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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hier nicht besser als in San Ildefonso. Er sagte sich hundertmal, das Klügste wäre, er schriebe Cayetana, oder er ginge einfach wieder nach Piedrahita. Doch das konnte er seinem Stolze nicht abkämpfen.
    Er verwünschte, daß er war, so
    Wie er war. Und warum hatte
    Er gerad in Cayetana
    Sich vergaffen müssen? Opfer
    Über Opfer hatte diese
    Dumme Leidenschaft von ihm ge-
    Fordert. Alles an ihr wollte
    Hoch bezahlt sein. Und es kehrte
    Seine ganze Wut sich gegen
    Cayetana. Die Dämonen,
    Jene bösen Geister, die in
    Allen Winkeln hockten, um ihn
    Zu belauern, sich auf ihn zu
    Stürzen, wurden eins ihm mit der
    Alba.

18
    Im Spätsommer kehrten die Albas nach Madrid zurück. Cayetana blieb unsichtbar und schickte keine Botschaft. Mehrmals begegnete Francisco einem der Wagen des Hauses Alba. Er befahl sich, nicht hinzuschauen. Schaute hin. Zweimal war es der Herzog, zweimal ein Fremder, ein anderes Mal die alte Marquesa.
    Eine Karte wurde überbracht, welche den Hofmaler de Goya y Lucientes und Señora Doña Josefa einlud, einem Musikabend des Herzogs beizuwohnen; gespielt werden sollte eine Oper des Señor Don José Haydn »Die Welt auf dem Monde«. Eine Stunde lang war Francisco fest entschlossen abzulehnen, die nächste ebenso fest, hinzugehen. Josefa hielt es für selbstverständlich, daß man die Einladung annahm.
    Wiederum wie an jenem Abend, da Goyas unselige Verstrickung mit ihr begonnen hatte, war die Alba zunächst nicht sichtbar. Vorerst einmal mußte Francisco die ganze Oper des Señor Haydn anhören. Da saß er neben Josefa, verzehrt von Ungeduld, Furcht und Hoffnung, gepeinigt von der Erinnerung an Stunden in Piedrahita, wo er bei ähnlichen Musikdarbietungen des Herzogs neben Cayetana gesessen hatte.
    Dabei war die Oper leicht und zierlich. Sie stellte dar, wie ein von der Passion für die Astronomie besessener reicher Herr, Bonafede, Vater zweier hübscher Töchter, von einem betrügerischen Scharlatan, Eccletico, in den Glauben versetzt wird, er lebe auf dem Monde; seine Erlebnisse auf diesem Gestirn veranlassen ihn, seine Töchter an Freier zu verheiraten, denen er sie auf Erden niemals gegeben hätte. Der italienische Text war von dem Herzog selber, noch mit Hilfe des nunmehr verschwundenen Abate, ins Spanische übertragen worden, die Inszenierung war gut, die Musik nicht so verstiegen, wie Goya befürchtet hatte, er hätte sich unter andern Umständen der anmutigen Darbietung erfreut. So aber, in seinem Innern, schimpfte und knurrte er.
    Endlich war die Oper zu Ende, der Mayordomo bat in den Hauptsaal.
    Wie damals empfing Doña Cayetana ihre Gäste auf altspanische Art, auf ihrer Estrade. Diesmal war der hohe Baldachin, unter dem sie saß, geschmückt mit einer bemalten Holzstatue der Jungfrau, geschaffen von Juan Martínez Montanés. Mit gefalteten Händen, das Haupt verschämt geneigt, stand anmutig mit einem ganz kleinen, stolzen, spanischenLächeln die Jungfrau auf dem Schemel eines Halbmonds, der getragen war von zierlichen Engelsköpfen. Der Anblick der Alba, wie sie lieblich unter dieser lieblichen Statue saß, hatte etwas Lasterhaftes und Berückendes. Sie war geschminkt dieses Mal und gepudert, sie trug ein Kostüm alten Versailler Schnittes, von schmalster Taille fiel weit der Rock. Gewollt puppenhaft und beinahe lächerlich hochmütig sah sie aus. Das weiße Gesicht, starr lächelnd, während die metallischen Augen unter den hohen Brauen bestürzend lebendig wirkten, schien doppelt sündhaft durch die holde und freche Gemeinsamkeit mit dem Antlitz der Jungfrau, welche lächelnd und mit züchtiger Genugtuung der Verkündigung lauscht.
    Francisco, geschüttelt von Wut und Bezauberung, trug ein wildes Verlangen, ihr irgendwas zu sagen, was nur sie beide anging, etwas maßlos Verliebtes oder maßlos Unzüchtiges. Aber sie gab ihm keine Gelegenheit, mit ihr allein zu sprechen; vielmehr war sie zu ihm von großer, distanzierender Höflichkeit.
    Auch sonst brachte ihm der Abend nur Verdruß. Selbstverständlich war Carnicero da, der Berufsbruder, der Pfuscher. Er hatte die Dekorationen zu der »Welt auf dem Monde« entworfen; Goya taten noch die Augen weh von dem süßlich limonadigen Gekleckse. Der Herzog und die alte Marquesa ärgerten ihn gerade durch ihre Freundlichkeit. Don José, wiewohl er die Kulissen Meister Carniceros sehr hübsch fand, bedauerte, daß nicht er, Goya, die Dekorationen entworfen habe; doch sei er ja in der letzten Zeit so schwer zugänglich, wie ihm Cayetana gesagt

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