Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
preisen, die von ihr ausging.
Der Majo fühlte sich als den besten Vertreter des Spaniertums, des Españolismo, er gab darin keinem Granden etwas nach. Und so dachte über ihn das ganze Land. Jeder rechte Spanier mußte Majismo in sich haben. Majo und Maja waren die beliebtesten Personen der Sainetes und Tonadillas, der beliebteste Vorwurf der Schriftsteller und Künstler.
Und die Damen und die Herrn des
Hofes, des Verbots nicht achtend,
Das die Tracht des Majo und der
Maja ihnen untersagte,
Schlüpften gerne in die bunte
Kleidung, und in ihre Rede
Flochten sie die großen Worte,
Die der Majo und die Maja
Liebten. Viele Granden, viele
Reiche Bürger spielten gern den
Majo, gern die Maja; ja, es
Waren unter ihnen solche,
Die es waren .
17
In San Ildefonso wurde Goya mit viel Höflichkeit aufgenommen. Er wurde nicht in der Posada, sondern im Schlosse selber einquartiert. Bücher, Süßigkeiten, Wein waren bereitgestellt, sichtlich mit Kenntnis seines Geschmackes ausgewählt. Einer der rotbestrumpften Lakaien wurde ihm als ständiger Diener beigegeben. Sein Appartement bestand ausdrei Zimmern, von denen er sich eines als Atelier einrichten mochte.
Manuel ließ ihn bitten, sich abends um sechs Uhr in der Reitbahn einzufinden. Das war ein ungewöhnlicher Treffplatz für die Abendstunde. Wollte sich Manuel oder wollte sich Doña María Luisa selber wiederum zu Pferde porträtieren lassen?
In der Reitbahn fand er Manuel und Pepa. Sie begrüßte ihn strahlend. »Es war eine ausgezeichnete Idee Don Manuels, Sie hierherzubitten«, sagte sie. »Wir haben wunderbare Wochen gehabt in dieser herrlichen Berggegend. Ich hoffe, Francisco, auch Sie haben sich gut unterhalten.« Manuel stand daneben, im Reitanzug, stramm, vergnügt, besitzerhaft.
Cayetana hatte also recht. Man hatte ihm einen frechen, dummen Streich gespielt. Was sie ihm damit angetan hatten, die beiden, daß sie nämlich das beste Glück seines Lebens zerschlagen hatten, das wußten sie wahrscheinlich selber nicht. Aber vielleicht haben sie es gerade darum getan. Es war lächerlich und empörend, daß eine Laune der Pepa, dieser Lumpin und abgelegten Hure, ihm seinen wunderbaren Sommer in Stücke schlug.
»Ich beabsichtige, Francho«, sagte der Príncipe de la Paz, »Sie sehr in Anspruch zu nehmen. Zuerst möchte ich gerne, daß Sie mir Señora Tudó malen. Zu Pferde. Finden Sie nicht, daß ihr das Reitkleid wunderbar steht?« Er verneigte sich vor Pepa. Schon lief der Reitknecht, das Pferd vorzuführen.
Am liebsten hätte Goya der Pepa eine gewaltige Maulschelle heruntergehauen, auf richtige Majo-Art. Aber er war kein Majo mehr, er war verdorben durch den Erfolg und das Leben bei Hofe. Er sagte sich, nachdem er schon einmal hierhergekommen sei, dürfte er sich nicht in seinem Zorne alles verderben. Aber sie zu Pferde zu malen, diese Jamona, daran dachte er natürlich auch nicht. »Der Adler gehört ins Blaue, die Sau in den Mist.« Was für eine maßlose Insolenz von diesem aufgeputzten Mensch, aufs Pferd steigen und sich malen lassen zu wollen. Als Grandin! Und von ihm! »Leider übersteigteine solche Aufgabe meine Kraft, Don Manuel«, sagte er höflich. »Ich bin nicht eben ein Maler der Schönheit. Wenn ich etwas malen soll wie Señora Tudó zu Pferde, dann wird, fürchte ich, mein Bild weit hinter der Wirklichkeit zurückbleiben, wie Sie sie sehen, Don Manuel.«
Pepas weißes, gelassenes Gesicht verzerrte sich ein wenig. »Ich hätte mir denken können, daß du mir die Freude verderben wirst, Francho«, sagte sie. »Jede Freude willst du mir verderben.« Ihre breite, niedrige Stirn furchte sich. »Bitte, Don Manuel«, sagte sie, »geben Sie den Auftrag Maella oder Carnicero.«
Manuel verstand es, daß das Unternehmen dem Maler zu gefährlich schien. Im Grunde war er selbst froh, auf diese Art um die gewagte Sache herumzukommen. »Lassen Sie uns das zweimal überlegen, Señora«, sagte er beruhigend. »Wenn sich’s ein Goya nicht zutraut, Sie zu Pferde zu malen, wie sollte dann ein Maella oder Carnicero Ihnen gerecht werden?«
Der Pico de Peñalara schaute herunter, ein kleiner, angenehmer Wind ging, aber Verstimmung lag in der wohlig frischen Luft. »Ich darf mich wohl zurückziehen«, sagte Francisco. »Unsinn, Francho«, antwortete Manuel. »Ich habe mich für heute abend frei gemacht, Pepa wird Vernunft annehmen, Sie bleiben natürlich bei uns zum Essen.«
Während des Mahles saß Pepa gelassen da, schweigsam und schön. Goya hatte
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