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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Lust, mit ihr zu schlafen; das wäre eine Rache gewesen an der Alba, an Manuel, an Pepa selber. Aber er wollte ihr nicht zeigen, daß sie ihn nach wie vor anzog. Auch er blieb einsilbig.
    Dafür war Manuel krankhaft munter. »Ich weiß«, fiel ihm ein, »wie Sie uns Pepa malen müssen: mit der Guitarre.« Das fand Francisco nicht schlecht. Der Adler ins Blaue, die Sau in den Mist, Pepa, blödverträumten Gesichtes, mit der Guitarre.
    Mit Lust ging er an die Arbeit. Pepa war ein gefügiges Modell. Sie saß lässig da, Verlangen weckend, und schaute ihm mit ihren schamlosen Augen gerade ins Gesicht. Er begehrtesie sehr. Er wußte, sie hätte ihn zuerst verhöhnt, doch nur, um dann um so willfähriger zu sein. Aber er war ausgefüllt von Cayetana. Nun gerade nicht, dachte er. Doch malte er in das Porträt alle seine Begierde. Er arbeitete schnell; wenn er’s darauf anlegte, konnte er’s mit dem Hastigen Lucas aufnehmen. In drei Sitzungen wurde »Die Dame mit der Guitarre« beendet. »Das hast du gut gemacht, Francho«, sagte Pepa befriedigt. Manuel war entzückt.
    Doña María Luisa befahl Francisco zu sich. Sie war also wirklich mit im Komplott gewesen. Bitterkeit im Herzen, begab er sich zu ihr.
    Sie begrüßte ihn freundlich, und seine Vernunft kehrte zurück. Er hatte keine Ursache, der Königin zu grollen. Nicht ihm hatte sie den Sommer und die Freude verderben wollen, sondern ausschließlich der Feindin, der Alba, und das war begreiflich nach der Art, wie diese sie wieder und wieder herausgefordert hatte. In seinem Heimlichsten empfand Francisco eine gewisse Genugtuung, daß sich die Königin und die Alba um ihn stritten. Das mußte er seinem Martín nach Saragossa schreiben.
    María Luisa freute sich ehrlich, Goya da zu haben. Sie schätzte sein gescheites, unabhängiges und gleichwohl bescheidenes Urteil, und sie hatte Verständnis für seine Kunst. Auch machte es ihr Spaß, daß Goya jetzt hier war und nicht in Piedrahita. Nicht daß sie der Alba den dicklichen, alternden Francisco mißgönnt hätte; sie selber wollte fürs Bett stramme, junge Burschen, nicht zu intelligent, und die ihre Uniform elegant zu tragen wußten. Aber die Dame war gar zu insolent gewesen, sie mußte ab und zu eins auf den Kopf bekommen. Darum also malte jetzt Francisco Goya sie, María Luisa de Borbón y Borbón, und nicht Cayetana de Alba.
    Der Gedanke an die Alba brachte sie auf eine gute Idee. Sie schlug Goya vor, sie als Maja zu malen.
    Er war unangenehm überrascht. Erst hatte er Pepa zu Pferde malen sollen, nun die Königin als Maja. Er gestand ihrim stillen zu, daß sie manches von einer Maja an sich hatte durch die Art, wie sie sich übers Zeremoniell wegsetzte und das Gerede mißachtete, und vor allem durch ihren unbändigen Lebensdurst. Aber die Tracht der Maja war der Grandin höchstens auf Kostümfesten erlaubt; wenn sich Doña María Luisa so porträtieren ließ, war das zumindest befremdlich. Und bestimmt wird er neue Ungelegenheiten mit Cayetana haben.
    Er riet auf vorsichtige Art ab. Sie bestand. Nur ein Zugeständnis machte sie: daß das Kostüm nicht bunt sein sollte, sondern schwarz. Im übrigen war sie, wie stets, ein gutes Modell, das ihn mehr unterstützte als behinderte. Wieder und wieder sagte sie ihm: »Machen Sie mich, wie ich bin. Idealisieren Sie mich nicht. Ich will sein, wie ich bin.«
    Trotzdem ging die Arbeit an dem Porträt nicht recht voran. Nicht nur verlangte sie viel von ihm und er viel von sich, sie war auch nervös, wohl aus eifersüchtigem Ärger über Manuel, dessen Liebschaft mit der Person noch immer fortdauerte, und sie sagte häufig Sitzungen ab.
    Wenn er nicht arbeitete, trieb er sich herum im Schloß und in den Parks, gelangweilt und reizbar. Er stand vor den Fresken Maellas und Bayeus, die Unterlippe vorgeschoben, höhnisch, kritisch. Er stand vor den Fontänen mit ihren mythologischen Figuren, und er sah die Wasser steigen und fallen und spielen, und durch sie, über ihnen sah er den riesigen, glänzend weißen Palast, das spanische Versailles, mit unendlicher Mühe so hoch oben erbaut, das Schloß in der Luft. Besser als die andern vermochte er den gewollten Gegensatz zu spüren zwischen der französischen Künstelei des Bauwerks und der Gärten und der Wildheit der spanischen Natur. Und besser als die andern verstand er den Fünften Philipp, der mit unendlichem Aufwand an Zeit, Geld und Mühe diesen Palast gebaut hatte und der, müde seiner Laune, als die Wasserkünste das erste Mal

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