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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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war eine wohlerhaltene, fleischige, beinahe kindliche, starkberingte Hand.
    Cayetana teilte Francisco mit, was sich ereignet hatte. »Sie sehen, ich habe recht gehabt«, schloß sie mit etwas gezwungener Munterkeit. »Ganz so großzügig, wie Sie die Italienerin gemalt haben, ist sie nicht.«
    Goya war bestürzt. Cayetana verbannt! Cayetana fort aus Madrid! Dieses Ereignis mußte sein ganzes Leben verwandeln. Bestimmt erwartete sie, daß er sie ins Exil begleiten werde. Es war reizvoll, mit Cayetana zusammen zu sein, auf einem ihrer Güter, ohne das Getriebe des Hofes, ohne das Getriebe Madrids, ohne die vielen spähenden Augen ringsum. Aber er war Maler des Königs, er war Präsident der Akademie, er konnte, wenn überhaupt, dann nur auf kürzeste Zeit fort aus Madrid. Er war verwirrt. Und inmitten seiner Ratlosigkeit, Glückserwartung, Rechenhaftigkeit war heimlicher Stolz, daß zuletzt er es gewesen war, der in das Schicksal dieser Hochmütigen, Vornehmen eingegriffen hatte.
    Noch bevor er mit sich im reinen war, sprach sie weiter: »Ich finde, es hat auch sein Gutes, gänzlich unabhängig zu leben. Zu wissen, daß das Geklatsch Madrids mich erst erreicht, wenn es schon vergessen ist.«
    Er mußte endlich was sagen. »Wohin werden Sie gehen?« fragte er, töricht. »Zunächst werde ich hier bleiben«, antwortete sie, und da er sie verblüfft anstarrte, erklärte sie: »Ich will sie zwingen, ihre Feder zu brauchen. Sie soll mir eine königliche Verfügung schicken. Erst wenn ich die Carta orden erhalte, werde ich gehen.«
    Er war zu einem Entschluß gekommen. »Darf ich Sie begleiten, Cayetana?« fragte er linkisch, stolz auf seinen Mut. Dabei hatte er bereits voll bäuerlicher Schlauheit erwogen, daß ihm sein Gehörleiden einen guten Vorwand bot, um Urlaub einzugeben. »Natürlich kommen Sie mit!« rief sie, vergnügt. Er aber jubelte: »Das ist ja großartig. Das hat Doña María Luisa bestimmt nicht bedacht, daß sie uns einen Dienst erweist.«
    Allein María Luisa hatte es bedacht. Auf Goyas Urlaubsgesuch antwortete der Erste Kammerherr, der Herr Präsident der Akademie möge seinen Urlaub aufschieben. Der König beabsichtige, ihm einen größeren Auftrag zu erteilen. Er sei nach Aranjuez eingeladen, dort würden die Majestäten das Weitere mit ihm besprechen.
    Cayetana, als sie’s hörte,
    Wurde blaß. »Die niederträcht’ge
    Hündin!« brach sie aus. Doch gleich kam
    Ihr Verstand zurück: »Für einen
    Monat«, sprach sie, »kann sie dich, für
    Zweie halten. Also kommst du
    Eben später. Und wir haben
    Leider ja, zum Glücke haben
    Wir ja Zeit. Komm bald! Arbeite
    Gut! Mach sie so ähnlich, wie es
    Möglich ist! Ja«, schloß sie lächelnd,
    Böse, »mach sie ja recht ähnlich,
    Deine schwarze Maja.«

27
    In Aranjuez angelangt, wurde Goya sogleich zu König Carlos geführt.
    Der Monarch war in Gesellschaft seiner beiden jüngsten Kinder, des Infanten Francisco de Paula und der Infantin María Isabel, und vergnügte sich damit, ein Spielzeugschiff auf dem Kanal La Ría schwimmen zu lassen. Sichtlich hatte der König selber an dem Spielzeug größere Freude als die Kinder. »Sehen Sie her, Don Francisco«, rief er dem Maler entgegen, »es ist eine genaue Nachahmung meiner Fregatte Santísima Trinidad. Die Fregatte selber müßte jetzt im Südchinesischen Meer kreuzen, bei meinen Philippinischen Inseln. Gewißheit freilich hat man keine mehr, wie die Dinge heute liegen; diese Engländer haben sich mit dem Teufel selber verbündet. Aber mit unserer Fregatte hier ist alles gut gegangen. Wir haben sie um die ganze Isla herumgesteuert, durch den Tajo und den Kanal. Bleiben Sie und spielen Sie mit«, forderte er Goya auf.
    Nachdem er die Kinder endlich zurückgeschickt hatte, spazierte er mit seinem Maler in den Gärten. Schwer stapfte der feiste Mann dahin, Francisco einen halben Schritt hinter ihm. Die Alleen waren unabsehbar lang, die Zweige der hohen Bäume formten ein weites, gewölbtes Laubdach, ein wenig Sonne sprenkelte hindurch. »Passen Sie auf, mein Lieber«, setzte ihm der König auseinander, »was ich mit Ihnen vorhabe. Es trifft sich, daß in diesem schönen Monat Mai alle meine Lieben hier in Aranjuez beisammen sind. Und da ist mir eine Idee gekommen. Sie müssen uns malen, Don Francisco, alle zusammen, auf einem Bild.«
    Goya hörte gut an diesem Tag, und die Majestät hatte eine laute Stimme. Trotzdem glaubte er, er habe sich verhört. Denn was da aus den Worten des Königs vor ihm aufstieg,

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