Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
dunkler Tenor schmetterte, es klang tückisch und triumphierend.
    »Ich bitte um meine Entlassung«, sagte Don Miguel.
    »Du undankbarer Hund!« rief Don Manuel. »Du dummer, blinder, unwissender, undankbarer Hund! Begreifst du immer noch nicht, wie das zusammenhängt? Hast du dir’s nichtselber zusammenreimen können, daß das der Preis ist für die Rückkehr eures Abate? Hat dir das deine Lucía nicht beigebracht? Ich hab es doch durchgesprochen mit ihr und mit Pepa. Und so ein Dummkopf will mich beraten!«
    Don Miguel ließ Manuel nicht
    Merken, daß am ganzen Leib er
    Zitterte. In seinem Innern
    Hatte er’s gewußt, allein er
    Hatte es nicht wissen wollen,
    Hatte sich’s versteckt. »Ich danke
    Ihnen«, sprach er trocknen Mundes,
    »Für die Aufklärung.« Das Sprechen
    Fiel ihm schwer. »Das wäre dann wohl
    Alles«, sagte er. Verneigte
    Steif sich. Ging.

19
    Don Manuel, unter dem Einfluß des Zwistes mit Miguel, sah davon ab, den Jovellanos durch königliches Dekret in die Verbannung zu senden. Statt dessen erklärte er ihm in einer persönlichen Unterredung, seine Anwesenheit in Madrid bedeute eine ständige Herausforderung des romfreundlichen Klerus und des Großinquisitors und gefährde die Politik des Königs Unseres Herrn. Er empfehle also Don Gaspar, sich nach seinem heimatlichen Asturien zurückzuziehen, und zwar erwarte die Krone, daß er die Reise nach Gijón binnen zwei Wochen angetreten haben werde.
    Don Miguel, den es drückte, daß Lucía die Hauptschuld trug an dem bösen Lose Don Gaspars, redete ihm zu, nach Frankreich zu gehen statt nach Asturien. Er selber hätte, da sein Hader mit Manuel einen weitern Aufenthalt in Spanien nicht ratsam erscheinen ließ, am liebsten in Paris Zufluchtgesucht. Aber er brachte es nicht über sich, vor Lucía als Feigling zu erscheinen. Er bot seine ganze Beredsamkeit auf, wenigstens den verehrten Freund zur Reise über die Grenze zu bewegen.
    Aber: »Was denken Sie von mir!« grollte Jovellanos. »Schon auf dem Kamme der Pyrenäen würde ich das Gelächter der Gegner gleich einem bösen Wind in meinem Rücken spüren. Der Lump Manuel soll nicht hinter mir her triumphieren: ›Da habt ihr euern Helden, er hat sich davongemacht, er ist über die Berge.‹ – Nein, Don Miguel, ich bleibe.«
    Am Tage, bevor Don Gaspar das zweite Mal in ein Exil von unabsehbarer Dauer ging, versammelte er seine Freunde um sich. Da waren Miguel und Quintana, Goya, Agustín und seltsamerweise auch Doktor Peral.
    Der alternde Mann zeigte in seinem Unglück den würdigen Gleichmut, den man von ihm erwartete. Es sei begreiflich, meinte er, daß Don Manuel danach trachte, seine außenpolitischen Mißerfolge hinter einer gewalttätigen Innenpolitik zu verschleiern. Aber lange könne der Friede mit England nicht auf sich warten lassen, und dann werde der traurige, wankelmütige Streber sicherlich versuchen, das Bürgertum und die Freigeister wieder zu versöhnen. Seine, des Jovellanos, Verbannung werde nicht von Dauer sein.
    Die andern hörten Don Gaspars zuversichtliche Erklärungen mit verlegenen Gesichtern an. Niemand hielt seine Hoffnungen für begründet; die Grausamkeit, welche Manuel in der Behandlung Urquijos an den Tag gelegt hatte, ließ auch für Jovellanos Schlimmes befürchten.
    Es war Doktor Peral, der, nach einem betretenen Schweigen, das Wort nahm. In seiner ruhigen, vernünftigen Art setzte er auseinander, nun Manuel einmal den ersten Schritt getan habe, werde er schwerlich vor weiteren zurückschrecken. Deshalb sähen sie wohl alle ihren verehrten Gastgeber lieber in Paris als in Gijón. Die andern beeilten sich, dem Arzte beizustimmen. Am lebhaftesten der junge Quintana. »Sie sind es nicht nur sich selber, Sie sind es Spanien schuldig, Don Gaspar«, erklärteer eifrig, »sich vor diesem rachsüchtigen Schurken in Sicherheit zu bringen. Sie sind unentbehrlich in dem Kampf für Freiheit und Gesittung.«
    Der einmütige Rat der Freunde, vor allem das Zureden Quintanas, dessen Feuer und Tugend er hoch schätzte, schien Eindruck zu machen auf den starren Don Gaspar. Nachdenklich schaute er von dem einen zum andern. Dann indes, beinahe lächelnd, antwortete er: »Ich glaube, Sie machen sich um mich zu viele Sorgen, meine Freunde. Aber selbst wenn ich in Asturien umkäme, wäre das vorteilhafter für die Sache des Fortschritts, als wenn ich in Paris säße, ein untätig schwatzender Flüchtling. Noch keiner, der im Kampfe für den Geist umkam, ist umsonst gestorben. Juan

Weitere Kostenlose Bücher