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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gatten:
    »Wußt ich’s doch, dein Freund Francisco
    Ist voll Hilfsbereitschaft, edel,
    Tapfer, selbstlos, ein Hidalgo
    Von dem Kopf bis zu den Füßen.«
    Grimmig schaute Don Francisco.
    Als die beiden dann gegangen
    Mit dem Bild Doña Lucías,
    Wandte sich Francisco böse
    Gegen Agustín. »Da sitzt du«,
    Hub er an, »und lachst und freust dich.
    Du hast’s leicht mit deiner Tugend,
    Hungerleider. Was hast du schon
    Zu verlieren?« Und er seufzte.
    »Wo man hinkommt, nichts als Ärger«
    Murrte er das alte Sprichwort,
    »Wo man hinkommt, stets das gleiche:
    Pflichten, Schulden, Kinder, Unkraut.«
7
    Als am übernächsten Tage Goya beim Lever Don Manuels erschien, um das bestellte Porträt zu beginnen, fand er den Vorsaal dicht gefüllt. Durch die geöffnete Tür sah man in das üppige Schlafzimmer, wo der Herzog angekleidet und frisiert wurde.
    Es waren da Lieferanten aller Art, Spitzenhändler, Juwelenhändler, ein Kapitän, soeben aus Amerika zurückgekehrt, der dem Herzog seltene Vögel zum Geschenk machen wollte. Da war Señor Paván, der die neugegründete, von Don Manuel subventionierte geographische Zeitschrift »Der Weltreisende« redigierte, und da war Don Roberto Ortega, der große Botaniker, um dem Herzog sein letztes Werk zu überreichen; Don Manuel ließ es sich angelegen sein, die botanische Wissenschaft zu fördern. Die meisten Besucher aber waren junge, hübsche Frauen, die dem Minister Bittschriften präsentieren wollten.
    Sowie ihm Goya gemeldet wurde, kam Don Manuel ins Vorzimmer, halb angezogen, den Schlafrock flüchtig übergeworfen, gefolgt von Sekretären und Bediensteten. Die Lakaien trugen rote Strümpfe, ein Abzeichen, das dem königlichen Haushalt vorbehalten war; aber der Vierte Carlos hatte den Herzog ermächtigt, auch seine Dienerschaft die auszeichnenden Strümpfe tragen zu lassen.
    Don Manuel begrüßte Goya herzlich. »Ich habe Sie erwartet«, sagte er und hieß ihn in das innere Zimmer treten, während er selber im Vorraum noch eine Weile verzog. Er sprach den und jenen an, lässig, nicht unfreundlich, hatte ein paar nette Worte für den Kapitän, der die feindliche Blockade durchbrochen hatte, dankte liebenswürdig dem Botaniker, schaute sich jovial, ungeniert abschätzend die wartenden Frauen an, ließ die Bittschriften von seinen Sekretären entgegennehmen, schickte dann die ganze Versammlung fort und ging zurück in sein Ankleidezimmer, zu Goya.
    Während man ihn vollends ankleidete und während ihm Señor Bermúdez, sie erläuternd, allerlei Papiere zur Unterschrift vorlegte, machte sich Francisco ans Werk. Das hübsche Gesicht des Ministers, voll, faul, mit dem kleinen, üppigen, sehr roten Mund hatte etwas sonderbar Starres. In seinem Innern, während er arbeitete, lächelte Goya über die vielen stümperhaften Bilder dieses Gesichtes, die andere gemacht hatten. Sie waren gescheitert, weil sie sich bemüht hatten, es zu heroisieren. Es war nicht leicht, Don Manuel richtig zu sehen, es war viel Haß um ihn. Die öffentlichen Dinge standen schlecht, und die königstreuen Spanier maßen die Schuld nicht ihrem Monarchen bei, sondern eher der Königin, der Fremden, der Italienerin, und vor allem ihrem Freund, ihrem Cortejo, Don Manuel. Der kam von unten, er hatte nichts als sein unverschämtes Glück, und er hatte sich zu benehmen wie sie selber, nicht wie ein großer Herr oder der König.
    Goya dachte anders. Gerade sein Glück, sein märchenhafter Aufstieg, machten ihm den jungen Herrn sympathisch.
    Geboren in Badajoz, in der herdenreichen Estremadura, aus kleiner Familie, war Manuel jung als Gardeleutnant an den Hof gekommen und dort durch seinen strammen, wohlgebildeten Körper und seine angenehme Stimme der Frau des Thronfolgers, der Prinzessin von Asturien, aufgefallen. Die lebensgierige Dame ließ nicht mehr von ihm, als Kronprinzessin nicht und nicht als Königin. Heute, mit siebenundzwanzigJahren, nannte sich der stattliche Jüngling Manuel de Godoy y Alvarez de Faria, Herzog von Alcudia, er war Generalkapitän der wallonischen Leibgarde, Geheimsekretär der Königin, Präsident des Kronrats, Ritter des Goldenen Vlieses, im Besitz aller Reichtümer, die er begehrte, und Vater der beiden jüngsten königlichen Kinder, der Infantin Isabella und des Infanten Francisco de Paula, sowie zahlreicher Bastarde.
    Goya wußte, daß es schwer war, so viel Glück zu ertragen, ohne bösen Herzens zu werden. Don Manuel blieb gutmütig, er hatte Respekt vor Kunst und Wissenschaft,

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