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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinen Bruder bestimmen sollen, neutral zu bleiben. Urquijo setzte denn auch dem König auseinander, daß seine Forderung gegen alle politische Klugheit verstoße und peinlichste Folgen haben werde. Allein der König, auf den Rat Manuels, blieb fest; Urquijo mußte in Paris die Krone Neapels für den spanischen Prinzen verlangen. Seine besorgten Voraussagen trafen ein. Das Direktorium fand die Forderung unverschämt und lächerlich, antwortete scharf und ersuchte den König, den Minister zu entlassen, der an die Republik eine so beleidigende Zumutung gerichtet habe. Manuel redete dem König ein, lediglich die tölpische Form Urquijos habe Paris gekränkt und die unangenehme Note verursacht. Der König, auf Verlangen Doña María Luisas und aus Gründen der Würde, hielt zwar vorläufig Urquijo im Amt, sprach ihm aber seine Mißbilligung aus und verständigte von diesem Tadel die Regierung der Republik. »Dieser Fuchs wird mir auch bald in Burgos beim Pelzhändler enden«, zitierte der triumphierende Manuel das alte Sprichwort.
    Und nun trat wieder einer jener Glücksfälle ein, mit denen Don Manuel so fest rechnete und an denen in der Tat sein Leben so reich war. Napoleon Bonaparte kehrte aus Ägypten zurück und machte sich zum Ersten Konsul. Der siegverwöhnte Feldherr und Staatsmann dachte nicht daran, über die spanischen Geschäfte mit dem schwierigen Urquijo zu verhandeln, sondern machte kein Hehl daraus, daß er es begrüßen würde, seinen Freund, den Infanten Don Manuel, wieder an der Spitze der spanischen Regierung zu sehen.
    Napoleon war nicht der Mann, seine Wünsche nur Wünsche sein zu lassen. Er berief den bisherigen Botschafter Truguet ab und ersetzte ihn durch seinen Bruder Lucien. Diesem gab er den Plan eines neuen Staatsvertrags zwischen Spanien und der Republik mit, eines Abkommens, das klug berechnet war auf den Familienstolz Doña María Luisas, und er erteilte Lucien Weisung, über diesen neuen Vertrag nicht mit Urquijo, sondern mit Don Manuel zu verhandeln.
    Lucien also, in geheimer Besprechung, eröffnete dem Infanten Manuel, der Erste Konsul wolle aus dem Großherzogtum Toscana und aus päpstlichen Besitzungen ein neues Reich schaffen, ein Königreich Etrurien, und dieses Königreiches Krone habe er dem Erbprinzen Luis von Parma zugedacht, dem Schwiegersohn des spanischen Königspaares, zur Entschädigung für den Verlust seines Herzogtums Parma. Als Entgelt für dieses Entgegenkommen erwarte der Erste Konsul, daß Spanien seine amerikanische Kolonie Louisiana an Frankreich abtrete.
    Manuel erkannte sogleich, daß diese Vorschläge, wiewohl nicht eben vorteilhaft für Spanien, Doña María Luisa angenehm in die Ohren klingen würden, und er versprach dem neuen Botschafter Lucien Bonaparte, sie dem Königspaar vorzutragen, mit warmer Befürwortung.
    Doña María Luisa hatte Manuel seit ihrem großen Streit keine Gelegenheit gegeben, sie allein zu sprechen. Nun bat er sie um eine vertrauliche Unterredung in einer rein politischen Angelegenheit. Trug ihr das Projekt vor. Gab seiner Freude Ausdruck, daß die leidige Spannung mit der Republik, welche das tölpische Verhalten Urquijos verursacht habe, jetzt durch seine Vermittlung beseitigt sei, wie man aus dem generösen Vorschlag des Ersten Konsuls ersehen könne. Andernteils, fuhr er fort, könne man es dem Ersten Konsul nicht verdenken, wenn dieser Verhandlungen über delikate Staatsangelegenheiten wie die Schaffung eines Königreichs Etrurien und die spanischen Gegenleistungen nicht mit einem so ungeschlachten Manne führen wolle wie Urquijo.
    Doña María Luisa hörte zu, aufmerksam, sentimental, spöttisch. Sie hatte sich an Stelle Manuels den Gardeleutnant Fernando Mallo zum Liebhaber erkoren und ihn zum Ersten Kämmerer des Erbprinzen von Parma gemacht. Doch war dieser Mallo dumm und brutal, sie war seiner überdrüssig, und nun Manuel ihr seit langer Zeit zum ersten Mal wieder allein gegenüberstand, spürte sie, wie sehr sie ihn all die Zeit her entbehrt hatte; ihr ganzer Körper sehnte sich nach ihm.Natürlich war Mariano Luis Urquijo ein Staatsmann ganz andern Kalibers, aber darin hatte Manuel wohl recht: der Erste Konsul wollte nun einmal nicht mit Urquijo verhandeln, sondern mit Manuel.
    »Wenn ich Sie recht verstehe, Infant«, sagte sie, »dann nehmen Sie an, der Vertrag, von dem Sie sprechen, könne nur durch Sie abgeschlossen werden.« Manuel betrachtete sie lächelnd. »Daß Seine Exzellenz der Botschafter Lucien Bonaparte

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