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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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geschickt unterstütze, das französische Volk ihm, Don Carlos, als dem Haupte der Bourbonen auch die Krone Frankreichs anbieten. Yo el Rey de las Españas y de Francia, dachte er. Wenn er dastehen wird in der Mitte der Seinen, in stolzer Uniform, mit funkelnden Bändern und Orden, mit seinem starken Körper und seinem würdevollen Kopf, und wenn er sich eifrig denkt: Yo el Rey, dann wird dieser Hofmaler sicher imstande sein, einen Abglanz davon auf seine Leinwand zu bringen. »Ihre Idee scheint mir nicht ohne«, verkündete er. Goya atmete auf.
    Der Königin hatten die Worte ihres Hofmalers sofort eingeleuchtet. Sie war repräsentativ, so hatte sie Goya des öftern gemalt, und in der Mitte der Ihren wird sie bestimmt doppelt repräsentativ wirken. Aber machte sich’s Goya nicht ein wenig zu einfach? »Wie stellen Sie sich das vor, Don Francisco?« fragte sie, nicht ungnädig, doch noch zweifelnd. »Alle in einer Reihe? Ist das nicht ein wenig eintönig?« – »Wenn Sie mir die Gnade erweisen wollen, Señora«, erwiderte Goya, »es auf den Versuch ankommen zu lassen, dann, glaube ich, werde ich Sie zufriedenstellen.«
    Man kam überein, der König und die Seinen sollten sich morgen in der Grünen Galerie versammeln, alle in Gala, dann werde man endgültig festlegen, wie Don Francisco »Die Familie Carlos’ des Vierten« malen werde.
    Andern Tages stellten sich denn auch die spanischen Bourbonen allesamt, alte und junge, in der Grünen Galerie ein; ja, eine Hofdame hielt steif und behutsam einen prinzlichen Säugling, der offenbar auch auf das Gemälde sollte. Die Herrschaften saßen und standen in der strahlenden Sonnedes großfenstrigen Saales. Die beiden jüngsten Infanten, die zwölfjährige Isabel und der sechsjährige Francisco de Paula, jagten sich herum. Alle trugen sie Gala, das wirkte seltsam in der Helle des Vormittags. Die Wände entlang drückte sich viel Gefolge. Es war Lärm und gleichzeitig Verlegenheit. Eine Veranstaltung wie diese war im Zeremonienbuch nicht vorgesehen.
    Doña María Luisa nahm die Sache in die Hand. »Da haben Sie uns, Don Francisco«, sagte sie, »und nun machen Sie aus uns was Schönes.«
    Goya ging zu Werk. In die Mitte stellte er zwischen ihre beiden Jüngsten, die Zwölfjährige und den Sechsjährigen, die Königin; zu ihrer Linken, sehr im Vordergrund, pflanzte er den massigen Don Carlos hin. Diese Gruppe ergab sich von selbst. Auch die zweite Gruppe zu bilden war einfach. Da war die unauffällig hübsche Infantin María Luisa mit ihrem Säugling, den die Hofdame tief knicksend überreicht hatte, und zu ihrer Rechten ihr Mann, der Erbprinz von Parma, ein langer Herr, seinen Platz gut füllend. Die Verbindung zwischen dieser Gruppe und der Mitte stellte friedlich der alte Infant Don Antonio Pascual her, des Königs Bruder, der ihm lächerlich ähnlich sah, die drei noch übrigen Bourbonen füllten gut die vom Beschauer linke Seite des Bildes: der Thronfolger Don Fernando, ein sechzehnjähriger Junge mit nichtssagendem, leidlich hübschem Gesicht, sein jüngerer Bruder Don Carlos und ihre Tante, des Königs älteste Schwester, die unsäglich häßliche Doña María Josefa. Das war eine kindlich einfache Komposition, und Goya sah voraus, man werde sie unbeholfen schelten; doch war sie gerade so für seine Zwecke die rechte.
    Aber: »Halt, halt!« befahl der König. »Da sind noch zwei Infantinnen, die nicht da sind«, und er erläuterte dem erstaunten Goya: »Meine Älteste, die regierende Prinzessin von Portugal, und die Napolitanerin, die künftige Gemahlin meines Erbprinzen.« – »Befehlen Eure Majestät«, fragte Goya, »daß ich diese Königlichen Hoheiten nach Bildernmale oder nach Beschreibungen?« – »Machen Sie das, wie Sie wollen«, sagte der König. »Das Wichtigste ist: drauf müssen sie.«
    Nun aber meldete sich Don Fernando, der Prinz von Asturien, der Kronprinz. »Ich weiß nicht«, erklärte er böse mit seiner rauhen, mutierenden Stimme, »ob es angebracht ist, daß ich in der Ecke stehe. Schließlich bin ich der Prinz von Asturien. Warum soll der Kleine« – und er wies auf den Sechsjährigen – »in der Mitte stehen und ich in der Ecke?« Goya, geduldig, sich entschuldigend, mehr zum König gewandt als zu dem Prinzen, antwortete: »Ich dachte, es sei künstlerisch wünschenswert, daß zwischen Ihrer Majestät und Seiner Majestät kein großer Infant steht, sondern ein kleiner, damit die Gestalt Seiner Majestät voll zur Geltung kommt.« – »Ich sehe

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