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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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erläuterte er grimmig.
    Sie arbeitete sich aus dem Hut heraus, sie sah komisch und hübsch aus mit der zerstörten hohen Frisur. »Conchita«, rief sie wütend, und als die Alte erschien: »Sperr Don Francisco die Haustür auf.« Aber Francisco lachte nur. »Unsinn, Conchita«, sagte er. »Geh zurück in deine Küche.« Und als sie gegangenwar, entschuldigte er sich: »Ich bin heute ein bißchen schwer zu haben, ich hatte viel Ärger. Übrigens war, was du über das Bild gesagt hast, wirklich nicht sehr gescheit. Schau genau hin, dann wird dir der Arm nicht zu kurz vorkommen.« Sie maulte und bestand: »Er ist doch zu kurz.« – »Blind bist du, aber hübsch mit den verwirrten Haaren«, sagte er gutmütig. »Und eine neue Coiffure schenk ich dir auch«, tröstete er sie weiter, und er küßte sie.
    Später, im Bett, sagte sie: »Weißt du, daß Don Federico in allernächster Zeit zurückkommt? Kapitän Morales hat es mir gesagt, in seinem Namen, mit Grüßen.« Das stellte Francisco vor eine neue Situation. »Was wirst du tun, wenn der Admiral wirklich zurückkommt?« fragte er. »Ihm sagen, was ist«, antwortete sie. »Ihm sagen: ›Und zwischen uns beiden / Ist alles vorbei‹«, zitierte sie eine ihrer Romanzen. »Das wird unangenehm für ihn sein«, überlegte laut Goya. »Erst verliert er Toulon, und dann dich.« – »Eigentlich hat nicht er Toulon verloren«, verteidigte sachlich Pepa ihren Admiral, »sondern die Engländer. Aber ihm gibt man schuld, das ist nun einmal so.«
    Nach einer Weile ließ Francisco einen Gedanken laut werden, der ihn die ganze Zeit beschäftigte. »Und wie wird das mit deiner Pension?« fragte er. »Das weiß ich nicht«, erwiderte sie, nicht sehr besorgt. »Etwas wird mir wohl bleiben.«
    Es war nicht Goyas Sache, eine Frau auszuhalten; ein großer Maler hatte dergleichen nicht nötig. Auch überlegte er, daß er Pepa sehr wohl aus seinem Leben wegdenken könnte. Andernteils fand er es natürlich, daß eine hübsche Frau in angenehmen Umständen leben wollte, und es hätte ihn gekränkt, wenn sie, nur weil er ihr nicht genügend Geld gab, schließlich einem andern anheim- oder gar an den Admiral zurückgefallen wäre.
    »Laß es dich nicht kümmern«, sprach er.
    »Denn ich werde dafür sorgen,
    Daß du weiter leben kannst wie
    Bisher.« Doch er sprach es schwunglos.
    »Danke«, sagte Pepa träge.
    »Und den Admiral, den hängen
    Wir dann von der Wand weg«, schlug er
    Vor, belebt. »Warum denn?« fragte
    Pepa. »Weil der Arm zu kurz ist?
    Nein, er ist gar nicht zu kurz. Ich
    Hab es nur gesagt, weil du dir
    Soviel Müh gibst mit Lucía.«
5
    Er stand vor dem Porträt, allein, und beschaute es, schärfsten Auges nach Fehlern spähend. Das war Doña Lucía, keine Frage. So lebte sie, so leibte sie, so sah er sie. Alles war da, das Maskenhafte, das etwas Künstliche, das Hintergründige. Denn etwas Hintergründiges hatte sie, und manche glaubten, die Frau, die jetzt dreißig Jahre alt sein mochte, schon früher gesehen zu haben, ohne die damenhafte Maske.
    Ob er mit dieser Frau schlafen wolle, hatte die Pepa ihn gefragt. Alberne Frage. Jeder gesunde, im Saft stehende Mann möchte mit jeder halbwegs hübschen Frau schlafen, und Doña Lucía Bermúdez war aufreizend hübsch, damenhaft hübsch, anders hübsch als andere.
    Ihr Mann, Don Miguel, war sein Freund. Aber er gestand sich ehrlich zu, daß es nicht das war, was ihn abhielt, Mühe und Zeit auf die Gewinnung Lucías zu verwenden. Vielmehr war, was ihn hemmte, gerade jenes etwas Rätselhafte, Ungewisse. Das reizte den Maler in ihm, aber nicht den Mann. Was sie war und was sie nicht war, ging ineinander über, es ließ sich nicht trennen, es war gespenstisch, unheimlich. Einmal hatte er’s gesehen, damals, im Ballsaal Don Manuels. Der Silberton auf dem gelben Kleid war es gewesen, das Flirrende, jenes verdammte, gesegnete Licht. Das war ihre Wahrheit, seine Wahrheit, das war das Bild, das er machen wollte.
    Und mit einemmal sah er es von neuem. Mit einemmal wußte er, wie er jenes schimmernde, schillernde, silbrig verfließende Grau herstellen konnte, das er damals gesehen hatte. Nicht der Hintergrund tat es, nicht das weiße Gewebe über dem gelben Kleid. Diese Linie hier mußte aufgeweicht werden, und hier diese, die Fleischtöne mußten mitwirken, das Licht, das von der Hand ausging, vom Gesicht. Es war ein Winziges, es war alles. Er schloß die Augen und sah. Er wußte, wie er’s zu machen hatte.
    Arbeitete. Änderte. Nahm ein

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