das Porträt Cayetanas mißglückte, war das einzig Unerfreuliche in Piedrahita. Alles andere war licht und heiter.
    In diese fröhliche Stille hinein überbrachte der rotbestrumpfte Kurier den Brief des Príncipe de la Paz, der Goya nach San Ildefonso lud.
    Francisco war stolz und bestürzt. Gewiß, den Aufenthalt in den Bergen von Segovia, in ihrer Sommerresidenz bei San Ildefonso, widmeten die spanischen Könige ausschließlich der Ruhe und Erholung, die Regierungsgeschäfte wurden lässiger betrieben, das umständliche Zeremoniell vereinfacht, die Majestäten sahen nur Granden der Ersten Reihe und vertraute Freunde; in die Muße des Schlosses von San Ildefonso eingeladen zu werden, war hohe Auszeichnung. Trotzdem und bei aller Freude war Goya voll Unbehagen. Diese Wochen in Piedrahita waren die schönsten seines Lebens, nichts wog sie auf, und was wird Cayetana sagen, wenn er fort will?
    Er zeigte ihr das Schreiben. Sie hatte ihrer Feindin nicht die Ehre angetan, ihm von ihrer bösartigen Drohung zu sprechen. Sie tat es auch jetzt nicht, sie beherrschte sich. »Sie müssen Ihre Ablehnung sehr höflich und vorsichtig begründen, Francho«, sagte sie ruhig. »Sicherlich glaubt die Italienerin,sie habe sich da eine sehr kluge und vornehme Art ausgedacht, mir und Ihnen den Sommer zu verderben. Sie wird grün werden vor Wut, wenn sie Ihren Absagebrief bekommt.«
    Goya schaute sie an, beinahe töricht. Es war ihm nicht eingefallen, daß der Brief vielleicht nicht um seiner Kunst willen geschrieben sein könnte, sondern deshalb, weil Doña María Luisa ihrer Feindin Cayetana einen Streich spielen wollte. Ganz leise jetzt ahnte er die wahre Wahrheit, daß nämlich hinter der Einladung Pepa stak.
    Cayetana mittlerweile zerriß lässig, spielerisch mit ihren zarten, spitzen und dennoch fleischigen Kinderfingern den Brief Don Manuels. Er sah zu, ohne sich ihrer Bewegungen bewußt zu werden, doch so genauen Auges, daß das Bild ihrer Gesten für immer in ihm haftenblieb. »Ich bin Hofmaler«, sagte er

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