Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
habe. Auch die alte Marquesa fand es betrüblich, daß Goya so gar keine Muße mehr habe, im Hause Villabranca vorzusprechen und das zweite Porträt von ihr zu malen. Francisco hörte aus ihren Worten eine leise Ironie heraus; sicherlich ahnte sie, was zwischen ihm und Cayetana vorgegangen war.
    Ganz unerträglich war Doktor Peral. Mit widerwärtiger Sachkenntnis verbreitete er sich über die Musik des Don José Haydn. Das sonst so zugesperrte Gesicht des Herzogsstrahlte, als der Arzt mit viel Enthusiasmus und unter Anwendung der technischen Fachausdrücke auseinandersetzte, wie einfallsreich etwa und witzig Haydn die Instrumentierung wechsle jedes Mal, da Bonafede durch das Teleskop schaue, um seine Beobachtungen auf der Mondwelt zu verkünden, oder mit welchem Realismus seine Musik die Empfindungen des Fliegens wiedergäbe. Doch mehr noch als das siebengescheite Geschwätz des gelehrten Windbeutels kratzten Francisco die vertraulichen, ihm unhörbaren Worte, die er Cayetana und den Arzt wechseln sah, und Cayetanas Lachen über ein Witzwort des Doktors, welches sicher nur sie und dieser verstehen konnten. Die ganze Art, wie der »Barbier« mit Cayetana sprach, hatte etwas aufreizend Besitzerhaftes.
    Goya hatte alle die Tage her mit Qual und Lust diesem Abend entgegengewartet. Nun war er es bitter zufrieden, als er sich verabschieden und Cayetanas Dunstkreis entweichen konnte. Auf der Heimfahrt meinte Josefa, der Abend sei besonders geglückt gewesen, Don José sei wirklich ein großer Musiker und die Oper sehr hübsch.
    Den Tag darauf begann Francisco ein kleines Tafelbild: Cayetana unter der Jungfrau mit dem Halbmond. Er hatte sich vervollkommnet in der Kunst, ein Gesicht anonym und trotzdem kenntlich zu machen. Die weißgeschminkte Dame unter ihrem Baldachin hatte etwas Laszives, bösartig Höhnisches, Blasphemisches. Goya malte heimlich, wenn Agustín nicht da war, und verbarg vor ihm das kleine Gemälde. Er malte mit Eifer und mit Hast. Einmal vergaß er, die Tafel wegzustellen. Als er zurückkam, fand er Agustín davor. »Es ist wunderbar«, sagte Agustín, »es ist die Wahrheit der Wahrheiten.« – »Schon daß du es gesehen hast, ist zuviel«, antwortete Francisco und räumte das Bild fort, für immer.
    Wieder verging eine Woche, ohne daß er was von Cayetana gehört hätte. Nun wußte Goya, er werde auch über drei Monate nichts von ihr hören und nichts über ein Jahr, und heißer, als er je was bereut hatte, bereute er, daß er von Piedrahita und von ihr fortgelaufen war.
    Da stellte sich in seinem Atelier die Dueña Eufemia ein und fragte im natürlichsten Tone der Welt, ob Don Francisco Zeit und Lust habe, morgen abend mit Doña Cayetana ins Cruz zu gehen, man gebe den »Betrogenen Betrüger« des Comella, und Doña Cayetana verspreche sich allerhand von den Seguidillas.
    Sie gingen ins Theater, sie taten, als hätten sie sich gestern verabschiedet, sie fragten einander nichts, sie sprachen kein Wort über das, was in Piedrahita vorgefallen war.
    In den folgenden Wochen sahen sie sich oft, sie lebten einer mit dem andern, sie liebten einer den andern wie vor der Zeit ihres Streites in Piedrahita.
    Gewöhnlich, wenn Cayetana kommen wollte, sagte sie sich an; dann sorgte Goya dafür, daß er allein war. Einmal, als sie unangemeldet kam, war Agustín am Werke, »Die Königin als Maja in Schwarz« zu kopieren.
    Cayetana beschaute das Porträt der Feindin. Diese stand da, gelassen repräsentativ. Francho hatte ihre Häßlichkeit nicht unterschlagen, das mußte man ihm zugeben, aber er hatte sich bemüht, das bißchen, was María Luisa hatte, das Fleisch der Arme und des Halsausschnittes, zum Vorteil herauszustellen. Und er hatte ihr Format gegeben. So wie sie da auf der Leinwand stand, war sie bei aller Ähnlichkeit eine Maja und eine große Dame und keineswegs lächerlich. Cayetana verspürte jenes kleine Frösteln, das sie überkommen hatte, als die Königin sie warnte.
    »Warum hast du sie so gemalt?« fragte sie böse und geradezu, unbekümmert um die Gegenwart Agustíns. »Es ist ein gutes Bild«, antwortete empört und sachlich Francisco. »Ich verstehe dich nicht«, sagte Cayetana. »Diese Frau hat unsern Sommer zerschlagen, deine und meine Freude, auf billige, gemeine Art. Wir haben es beide erfahren, was sie ist: eine italienische Nähmamsell. Und du malst sie als Königin, spanisch vom Haar bis zur Sohle.« – »Wenn ich sie so male, dann ist sie so«, antwortete Francisco, ruhig, doch mit einem

Weitere Kostenlose Bücher