Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
war empfänglich für Schönes und wurde gemein und grausam nur, wenn ihm jemand nicht den Willen tat. Es wird nicht einfach sein, Leben in das breite Gesicht des jungen Herzogs zu malen; denn der repräsentierte gern und legte zu diesem Zweck eine hochmütig blasierte Maske an. Francisco, infolge der Sympathie, die er für ihn spürte, wird es vermögen, die Lust zum Leben und zum Lachen sichtbar zu machen, die sich hinter der leicht gelangweilten Miene verbarg.
Don Manuel hatte die vorgelegten Akten unterzeichnet. »Und nun«, sagte Señor Bermúdez, »habe ich Eurer Exzellenz einige Mitteilungen zu machen, die nicht für die Öffentlichkeit geeignet sind«, und er schaute mit lächelndem Blick auf Goya. »Don Francisco ist keine Öffentlichkeit«, sagte liebenswürdig der Herzog, und Don Miguel schickte sich an, Vortrag zu halten.
Der Geschäftsträger des Regenten von Frankreich, Monsieur de Havré, hatte in anmaßendem Ton verlangt, Spanien solle den Krieg gegen die gottlose französische Republik mit mehr Intensität führen. Don Manuel war eher amüsiert als ungehalten. »Unser dicker Prinz Louis kann leicht kriegerisch sein in seinem Hotelzimmer in Verona«, meinte er, und er erläuterte dem Maler: »Er lebt im Gasthof ›Zu den Drei Buckligen‹, und wenn wir ihm nicht Geld schicken, muß er eines von seinen zwei Zimmern aufgeben. Stellt er bestimmte Forderungen?« wandte er sich wieder an Bermúdez. »Havréhat mir eröffnet«, erwiderte dieser, »zehn Millionen Francs und zwanzigtausend Mann mehr seien das mindeste, was sein fürstlicher Herr von der Krone Spaniens erwarte.« – »Havré hat eine hübsche Tochter«, meditierte Don Manuel, »freilich mager, hundsmager. Ich habe nichts gegen Magere, aber zu dürr, das ist auch nichts. Was meinen Sie, Don Francisco?« Und ohne die Antwort abzuwarten, gab er Miguel Weisung: »Teilen Sie Monsieur de Havré mit, daß wir unser Äußerstes getan haben. Und weisen Sie ihm in Gottes Namen nochmals fünftausend Francs an. Haben Sie übrigens die Zahlung erhalten für Ihr Porträt?« wandte er sich wieder an Goya. Und da Goya verneinte, kommentierte er: »Da sieht man es. Noch vor fünf Jahren war dieser Monsieur de Havré einer der glänzendsten Herren am Hofe von Versailles, jetzt zahlt er nicht einmal seinen Maler.«
»Monsieur de Havré«, berichtete Bermúdez weiter, »ist leider nicht der einzige, der verlangt, daß Verstärkungen an die Front gehen. General Garcini tut es noch viel dringlicher. Die Nachrichten vom Kriegsschauplatz sind schlecht«, fuhr er fort und blätterte in seinen Akten. »Figuera ist gefallen«, schloß er.
Der Herzog hatte bisher seine Pose festgehalten. Jetzt sah er hoch, peinlich überrascht, und wendete sich Bermúdez zu. Doch gleich wieder drehte er den Kopf zurück in die Pose. »Entschuldigen Sie, Don Francisco«, sagte er.
»Garcini fürchtet«, erklärte Don Miguel, »nun unsere Alliierten geschlagen seien, würden die Franzosen Truppen von den andern Fronten abziehen und in die Pyrenäen schicken. Garcini fürchtet, wenn er keine Verstärkungen erhält, könnten die Franzosen in drei Wochen am Ebro sein.«
Goya nahm an, nun werde Don Manuel ihn wegschicken. Aber der blieb in der Pose. »Ich glaube nicht«, überlegte er laut, mit sanfter Stimme, »ich glaube nicht, daß ich Garcini Verstärkungen schicken werde.« Und da Bermúdez erwidern wollte, fuhr er fort: »Ich weiß, die Kirche wird ungehalten sein. Aber das muß ich eben auf mich nehmen. Wir habenmehr getan als die Alliierten. Soll das Land sich ausbluten? Der Hof schränkt sich ein, mehr und mehr. Doña María Luisa hat zwei Stallmeister entlassen und zehn Lakaien. Ich kann der Königin keine weiteren Entbehrungen zumuten.« Er hatte die Stimme leicht gehoben, aber der Kopf blieb in der Stellung, die Goya ihm angewiesen hatte. »Was soll ich also General Garcini mitteilen?« fragte sachlich Bermúdez. »Die Französische Republik«, antwortete Don Manuel, »pflegt Generäle, die versagt haben, zu guillotinieren; wir begnügen uns, ihnen keine Verstärkungen zu schicken. Das, bitte, teilen Sie General Garcini mit, aber in höflicher Form.«
»Offenbar«, berichtete Don Miguel weiter, »haben unsere Alliierten alle Hoffnung aufgegeben, Frankreich niederzuwerfen. Der preußische Gesandte hat die Ansichten seiner Regierung über die Kriegslage in einem Memorandum niedergelegt, in einem langen Memorandum.« – »Bitte, machen Sie es kurz«, forderte Don Manuel ihn
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