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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Staaten entscheide, und er wies darauf hin, daß ein junger, gerade erst ans Ruder gekommener Regent leichter die Herrschaft wieder verliere als eine gesalbte Majestät, deren Ahnen Kronen getragen hätten seit einem Jahrtausend.
    Miguel, als er das Konzept dieser Antwort überlas, fühlte Unbehagen. Dem an allen Fronten siegreichen Napoleon eine solche Note zu übersenden, grenzte an Wahnwitz. Der Sekretär stellte Manuel vor, der Erste Konsul werde eine derartige Botschaft mit militärischen Maßnahmen gegen Madrid erwidern. Der Minister schaute Miguel finster an, aber der Nebel zerriß, er wußte, Napoleon war kein Mann langen Federlesens. Mürrisch sagte er: »Soll ich die ganze Rede umsonst gemacht haben?« Miguel schlug vor, Don Manuels schöne und würdige Antwort nach Paris zu schicken, doch mit der Weisung, der Botschafter Azara solle sie nur im äußersten Notfall übermitteln. Manuel, verdrossen, stimmte zu.
    Mittlerweile aber waren die endgültigen Bedingungen Napoleons für den Friedensschluß mit Portugal in Madrid eingetroffen. Harte Bedingungen. Portugal sollte seine Kolonie Guayana an Frankreich abtreten, einen für Frankreich sehr vorteilhaften Handelsvertrag unterzeichnen, eine Kriegsentschädigung von hundert Millionen zahlen und, selbstverständlich, alle Beziehungen zu England abbrechen. Um die Einhaltung dieser Bedingungen zu sichern, sollte eine französische Armee bis zum Abschluß eines Friedens mit England auf spanischem Boden bleiben. Das einzige, was der Erste Konsul dem spanischen Alliierten zugestand, war, daß auch dieser Friede in Badajoz geschlossen werden sollte.
    Don Manuel erwiderte klagend und störrisch. Daraufhin gab Napoleon seinem Bruder Lucien Weisung, nicht länger mit Manuel zu unterhandeln, und schickte ihm ein Handschreiben, das er sogleich, ohne Manuel davon zu verständigen,Doña María Luisa überreichen sollte. Der Befehl des Ersten Konsuls war in so eindeutig strengen Worten gehalten, daß sich Lucien wohl fügen mußte. Es hieß aber in diesem persönlichen Schreiben Napoleon Bonapartes an die Königin von Spanien: »Der Herr Erste Minister Eurer Majestät hat in den letzten Monaten meiner Regierung eine Reihe von beleidigenden Noten gesandt und darüber hinaus dreiste Reden gegen mich geführt. Ich habe dieses alberne und ungebührliche Benehmen satt. Ich bitte Eure Majestät, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich, wenn ich noch eine einzige Note solcher Art erhalte, den Blitzstrahl werde niederfahren lassen.«
    Die erschreckte María Luisa befahl sogleich Manuel vor sich. »Da hast du deinen guten Freund Bonaparte!« sagte sie und warf ihm den Brief hin. Sie schaute zu, wie er las. Das fette Gesicht des sonst so sicheren Mannes wurde verstört, sein feister Körper schlaff. »Ihren Rat, bitte, Herr Erster Minister!« sagte sie höhnisch. »Ich fürchte«, antwortete er trübe, »wenn Bonaparte den Frieden von Badajoz ratifizieren soll, dann muß wohl deine Carlota die Kolonie Guayana hergeben.« – »Und die hundert Millionen«, ergänzte böse María Luisa.
    Und so kam ein zweiter Friedens-
    Schluß von Badajoz zustande,
    Diesmal unterzeichnet von dem
    Ersten Konsul. Aber dieser
    Friede hatte nur den Namen
    Mit dem früheren Vertrag von
    Badajoz gemein.
    Nur wenig
    Ward den Spaniern von den neuen
    Klauseln mitgeteilt, und Manuel
    Wurde weiter hoch gefeiert.
    Doch es blieben die Soldaten
    Frankreichs weiter auf dem Boden
    Spaniens, und dies auf Spaniens
    Kosten.

18
    Goya, in Aranjuez, malte an einem Porträt Don Manuels.
    Trotz des lauten Ruhmes hatten viele durchschaut, wie faul der »Friede von Badajoz« war, der gescheite Francisco sicher auch, und es lag Manuel daran, ihn, mit dem er sich verknüpft fühlte, für sich zu gewinnen. Er überhäufte ihn mit kleinen, erlesenen Aufmerksamkeiten, teilte die Mahlzeiten mit ihm, fuhr mit ihm spazieren.
    Oft wandte er die Zeichensprache an, noch öfter sprach er einfach darauf los, häufig so schnell und undeutlich, daß Goya nur wenig verstand. Manchmal fragte sich Francisco, ob Manuel verstanden sein wollte. Sichtlich drängte es ihn, sich auszusprechen, doch hielt er es für klüger, das vor einem Partner zu tun, dessen Aufnahmefähigkeit behindert war. Denn Manuel äußerte vielerlei Verfängliches. Ließ sich in bitteren, hochfahrenden Worten aus über den Ersten Konsul und sparte nicht mit ironischen Reden über Doña María Luisa und den König Unsern Herrn.
    Don Manuel hatte Goya aufgefordert, ihn repräsentativ

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